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Außen pink, innen „grün“

Das britische Architekturbüro Chetwood will hoch hinaus. Im Auftrag eines chinesischen Konsortiums haben die Architekten einen Entwurf präsentiert, der in vielerlei Hinsicht - und im wahrsten Sinne des Wortes - alles andere in den Schatten stellt - sowohl in Sachen Höhe als auch in Sachen „grüne“ Architektur.

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Werden die Phoenix Towers genannten Türme in der chinesischen Stadt Wuhan so wie von den Architekten geplant auch tatsächlich gebaut, so würden sie das derzeit höchste Gebäude der Welt, den Burdsch Chalifa in Dubai, um mehr als 150 Meter überragen. In Wuhan selbst ist bisher das 2007 fertiggestellte Minsheng Bank Building mit einer Höhe von 331 Metern das höchste Gebäude, das im internationalen Vergleich auf Rang 48 liegt. Dementsprechend imposant könnten die Phoenix Towers aus ihrer Umgebung herausstechen - der größere der beiden Türme soll nämlich eine Höhe von genau einem Kilometer erreichen.

Rendering der Twintower in Wuhan

Chetwood Architects

Der Unterschied zu den umgebenden Gebäuden lässt die Phoenix Towers unwirklich erscheinen

„Der Wunsch war klar formuliert: Das Gebäude soll zur Ikone werden“, so Architekt Laurie Chetwood gegenüber dem Designblog Dezeen.com. „Der Eiffelturm war ein oft genanntes Vorbild - mit dem Unterschied, dass wir eine Stufe weitergegangen sind: Das Gebäude steht nicht nur da, es erledigt auch einen Job.“

Architekten wollen ökologische Standards setzen

Die Phoenix Towers sollen nämlich noch viel mehr können als Rekorde brechen und Aufmerksamkeit erregen: Wie die meisten chinesischen Großstädte hat auch Wuhan mit starker Luftverschmutzung zu kämpfen. Als industrielles Zentrum Mittelchinas, mit Stahl-, Aluminium- und Eisenwerken sowie der rasanten Motorisierung der letzten Jahrzehnte werden gesundheitsschädliche Grenzwerte etwa bei der Feinstaubbelastung fast permanent erreicht.

Deshalb soll der größere der beiden Zwillingstürme auch keine Wohnungen oder Büros beherbergen, sondern ausschließlich funktionell zur Wasseraufbereitung und Luftfilterung konstruiert werden. Ein Biomassekraftwerk, ein Insektenhotel der gehobenen Klasse und begrünte Wände sind ebenfalls geplant. Der zweite, niedrigere Turm soll sowohl Wohnungen, als auch Geschäfte, Galerien, Restaurants und andere Freizeiteinrichtungen beherbergen. Darüber hinaus sollen auch dort eine Luftfilteranlage und eine ökologisch hochmoderne Klimaanlage installiert werden, die mittels Wasserpumpen durch den umliegenden See gespeist werden soll.

Rendering der Twintower in Wuhan

Chetwood Architects

Vom Insektenhotel bis zur Regenwasseraufbereitungsanlage sollen die Türme alle Stücke spielen

Besonders ungewöhnlich sind die (aus der Entfernung scheinbar schwebenden) planetenartigen Konstruktionen zwischen den Türmen. Sie sollen ebenfalls Restaurants beherbergen und via Brücken aus den Türmen erreicht werden. Es sei der Wunsch des Auftraggebers gewesen, dass das Design die chinesische Kultur und Identität in dem Bau widerspiegle, so Chetwood. So habe man die Türme inspiriert durch das chinesische Glückssymbol Fenghuang entworfen. Ähnlich dem Phönix der griechischen und ägyptischen Mythologie wird das Fabelwesen mit dem Feuer assoziiert und setzt sich aus einem weiblichen (Huang) und einem männlichen (Feng) Part zusammen.

Auffallen ist Pflicht

Trotz aller Liebe zum Mythologischen und zu Tradition seien die chinesischen Auftraggeber sehr kommerziell fokussiert," erklärt Chetwood. „Es geht primär um den Bau einer spektakulären Touristenattraktion mitten in einem der größten Seen in Wuhan.“ Der Umweltaspekt spiele zwar eine große, aber untergeordnete Rolle. Wichtig sei das auffällige Design: „Wir mussten etwas Auffälliges entwickeln - immerhin sollte der Turm auch aus einigen Kilometern Entfernung noch wirklich Aufmerksamkeit erregen.“ Bleibt zu hoffen, dass die Türme die Umgebungsluft tatsächlich reinigen, sonst darf eher davon ausgegangen werden, dass man die Spitzen der Türme vor lauter Smog nicht sieht.

Rendering der Twintower in Wuhan

Chetwood Architects

Begehbare Planeten zwischen den Türmen

„Wenn man in China mit einer verrückten Idee kommt,“ sagt Chetwood, „dann kann man davon ausgehen, dass sie gar nicht verrückt genug ist.“ Wer genau hinter den Auftraggebern, der ominösen Huayan Group steckt, ist nicht bekannt - dementsprechend ist schwer abzuschätzen wie sicher eine tatsächliche Realisierung ist. Denn so viel Ambition und Extravaganz hat seinen stolzen Preis - für das Bauprojekt sind rund 1,5 Mrd. Euro budgetiert - rund eine halbe Milliarde mehr als der Burdsch Chalifa gekostet hat.

Wird es in den näcshten Jahren gebaut, hätte das Bauwerk zumindest kurzzeitig die Chance, als höchstes Gebäude der Welt Schlagzeilen zu machen. Schon 2019 müsste es den Titel wieder abgegeben - dann soll nämlich das Projekt Kingdom Tower in der saudi-arabischen Stadt Dschidda mit einer Höhe von mindestens 1.007 Metern fertiggestellt werden. Der Turm, dessen Baustart schon 2012 erfolgte, wird im Auftrag der saudischen Königsfamilie durch die Bin-Laden-Gruppe errichtet, die von Osama bin Ladens Halbbruder Bakr bin Laden geleitet wird.

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