Kompromisskandidaten gefunden
Nach dem offenen Schlagabtausch der vergangenen Woche haben sich die Parlamentsparteien am Donnerstag doch recht rasch auf Verfahrensrichter und Verfahrensanwalt für den Hypo-Untersuchungsausschuss verständigt. „Verwerfungen“ habe es nicht gegeben, sagte Nationalratspräsidentin Dorris Bures (SPÖ) am Donnerstag.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die beiden Funktionen übernehmen der frühere Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Innsbruck, Walter Pilgermair, und der Linzer Universitätsprofessor und Rechtsanwalt Bruno Binder. Bures (SPÖ) hatte die beiden ursprünglich als Stellvertreter für die jeweiligen Positionen vorgeschlagen. Stellvertreter werden nun Walter Hellmich und Klaus Hoffmann, Letzterer war bereits als Verfahrensanwalt in früheren U-Ausschüssen tätig. Der Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats beschloss die Vorschläge der Präsidiale einstimmig.

APA/Helmut Fohringer
Der stellvertretende Verfahrensanwalt Hoffmann, Verfahrensanwalt Binder, Nationalratspräsidentin Bures, Verfahrensrichter Pilgermair und der stellvertretende Verfahrensrichter Hellmich (v. l. n. r.)
„Niemandem verpflichtet“
Er sei ein „unabhängiger und erfahrener Richter“, nie Parteimitglied gewesen, stehe keiner Partei nahe und sei „niemandem verpflichtet“, unterstrich Pilgermair im APA-Interview. Als Strafrichter hatte er mehr als zehn Jahre Verhandlungserfahrung gesammelt. Dass die Funktion des Verfahrensrichters mit der jüngsten U-Ausschuss-Reform geschaffen wurde, sieht Pilgermair als „große demokratiepolitische Weiterentwicklung“. Er verstehe sich als Garant für die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens und des Schutzes der Grundrechte der Auskunftspersonen. Er werde seine künftige Funktion „sehr ernst nehmen“ und „umgehend mit den Vorbereitungen beginnen“, sagte der Tiroler.
„Eine wesentliche Weiterentwicklung“
Verfahrensanwalt Binder sagte, dass der Untersuchungsgegenstand das Volk betreffe - der Steuerzahler solle den Hypo-Milliardenschaden auslöffeln. Der neue U-Ausschuss bedeute „eine wesentliche Weiterentwicklung des demokratischen Gedankens“. Als Verfahrensanwalt werde er auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Kriterien achten. Auch sehe er sich als wesentliche Unterstützung der Vorsitzenden „vom ersten bis zum letzten Schritt“.
Bures sieht „keine Verwerfungen“
Bures lobte Verfahrensrichter, Verfahrensanwalt und ihre Stellvertreter als „äußerst qualifiziert“. Leider habe sich aber keine Frau beworben, so Bures. Sehr bald könne man nun in die Aufgabe einsteigen, damit „in einem der größten Schadensfälle in der Zweiten Republik eine politische Aufklärung erfolgt“. Den Vorsitz im Ausschuss will Bures „zum Großteil selbst ausüben“.
Angesichts der Kritik an ihrem ursprünglichen Vorschlag für Verfahrensrichter und -anwalt meinte Bures, sie hätte dem Geschäftsordnungsausschuss lieber einen Dreiervorschlag zur Abstimmung vorgelegt (im Gesetz vorgesehen ist ein Einervorschlag, Anm.). Dass die von ihr ursprünglich vorgeschlagenen Namen an die Öffentlichkeit gelangten, bedauerte Bures, sagte aber: „Es hat keine Verwerfungen gegeben.“
Vorwürfe einer „Proporzbesetzung“
Dabei hatte es bis zuletzt wegen der Besetzung der beiden zentralen Positionen im U-Ausschuss, bei dem erstmals neue Verfahrensregeln zur Anwendung kommen, Differenzen zwischen Bures und der Opposition gegeben. Diese hatte empört, dass Namen nicht mehr mit ihr abgesprochen würden, und eine „Proporzbesetzung“ befürchtet. Am Donnerstagvormittag hieß es, die SPÖ versteife sich nicht auf den ursprünglichen Vorschlag der Nationalratspräsidentin. Klubchef Andreas Schieder sprach vor der Präsidialkonferenz von einem Diskussionsbeitrag. Bures selbst gab vor der Sitzung keine Stellungnahme ab.
Vorschlag offenbar geändert
Unterschiedlichen Medienberichten zufolge hatte Bures in der Präsidialsitzung am Dienstag zwei frühere Beamte, Ex-Justiz-Sektionschef Hermann Germ und den ehemaligen steirischen Landesamtsdirektor Gerhard Wielinger, als Verfahrensrichter bzw. Verfahrensanwalt vorgeschlagen. Ersterer gilt als SPÖ-, zweiterer als ÖVP-nahe.
Sowohl Grüne als auch NEOS erneuerten vor der Präsidialsitzung am Donnerstag ihre Kritik an dem Vorschlag. Seitens der Grünen drängte der geschäftsführende Parlamentarier Dieter Brosz auf einen Verfahrensrichter mit Verhandlungserfahrung. Sowohl Brosz als auch NEOS-Klubchef Matthias Strolz zeigten sich aber zuversichtlich, eine Lösung zu finden.
Auch ÖVP wollte nicht zustimmen
ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka hatte im Vorfeld der Sitzung ebenfalls angekündigt, dem Bures-Vorschlag nicht zustimmen zu wollen. Für die FPÖ lehnte Walter Rosenkranz den Vorschlag zumindest nicht ab und nahm Bures in Schutz. „Die Aufregung verstehe ich nicht ganz“, sagte Rosenkranz in Richtung der anderen Oppositionsparteien.
NEOS konnte sich am Donnerstag mit dem Wunsch, Unterlagen auch direkt bei der Hypo-„Bad Bank“ Heta anzufragen, nicht durchsetzen, wie Ausschussmitglied Rainer Hable gegenüber der APA bestätigte. In diesem Punkt sei man nicht einig geworden. Die anderen Fraktionen lehnen eine Anfrage direkt bei der Heta ab, weil das Parlament damit seine verfassungsrechtlichen Befugnisse überschreiten würde: Das parlamentarische Kontrollrecht umfasst nur die politische Verantwortlichkeit der (Regierungs-) Organe, reicht aber nicht bis in Staatsunternehmen hinein.
Auch Beweisbeschluss gefasst
Mit den Stimmen aller Fraktionen mit Ausnahme von NEOS wurde am Donnerstag auch der erste Beweisbeschluss für den U-Ausschuss gefasst, der am 26. Februar erstmals - zu seiner konstituierenden Sitzung - zusammentreten wird. Der Beweisbeschluss legt fest, wer gegenüber dem Ausschuss auskunftspflichtig ist. Akten und Unterlagen zum Untersuchungsgegenstand müssen das Bundeskanzleramt und sämtliche Ministerien, das Land Kärnten sowie diverse Aufsichtsbehörden vorlegen, und zwar grundsätzlich binnen vier Wochen.
Links: