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„Botschaft an Nation des Kreuzes“

Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat nach eigenen Angaben in Libyen 21 ägyptische koptische Christen enthauptet. Die Organisation veröffentlichte am Sonntag im Internet ein neues Gräuelvideo, das die Ermordung mehrerer Männer zeigt. Die auf islamistische Aktivitäten im Internet spezialisierte US-Website SITE hält das Video für echt.

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In dem Videomaterial sind 21 gefesselte Männer in orangefarbener Kleidung zu sehen, die von schwarz gekleideten IS-Kämpfern einen Strand entlanggeführt werden. Später ist die Enthauptung von mindestens zehn der Gefangenen zu sehen. Bei den Opfern handelt es sich dem libyschen IS-Ableger zufolge um Kopten, die in Libyen gefangen genommen wurden. Getötet wurden sie laut IS-Angaben in der Provinz, in der auch die Hauptstadt Tripolis liegt. Der fünfminütige Film mit dem Titel „Eine in Blut geschriebene Nachricht an die Nation des Kreuzes“ wurde am Sonntagabend im Internet verbreitet. Erstmals richtet sich der IS damit direkt an Christen.

„Südlich von Rom, im Land des Islam, Libyen“

In dem Video spricht ein maskierter Täter in Militäruniform und einem Messer in der Hand auf Englisch in die Kamera: „Wir befinden uns hier südlich von Rom, im Land des Islam, Libyen“, sagt er. „Das Meer, in dem ihr die Leiche von Scheich Osama bin Laden versteckt habt, wir schwören bei Allah, wir werden es mit eurem Blut mischen.“ Al-Kaida-Chef Bin Laden war im Mai 2011 in Pakistan getötet worden. Seine Leiche wurde an einem geheim gehaltenen Ort im Meer versenkt.

Das Enthauptungsvideo ist die erste als Video veröffentlichte Gräueltat des libyschen Ablegers der ursprünglich in Syrien und im Irak kämpfenden IS-Miliz. Ebenfalls am Sonntag veröffentlichten die libyschen Kämpfer Bilder, die die Einnahme eines strategisch wichtigen Küstenabschnittes nahe Sirte zeigen sollen. Im vergangenen Oktober hatten Dschihadisten aus dem zwischen mehreren Milizen umkämpften Land dem IS die Treue geschworen. Auch in Algerien und Ägypten hat der IS mittlerweile Ableger. Die ägyptischen Anhänger verbreiteten ebenfalls bereits Enthauptungsvideos aus dem Nordsinai.

Sisi: Mörder werden bestraft

Das ägyptische Staatsfernsehen veröffentlichte Auszüge aus dem Video, ohne aber die Morde zu zeigen. Präsident Abdel Fattah al-Sisi berief das Sicherheitskabinett ein, dem neben ihm auch die Minister für Verteidigung und Inneres sowie führende Militärvertreter angehören. In einer Fernsehansprache sagte er sichtlich verärgert, Ägypten habe das „Recht, auf angemessene Weise und zu gegebener Zeit zu reagieren“. Die „Mörder“ würden „bestraft“.

Bereits Montagfrüh flog die ägyptische Luftwaffe Angriffe gegen Ziele des IS in Libyen. Ein Armeesprecher gab die Luftangriffe bekannt und betonte, diese hätten Waffen- und Trainingslagern des IS gegolten. Die Kampfjets seien sicher zurückgekehrt. Damit gibt Ägypten erstmals offiziell eine Militäraktion im benachbarten Libyen zu.

Die koptische Kirche in Ägypten forderte, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian, sagte der „Bild“-Zeitung (Montag-Ausgabe), die Christen seien als Gastarbeiter in Libyen gewesen und „gerade auf dem Heimweg nach Ägypten, als ihr Bus von den Terroristen aufgehalten wurde“. Diese verlangten die Ausweise der Gastarbeiter und zwangen die Kopten zum Aussteigen. „Zuerst dachten wir an eine Entführung, doch eine Lösegeldforderung wurde nie gestellt“, so Bischof Damian weiter.

Islamgelehrte: Ermordung „barbarisch“

Die Al-Ashar-Universität in Kairo, eine angesehene islamische Universität, nannte die Ermordung der Kopten „barbarisch“. Die Universität habe von den Enthauptungen „einer Gruppe unschuldiger Ägypter mit großer Sorge und Trauer“ erfahren. Solch eine Tat habe nichts mit einer Religion der menschlichen Werte zu tun.

Die koptische orthodoxe Kirche erklärte, sie sei „zuversichtlich“, dass die Mörder der Ägypter bestraft würden. Sie bestätigte zudem, dass es sich bei den Männern um ägyptische Kopten handle. Die Mitglieder der Gruppe - es handelt sich dabei offenbar um ägyptische Gastarbeiter - sollen zwischen Ende Dezember und Anfang Jänner in Libyen verschwunden sein. Der IS hatte vergangene Woche erklärt, die Christen in seiner Gewalt zu haben.

USA verurteilen „feiges“ Verbrechen

Die USA und die UNO-Mission in Libyen verurteilten die Mordtat ebenfalls als „feige“ und „terroristisch“. Die Ermordung der Männer müsse von „allen Libyern zurückgewiesen und angeprangert“ werden, hieß es in einer Erklärung. Der IS brüstet sich immer wieder mit der brutalen Tötung von Geiseln. Zuletzt hatte die Gruppe in Syrien einen jordanischen Piloten bei lebendigem Leib verbrannt und zwei Japaner enthauptet. In Ägypten leben etwa 88 Millionen Menschen, rund zehn Prozent davon sind Christen. Die koptische Kirche ist die größte christliche Gemeinschaft im arabischen Raum.

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