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OPEC rechnet bereits mit Markterholung

Nachdem der Ölpreis über Monate gefallen ist, scheint diese Entwicklung nun zu Ende zu sein: Seit knapp einer Woche geht etwa der Preis für die Rohölsorte Brent wieder nach oben. Was die weitere Entwicklung anbelangt, sind sich Analysten, Wirtschaftsforscher und Marktakteure uneins wie selten zuvor.

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Eine weitgehend klare Vorstellung von anstehenden Szenarien haben freilich die Ölhändler selbst: Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) rechnete am Dienstag mit einem weiteren Anstieg der Ölpreise. Nach Einschätzung des Ölministers des OPEC-Mitglieds Katar, Mohammed al-Sada, gibt es Hinweise auf eine Trendwende auf dem Ölmarkt und die Aussicht auf weiter steigende Preise.

Überproduktion „eindeutig niedriger“

Der Ölminister von Kuwait, Ali al-Omair, sagte, dass das Angebot an Rohöl auf dem Weltmarkt geringer sei als bisher angenommen. Er rechne bereits ab Sommer mit „besseren Preisen“. Seinen Angaben zufolge stellte die OPEC einen Rückgang der weltweiten Überproduktion fest. Die Überproduktion sei „eindeutig niedriger“ als die 1,8 Mio. Barrel pro Tag, die die OPEC und andere Agenturen in den vergangenen Monaten geschätzt hätten, sagte Omair.

Experten und Branchenvertreter sehen sowohl Gründe für steigende als auch für fallende Preise in diesem und den nächsten Jahren. Gut möglich scheint auch ein anhaltender Seitwärtstrend in den kommenden Monaten. Der Mineralöl- und Erdgaskonzern Shell erwartet in diesem Jahr eine wachsende Nachfrage nach Öl. „Aber bei den heutigen Preisen wird das Angebot mit der Nachfrage nicht Schritt halten“, sagte Shell-Chef Ben van Beurden unlängst. Vielleicht gehe das Angebot sogar zurück.

Preis bleibt laut Experten länger niedrig

„Energieunternehmen könnten einen Teil ihrer existierenden Produktion stilllegen und neue Projekte verschieben oder ganz aufgeben“, glaubt der Shell-Chef. Andererseits: Bleibe die Ölförderung in den USA hoch und das globale Wachstum schwach, könnten die Preise längere Zeit niedrig bleiben. „Der Markt wird in diesem Jahr volatil bleiben“, glaubt Van Beurden. Renommierte Experten sind ähnlicher Meinung.

Einer von ihnen ist Carlos Pascual, Ölanalyst und Ex-Energiechef im US-Außenministerium. Er glaubt, dass die vielen wegen des sinkenden Ölpreises ins Straucheln geratenen US-Firmen, die Öl mittels kostenintensiven Frackings fördern, nicht so schnell aufgeben werden. Pascual ist der Meinung, dass die Firmen gestärkt aus dem Preiskampf hervorgehen werden und der Ölpreis noch sehr lange niedrig bleiben könnte. Im Interview mit dem Magazin „Spiegel“ beschreibt der US-Experte eine „Ära des Überflusses“, die zumindest bis Sommer 2016 anhalte.

Übernehmen USA Rolle Saudi-Arabiens?

Die Internationalen Energieagentur (IEA) sieht eine neue Epoche auf dem Ölmarkt angebrochen. „Das Schieferöl aus den USA hat die Spielregeln verändert“, sagte IEA-Generalsekretärin Maria van der Hoeven. „Es gab noch nie eine Situation wie heute.“ Dazu gehöre, dass sich die US-Förderung künftig flexibel der Nachfrage auf dem Ölmarkt und den schwankenden Ölpreisen anpassen werde. Damit würden die USA quasi die Rolle des OPEC-Landes Saudi-Arabien übernehmen, das bis jetzt als „Swing Producer“ die Preise hoch hielt. Das würden die Saudis nicht mehr machen, nun regiere der Markt.

Zig Milliarden für „Zombie-Investments“

Bei einem Ölpreis von weniger als 70 Dollar ist nach Einschätzung der Investmentbank Goldman Sachs nur noch ein Drittel aller Investitionen in neue Öl- und Gasfelder profitabel. Fast eine Billion Dollar seien „Zombie-Investments“, die sich nicht rechneten. Diese Angst treibt auch die großen Ölkonzerne um, die nach heftigen Gewinneinbrüchen allesamt ihre Investitionen zurückfahren.

Doch sie wissen, dass auf dem Ölmarkt ein langer Atem gefragt ist und die Nachfrage nach Öl in den nächsten beiden Jahrzehnten immer noch wachsen wird. „Shell bleibt auch 2015 ein großer Investor, mit einem starken Fokus auf den Kosten“, sagte Vorstandschef Van Beurden. „Und wir werden gewiss fortfahren, in Forschung und Entwicklung zu investieren.“

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