Themenüberblick

Krisentreffen am Donnerstag

Während sich die meisten Bundesländer schon auf die Umsetzung der neuen Ärztearbeitszeit geeinigt haben oder auf dem Weg dorthin sind, scheint in Wien eine Einigung in weite Ferne gerückt zu sein. Weder bei den Ärzten des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) noch im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) gibt es Zeichen eines Fortschritts.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das AKH stand am Mittwoch ganz im Zeichen der Proteste. Aufgrund einer mehrstündigen Betriebsversammlung wurde der Notbetrieb gefahren. Planbare Untersuchungen und Operationen waren schon im Vorfeld verschoben worden, entsprechend hielt sich das Chaos in Grenzen. Abgehalten wurde die Versammlung mit Hunderten Ärzten, weil am Dienstag erneut Verhandlungen über ein neues Arbeitszeit- und Gehaltsmodell ergebnislos zu Ende gegangen waren. Entsprechend groß ist der Unmut der Belegschaft. Die vom Arbeitgeber der AKH-Ärzte, der Medizinischen Universität Wien, angebotenen 20 Prozent mehr Gehalt lehnen die Ärzte ab.

Experte: Gehälter zu niedrig

Diese Reaktion konnte der Gesundheitsexperte Ernest Pichlbauer im Ö1-Gespräch nicht nachvollziehen, seien doch im Wiener AKH die Grundgehälter ohnehin höher als in anderen österreichischen Spitälern - mehr dazu in oe1.ORF.at. Doch von der Geldgier der Ärzte will er auch nichts wissen: „Österreich hat endlich erkannt, dass die Ärzte auf dem europäischen Markt teilnehmen und sich nicht nach Kollektivverträgen richten.“

Zudem seien die Gehälter in Österreichs Spitälern insgesamt berechnet auf den Stundenlohn im europäischen Vergleich zu niedrig, so Pichlbauer. Denn in anderen Ländern seien die 48 Stunden Arbeitszeit bereits umgesetzt. In Österreich würden die Ärzte um dasselbe Gehalt oder noch weniger aber 55 bis 60 Stunden arbeiten. Die Angst der Ärzte, zu viele Patienten in zu kurzer Zeit behandeln zu müssen, sei „hoch berechtigt“. Pichlbauer: „Die Belastung ist irrsinnig zu hoch.“ Entscheidend sei daher, intensiv den niedergelassenen Bereich auszubauen.

Weniger Stunden, weniger Ärzte

Entsprechend konzentriert sich auch ein großer Teil der Proteste der KAV-Ärzte auf den mit der Stundenreduktion einhergehenden Personalabbau von rund zwölf Prozent der Ärzteposten. Nicht zuletzt deshalb lehnten über 87 Prozent der KAV-Ärzte die Ende Jänner zwischen Stadt Wien, Gewerkschaft und Ärztekammer erzielte Einigung in einer anonymen Urabstimmung ab. Die Fronten sind auch hier verhärtet.

Die Ärztekammer fordert neue Verhandlungen, und Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer, der ja die Umsetzung eigentlich mitverhandelt hatte, hat am Mittwoch in einer Aussendung seinen Ton verschärft. Er warnt vor „gravierenden Auswirkungen auf die gesamte Gesundheitsversorgung in Wien“, sollte die Entscheidung der KAV-Ärzte missachtet werden. „Ich bin mir inzwischen auch nicht mehr sicher, ob es nicht Absicht seitens des Rektorats und der Stadt Wien ist, das Gesundheitssystem hinunterzufahren - ohne es wirklich zuzugeben“, sagte Szekeres - mehr dazu in wien.ORF.at.

Stadt Wien organisiert Krisentreffen

Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) initiiert nun für Donnerstagabend ein Krisentreffen mit Vertretern der Gewerkschaft und der Ärztekammer. Zuvor finden entscheidende Sitzungen der jeweiligen Verhandlungspartner statt. Man werde alle an einen Tisch bitten, um über die weitere Vorgangsweise zu reden, teilte eine Sprecherin der Ressortchefin am Mittwoch mit. Ab 21.00 Uhr soll das Treffen, das ausdrücklich nicht als Verhandlungsrunde angesetzt ist, stattfinden. Eingeladen sind Szekeres, der Vorsitzende der Gewerkschaft für Gemeindebedienstete, Christian Meidlinger, und Hermann Leitner, Obmann der Kurie für angestellte Ärzte - mehr dazu in wien.ORF.at.

Zuvor hatte Wehsely gesagt, dass sie die geforderten Nachverhandlungen nicht für sinnvoll halte. Wenn allerdings auch die mitverhandelnde Gewerkschaft für Gemeindebedienstete (GdG) ebenfalls für neue Gespräche eintrete, „fangen wir von vorne an“. Deren GdG-Vorsitzender Meidlinger sagte aber bereits am Montag, dass die Gewerkschaft weiterhin hinter dem Ergebnis stehe.

Der KAV prüft nun, ob und wie man bei den Diensten, vor allem in der Nacht, Besetzungen reduzieren kann. Die diesbezüglichen Überlegungen würden strukturiert geschehen und vor allem im „intensiven Dialog“ mit den Ärzten, versicherte KAV-Direktor Udo Janßen gegenüber der APA. Er hofft nun, „flexibler“ auf Bedürfnisse der Ärzte eingehen zu können etwa durch neue Dienstformen: „Es gibt bei jeder Veränderung gewisse Ängste.“

Links: