Themenüberblick

Antisemitismus nimmt zu

In der Debatte über zunehmenden Antisemitismus hat Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) der These widersprochen, dass Juden in „muslimischen Problemvierteln“ der Hauptstadt besonders gefährdet seien.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Eine Konzentration antijüdischer Taten auf muslimisch geprägte Bezirke Berlins lasse sich statistisch nicht erkennen, sagte Kolat am Wochenende dem Sender RBB. Das Amerikanisch-Jüdische Komitee in Berlin warnte derweil vor wachsendem Antisemitismus an deutschen Schulen. Kolat reagierte auf eine Äußerung des jüdischen Zentralratspräsidenten Josef Schuster. Er hatte Zweifel geäußert, dass sich Juden in bestimmten Stadtvierteln durch das Tragen der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung Kippa zu erkennen geben sollten.

Angriffe auf Juden nehmen zu

Die Berliner Senatorin räumte zwar ein, anhand der Statistiken lasse sich nachvollziehen, dass die Zahl der Angriffe auf jüdische Mitbürger in Berlin seit dem Jahr 2005 tatsächlich gestiegen sei. Dabei seien die Verantwortlichen allerdings im Großteil der Fälle der rechtsextremen Szene zuzuordnen.

So seien 2013 beispielsweise von acht antisemitischen Gewalttaten sieben von Rechtsradikalen und eine von „sogenannten Ausländern“ verübt worden, sagte Kolat. „Wir haben ein Problem“, konstatierte die Senatorin, doch lasse sich dieses „eindeutig nicht auf muslimische Berliner fokussieren“.

Fast immer Rechtsextreme

90 Prozent der antisemitischen Vorfälle kämen aus der rechten Szene, sagte Kolat. In betroffenen Stadtteilen werde bereits intensiv durch entsprechende Programme gegen solche Tendenzen vorgegangen. Allerdings lasse sich in muslimischen Milieus in jüngster Zeit ebenfalls eine verstärkt antisemitische Haltung beobachten. Dieser müsse mit gleicher Konsequenz entgegengetreten werden.

Verfassungsschutz warnt Juden

Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hatte am Freitag auf einem jüdischen Jugendkongress in Berlin gesagt, das Tragen jüdischer Symbole wie der Kippa und des Davidsterns könne durchaus in einigen Gegenden Deutschlands Provokationen auslösen. In solchen Umgebungen sollten sich Juden „entsprechend verhalten“. Zum ohnehin vorhandenen Antisemitismus von Rechts geselle sich inzwischen vermehrt antijüdischer Islamismus. Schuster selbst hatte auf dem Kongress seine Aussage bekräftigt, dass er Juden vom Tragen von jüdischen Symbolen in bestimmten Vierteln abrate.

Antijüdisches Klima an Schulen

Die Direktorin des Amerikanisch-Jüdischen Komitees in Berlin, Deidre Berger, beklagte unterdessen ein antijüdisches Klima an öffentlichen Schulen in Deutschland. „An vielen Schulen ist die Bezeichnung ‚Jude‘ ein Schimpfwort“, sagte Berger der „Bild am Sonntag“. Das traumatisiere jüdische Jugendliche. „Aufgrund konkreter Fälle von Mobbing und eines allgemeinen Klimas antijüdischer Anfeindungen gehen daher einige Schüler lieber zu jüdischen oder nicht öffentlichen Schulen.“

Links: