Ein Brief wird kommen
Neue Verzögerung im Ringen um neue Finanzhilfen für Griechenland: Die Regierung in Athen wird nach eigener Aussage die von den Euro-Partnern gesetzte Frist nicht ganz einhalten können. Eine von Athen bis Montagabend geforderte Liste mit konkreten Reformvorhaben dürfte erst am Dienstag endgültig fertig werden.
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Wie aus dem Finanzministerium in Athen zu hören war, hat die Regierung bisher ein sechs Seiten umfassendes Papier zusammengestellt - am Nachmittag war noch von drei Seiten die Rede gewesen. Auf der Grundlage dieses Dokuments werde aber noch mit den Geldgebern diskutiert und verhandelt, hieß es weiter. Das endgültige Dokument mit der Reformliste werde Dienstagfrüh fertig sein und an die Finanzminister der Euro-Gruppe geschickt.
Brüssel forderte Nachbesserungen
„Es gab keine Verzögerung“, sagte Finanzminister Gianis Varoufakis dem US-Fernsehsender CNN. „Wir waren heute Früh fertig, und das Papier wurde rechtzeitig abgeschickt.“ Vielmehr sei es eine Bitte „der anderen Seite“ gewesen, dass das „formelle, offizielle Dokument“ erst am Dienstag übermittelt werde. Varoufakis sprach von einer „sehr umfassenden Liste von Reformen“.
Hintergrund für die neuerliche Verzögerung sind nach Angaben von Diplomaten in Brüssel bisher nicht überzeugende Angaben zu den Reformvorhaben. Die bisher vorgelegten Arbeitspapiere hätten ersten Prüfungen nicht standgehalten, hieß es am Abend in der EU-Metropole.
Euro-Finanzminister beraten am Dienstag
Die griechische Regierung feilt seit dem Sondertreffen der Euro-Finanzminister am Freitag in Brüssel an der Liste. Sie ist zentrale Voraussetzung dafür, dass die Ressortchefs endgültig grünes Licht für die grundsätzlich zugesagte Verlängerung des laufenden Hilfsprogramms geben. Am Dienstag wollen die Finanzminister der Euro-Länder in einer Telefonkonferenz darüber entscheiden.
Die „Institutionen“, wie die Troika nun genannt wird - also EZB, IWF und EU-Kommission -, wollten spätestens Dienstagvormittag eine Vorentscheidung treffen.
„Diskutieren mit den Partnern“
Über weitere Kredite hatte es zuletzt wochenlang Streit gegeben, weil Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein radikales Linksbündnis SYRIZA Reform- und Sparauflagen der Geldgeber nicht akzeptieren wollten.
Zu den jetzt in Athen geplanten Reformen gehören unter anderem Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung und der Korruption. Daneben soll es aber auch um die Entlastung der notleidenden Griechen gehen. „Wir diskutieren mit den Partnern, damit die Liste akzeptiert wird. Wir hoffen, dass es keine Komplikationen gibt“, sagte Regierungssprecher Gavriil Sakellarides am Montag.
Schmuggel bekämpfen, Steuern einheben
Die griechische Regierung will einem Medienbericht zufolge mit ihrem Reform- und Sparkonzept mehr als sieben Milliarden Euro einnehmen. Das berichtete die deutsche „Bild“-Zeitung (Montag-Ausgabe) vorab unter Berufung auf Informationen aus Athener Regierungskreisen.
Danach heiße es in dem Schreiben, dass die Regierung künftig unter anderem den Benzinschmuggel im Land stoppen wolle. Die erhofften Zusatzeinnahmen für den Staat würden auf 1,5 Milliarden Euro beziffert. Die Bekämpfung des Zigarettenschmuggels solle weitere 800 Millionen Euro bringen. Außerdem erhoffe sich Athen 2,5 Milliarden Euro Einnahmen durch die Besteuerung reicher Griechen und Oligarchen sowie weitere 2,5 Milliarden Euro durch das Eintreiben von Steuerschulden bei Bürgern und Unternehmen. Laut ZIB sollen sich insgesamt zwölf Maßnahmen auf der Liste finden.
Weiteres Tauziehen fix
Regierungsmitglied Nikos Pappas habe gegenüber dem griechischen Sender Mega Channel gesagt, dass auch der öffentliche Dienst effektiver werden solle, berichtete die BBC. Pappas erwartet für diese Woche „einen täglichen Kampf“, bei dem „jeder Zentimeter mit großer Mühe gewonnen“ werden müsse.
Wird die Liste nicht akzeptiert, könnte es finanziell eng werden, denn bereits am Samstag endet das derzeitige Hilfsprogramm. Akzeptieren die Geldgeber die Reformliste, kann die Finanzhilfe verlängert werden. Allerdings muss Griechenland bis Ende April endgültig detailliert vorlegen, welche Schritte wie viel bringen sollen, um den Staatshaushalt zu konsolidieren. Das birgt weiteres Konfliktpotenzial. Bis spätestens Ende Juni wird sich zudem zeigen, ob Griechenland ein drittes Hilfspaket braucht.
„Vier Monate Intensivstation“
Der Großteil der griechischen Medien sieht wenig Spielraum für die Regierung von Ministerpräsident Tsipras. Die Regierung müsse nun die „märchenhaften“ Wahlversprechen zurücknehmen, ohne die Gunst der Wähler zu verlieren.
„Erste Kraftprobe morgen (Vorlegung der Reformliste) - vier Monate rot(-er Alarm)“, titelte etwa die konservative Zeitung „Kathimerini“ am Sonntag: „Tsipras hat einen schwierigen Weg vor sich. Er wird sich mit seinen (Wahlkampf-)Mythen und seinen rechtspopulistischen Koalitionspartnern konfrontieren müssen“, kommentierte das Blatt. Wer das Land regiere und nicht aus der Opposition heraus arbeite, könne schnell begreifen, „was es bedeutet, bankrottzugehen und zur Drachme zurückzukehren“. Auch die regierungsnahe Zeitung „Realnews“ zeigte sich überzeugt, dass die Euro-Partner nun Reformen sehen wollen, und kommentierte: „Vier Monate lang in der Intensivstation“.
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