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Blick zurück und nach vorn

Der Untersuchungsausschuss zum Hypo-Desaster hat Donnerstagfrüh zum ersten Mal im Parlament getagt. Die Abgeordneten zeigten sich vor Journalisten motiviert, für Aufklärung in der Causa zu sorgen. Aufklärung bedeutet in diesem Fall aber offenbar - je nach politischer Partei - Unterschiedliches.

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Man sei „der Bevölkerung im Wort“, für politische Aufklärung zu sorgen, sagte Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), die den Vorsitz führt, vor der Sitzung. Es gehe darum, für „einen der schlimmsten Fälle der Zweiten Republik“ einen U-Ausschuss zu nutzen, um zu sehen, was falsch gelaufen ist, wer die Verantwortung trägt und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit so etwas nie wieder passiere. Auch SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer will neben einer Klärung der Verantwortlichkeiten vor allem „Lehren für den Gesetzgeber“ ziehen.

„So etwas darf es nicht mehr geben“

Krainers ÖVP-Kollegin Gabriele Tamandl sieht als Zweck des U-Ausschusses überhaupt, „dass es so etwas nicht mehr geben darf“. Verbesserungsbedarf sieht sie etwa bei der Bankenaufsicht. Obwohl die involvierten Finanzminister alle von ihrer Partei stammen, will Tamandl den Fall „ganz sachlich abarbeiten“. Zugleich betonte sie, man müsse berücksichtigen, dass die Finanzminister rundherum auch immer Berater etwa von der Nationalbank gehabt hätten.

Verfahrensanwalt Bruno Binder, Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) und Verfahrensrichter Walter Pilgermair

APA/Helmut Fohringer

Verfahrensanwalt Bruno Binder, sein Stellvertreter Klaus Hoffmann, Nationalratspräsidentin Bures, Vizeverfahrensrichter Walter Hellmich und Verfahrensrichter Walter Pilgermair (v. l. n. r.)

Die ehemaligen Finanzminister würden „selbstverständlich“ im U-Ausschuss aussagen, wobei Tamandl auch davon ausgeht, dass Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) als Regierungschef ebenfalls geladen wird, wie sie auf eine entsprechende Frage sagte. Wie die ÖVP und die SPÖ will auch die FPÖ eher in die Zukunft denn in die Vergangenheit schauen: Ihr Fraktionsführer Elmar Podgorschek hofft, dass am Ende die Erkenntnis stehen werde, dass man Bankenwelt und Politik strikt trennen müsse.

SPÖ, ÖVP und FPÖ dominieren Ausschuss

Die Grünen glauben den Bekenntnissen zur Aufklärung zumindest seitens der SPÖ und der ÖVP offenbar nur bedingt: Man werde sehen, ob die Regierungsparteien bereit seien, bei allen Schritten mitzugehen, meinte der grüne Fraktionsführer Werner Kogler. Der Hypo-U-Ausschuss ist der erste, der zwar nach der neuen Rechtslage von der Opposition eingesetzt wurde. Im Beweiverfahren gibt es allerdings einige Punkte, für die weiterhin eine parlamentarische Mehrheit nötig ist.

Es gehe darum herauszufinden, wer profitiert hat, sagte Team-Stronach-Abgeordneter Robert Lugar. Wichtig sei es, bei der Aufklärung in die Tiefe zu gehen, so NEOS-Mandatar Rainer Hable. Er sei auch zuversichtlich, dass das gelinge. Im Ausschuss sind 18 Abgeordnete vertreten: je fünf von SPÖ und ÖVP, vier von der FPÖ, zwei von den Grünen und jeweils einer von Team Stronach (TS) und NEOS. Für jede Abgeordnete und jeden Abgeordneten gibt es zudem eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter derselben Partei.

Zweimal die Woche, 18 Monate lang?

Die Sitzung am Donnerstag galt der Vorarbeit für die gewaltige zu sichtende Masse an Beweismaterial. Der zu untersuchende Zeitraum umfasst immerhin 14 Jahre. Erste Akten wurden am Donnerstag bereits angefordert. Nach der eigentlichen konstituierenden Sitzung besprachen die Fraktionsführer außerdem den Ablauf. Bis jetzt steht etwa noch nicht fest, wie oft pro Woche und an welchen Tagen der U-Ausschuss tagen wird und ob er auch während der Parlamentsferien weitergehen soll. Das könnte in der nächsten Sitzung in zwei Wochen geschehen.

Die erste Besprechung zwischen den Fraktionsführern dürfte jedenfalls zum Teil recht kontroversiell verlaufen sein, wie an der für Medienvertreter bis auf den Gang hörbaren Lautstärke erkennbar war. Dem Vernehmen nach ging es um die Zahl der Befragungstage. Den Regierungsparteien und der FPÖ reicht offenbar rund ein Befragungstag pro Woche, die Grünen wollen doppelt so viele. „Man sieht klar die unterschiedlichen Interessenlagen“ von Opposition und Regierungsparteien, meinte Hable.

Die inhaltliche Arbeit des Ausschusses dürfte nach Ostern beginnen, wenn nach dem Durchackern der Akten die ersten Zeugen ins Parlament kommen müssen. Sie dürften jedenfalls auch unangenehme Fragen auch von Verfahrensrichter Walter Pilgermair erwarten. Der glaubt, dass angesichts der vielen zu untersuchenden Vorgänge die maximale Verfahrensdauer mit 18 Monaten ausgeschöpft werde.

„Ganze Städte in den Sand gesetzt“

Pilgermair versprach am Mittwoch in der ZIB2, er werde die Akten genauestens studieren. Falls Zeugen wie beim Korruptions-U-Ausschuss 2012 allzu oft über „Erinnerungslücken“ klagen sollten, will er mit sorgfältiger Aktenkenntnis „allfällige Erinnerungen wieder auffrischen“, wie Pilgermair sagte. Kämpferisch gab sich am Donnerstag auch der künftige Verfahrensanwalt, der Linzer Universitätsprofessor und Anwalt Bruno Binder, im Interview mit Ö1, der laut Verfahrensordnung eigentlich für den Schutz der Interessen von Zeugen verantwortlich ist.

Eine Milliarde Euro bedeute 3.000 Einfamilienhäuser, so Binder. Die Causa Hypo bedeute damit, dass „ganze Städte in den Sand gesetzt“ worden seien. Als Staatsrechtler habe das für ihn trotz seiner anderen Tätigkeiten die „Verpflichtung“ zur Mitwirkung bedeutet - mehr dazu in oe1.ORF.at. Er wolle damit auch sicherstellen, dass sich ein solches Fiasko nie wieder ereignet. Das könne man sich auch gar nicht leisten, zusätzlich zu den nun vorhandenen budgetären Belastungen durch die Hypo „auf Generationen hinaus“.

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