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Collegeabschluss in London

Bei dem Video der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), das die Enthauptung des US-Journalisten James Foley im August 2014 gezeigt hat, ist der Dschihadist „John“, wie er sich selbst genannt hat, erstmals zu sehen gewesen. Aufgrund seines britischen Akzents gingen die Ermittler schon damals davon aus, dass das führende IS-Mitglied Brite sein müsse. Nun wurde laut BBC und „Washington Post“ seine Identität veröffentlicht.

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Der in Kuwait geborene Brite Mohammed Emwazi, er ist ungefähr Mitte 20, soll sich hinter „John“ verbergen. Scotland Yard erklärte, die Polizei werde die Identität des Mannes nicht bestätigen. Er soll aus Westlondon stammen und schon seit längerem auf dem Radar der britischen Geheimdienste sein - laut BBC bereits seit 2011. Bisher wurde der richtige Name des Terroristen aus Einsatzgründen geheim gehalten.

Emwazi alias John soll auch bei den späteren Enthauptungsvideos westlicher Geiseln wie des US-Journalisten Steven Sotloff, des britischen Helfers David Haines und zweier weiterer Geiseln als schwarz gekleidert, vermummter Mann zu sehen gewesen sein. Das Internationale Zentrum für Radikalisierungsstudien am Londoner King’s College hält die Berichte für plausibel. Emwazis Fall zeige, dass nicht Armut oder soziale Ausgrenzung radikalisiere, sondern „Ideologie“, erklärte das Institut.

Radikalisierung nach geplatzter Safari?

Die „Washington Post“ berichtete basierend auf Aussagen von Freunden Emwazis, dass er aus einer vermögenden Familie stamme, aufgewachsen in Westlondon. Dem Bericht zufolge absolvierte er eine Collegeausbildung in Computerprogrammierung an der University of Westminster. Laut „Washington Post“ reiste Emwazi 2012 nach Syrien und schloss sich später dem IS an. Aussagen von Emwazis Freunden zufolge soll er sich aber bereits früher radikalisiert haben - im Anschluss an eine nach Uniabschluss mit Freunden geplante Safari in Tansania im Mai 2009.

Die Reise, die er mit einem deutschen Konvertiten namens Omar und einem weiteren Mann namens Abu Talib unternehmen habe wollen, kam nie zustande. Das Trio sei auf dem Flughafen von Daressalam von der Polizei eine Nacht festgehalten und anschließend abgeschoben worden. Die Gründe seien unklar, so die „Washington Post“.

Unklare Rolle des Geheimdienstes

Auf dem Rückflug wurde Emwazi offenbar von Mitarbeitern des britischen Geheimdienstes MI5 in Amsterdam festgehalten, weil er angeblich nach Somalia reisen wollte, um Kontakt zur dortigen islamistischen und mit Al-Kaida verbundenen Al-Schabab-Miliz aufzunehmen. Zudem sei ihm die Reise in sein Heimatland Kuwait verweigert worden. Dort wollte er nach eigenen Angaben heiraten und einen neuen Job antreten. Das geht aus E-Mails hervor, die Emwazi Asim Qureshi, Forschungsdirektor der britischen Organisation Cage, geschrieben haben soll.

Cage sieht sich selbst als Menschenrechtsorganisation mit islamischem Fokus, die im Zuge des Krieges gegen den Terror Verhaftete unterstützt. Einer der Gründer ist ein ehemaliger Guantanomo-Insasse. Emwazi wandte sich wegen der Drohungen von Sicherheitskräften nach seiner Rückkehr 2009 an diese Organisation. Emwazi wies demnach die Vorwürfe des MI5 zurück. Ehemalige IS-Geiseln berichteten aber, dass „John“ von Somalia und al-Schabab besessen gewesen sein soll. Laut BBC soll Emwazi Kontakt zu einem Mann gehabt haben, der Verbindungen zur Al-Schabab-Miliz hatte.

In einer Aussendung reagierte Cage-Mitarbeiter Qureshi am Donnerstag auf die Enthüllung der Identität Emwazis: „Wir haben jetzt den Beweis, dass es zahlreiche junge Briten gibt, deren Leben nicht nur von Sicherheitsdiensten ruiniert wurde, sondern die auch entrechtet und Richtung Gewalt gedrängt wurden wegen der britischen Anti-Terror-Maßnahmen (...).“

Ausländer in al-Rakka bewacht?

Laut Aussagen einer früheren Geisel soll Emwazi für die Bewachung der vom IS entführten Ausländer in al-Rakka, einer IS-Hochburg in Syrien, zuständig gewesen sein. Berichten zufolge war es auch Emwazi, der mit den Familien der ausländischen Entführten via Internet in Kontakt stand und die IS-Forderungen überbrachte. Eine ehemalige Geisel, die ein Jahr in Gefangenschaft in al-Rakka verbrachte, beschrieb „John“ gegenüber dem „Guardian“ als intelligent, gebildet und als devoten Anhänger der extremistischen Lehren.

Dass der britische Dschihadist für zahlreiche IS-Enthauptungsvideos ausgewählt wurde, zeigte schon damals die Strategie der Terrormiliz. Damit wollte der IS eine maximale Wirkung auf den Westen erzielen, sagte Peter Neumann vom Internationalen Zentrum für Radikalisierung am Londoner King’s College. „Einer der ihren“ kämpfe auf der „richtigen Seite“, nämlich jener des IS, so die Botschaft. Damit solle der Westen eingeschüchtert werden. Die Enthauptung Foleys war die erste öffentlich inszenierte Ermordung einer westlichen IS-Geisel.

Zerstörung irakischer Kulturgüter gefilmt

Indessen tauchte ein neues IS-Video auf, das zeigt, wie IS-Kämpfer mehr als 2.600 Jahre alte Kulturgüter in der nordirakischen Stadt Mossul mit dem Vorschlaghammer zerstören. Darunter auch eine assyrische Türhüterfigur, eine „Ikone der altorientalischen Bildkunst“, so der Direktor des Vorderasiatischen Museums in Berlin, Markus Hilgert. In dem fünfminütigen Video bearbeitet eine Gruppe von Männern in einem Museum zahlreiche Statuen mit Hammer und Bohrer, auch die Grabungsstätte Ninive wurde verwüstet. Die Terrormiliz zerstörte bereits zahlreiche heilige Stätten, darunter auch für Muslime wichtige Heiligtümer, unter dem Vorwand, Ketzerei zu beseitigen. Allerdings gibt es auch Berichte, dass die Dschihadisten alte Kulturgüter auf dem Schwarzmarkt verkaufen, um ihren Feldzug zu finanzieren.

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