In Donezk und Mariupol blieb es ruhig
Die Waffenruhe im Kriegsgebiet Ostukraine hat Hoffnungen auf eine allmähliche Entspannung im Konflikt zwischen der prowestlichen Führung in Kiew und prorussischen Separatisten genährt. Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bestätigten am Sonntag die Einhaltung der Feuerpause - mit einigen Ausnahmen vor allem im strategisch wichtigen Ort Debalzewe.
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„Der Friedensprozess steht unter schweren Vorbehalten, besonders wegen der Situation um Debalzewe“, warnte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko. In Militäruniform erteilte er den Truppen vor laufenden Kameras den Befehl, die Kämpfe einzustellen. Die Lage um den Verkehrsknotenpunkt Debalzewe ist heikel, weil dort nach Darstellung der Separatisten Tausende ukrainische Soldaten eingekreist sind, was Kiew aber nicht bestätigt.
OSZE-Beobachter nicht vorgelassen
Die Rebellen in der Stadt sehen sich in die Gespräche über eine Waffenruhe nicht eingebunden. „Natürlich können wir das Feuer eröffnen. Es ist unser Gebiet“, erklärte der Separatistenführer Eduard Basurin gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Auch OSZE-Beobachter wurden am Sonntag nicht in die Stadt gelassen. Es gebe jedoch entlang der Konfrontationslinien keine Kämpfe, erklärte Basurin. Von beiden Seiten werden jedoch vereinzelt Artilleriefeuer gemeldet.

Reuters/Gleb Garanich
Soldaten in der Ukraine
Ukrainische Armee: 60-mal angegriffen
Die ukrainischen Streitkräfte sind nach eigenen Angaben seit Beginn der Waffenruhe 60-mal Ziel feindlichen Beschusses geworden. Schwerpunkt der Kämpfe sei weiterhin die Stadt Debalzewe, sagte Militärsprecher Anatolij Stelmach am Sonntag. Die prorussischen Rebellen hätten Stellungen der Armee mit unterschiedlichen Waffen, darunter Grad-Raketen, beschossen.
Dreimal hätten die Separatisten zudem versucht, das fünf Kilometer östlich von Debalzewe liegende Dorf Tschornuchin einzunehmen, sie seien jedoch stets von der Armee zurückgedrängt worden. Der Armeesprecher sagte, die ukrainischen Truppen setzten ihre Artillerie nicht ein und würden lediglich Angriffe abwehren. Insgesamt seien die Kämpfe deutlich zurückgegangen, fügte Stelmach hinzu.
Umstrittener Hilfskonvoi überquert Grenze
An anderen wichtigen Orten im Konfliktgebiet blieb die Lage am Sonntag ruhig. In Donezk und der Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer hörte der Beschuss auf, im Gebiet Lugansk gab es der OSZE zufolge einzelne Verstöße. In den 24 Stunden vor der Waffenruhe waren nach Angaben der Armee noch neun Soldaten getötet worden. Die Separatisten in Donezk sprachen zudem von drei Toten am Samstag. Russland schickte erneut einen umstrittenen Hilfskonvoi mit mehr als 170 Lastwagen in den Donbass. Die Ukraine sieht darin eine Verletzung ihrer Souveränität.

Reuters/Baz Ratner
1.800 Tonnen Hilfsgüter sind aus Russland in die Ukraine gebracht worden
Die weißen Lkws mit der Aufschrift „Humanitäre Hilfe der Russischen Föderation“ überquerten Sonntagfrüh die Grenze zur Ukraine, wie der Zivilschutz mitteilte. Die Hilfsgüter, darunter vor allem Lebensmittel und Schulbücher, sollen in den Städten Donezk und Lugansk verteilt werden, die von prorussischen Separatisten beherrscht werden. Rund 400 Mitarbeiter des russischen Zivilschutzes seien an Bord der Lastwagen, sagte Behördensprecher Oleg Woronow der Agentur TASS.
Die Ukraine hatte Russlands Hilfskonvois bisher als Verletzung ihrer Souveränität kritisiert. Sie wirft dem Nachbarland vor, den Separatisten auf diese Weise Nachschub wie etwa Waffen und Munition zu bringen. Russland weist das zurück und begründet die Hilfe mit der humanitären Katastrophe, die auch von einer ukrainischen Wirtschaftsblockade des Donbass verschärft worden sei.
Abzug von schweren Waffen geplant
Die Waffenruhe wurde von diplomatischen Kontakten auf höchster Ebene begleitet. Die Vierergruppe, die die Waffenruhe ausgehandelt hatte, zog am Sonntag gemeinsam eine erste Bilanz. Frankreichs Präsident Francois Hollande, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, der ukrainische Staatschef Poroschenko und Russlands Präsident Wladimir Putin hätten in einer Telefonkonferenz „begrüßt, dass die Waffenruhe generell beachtet werde“, erklärte Vizeregierungssprecher Georg Streiter in Berlin. Andauernde Kampfhandlungen, insbesondere um den Ort Debalzewe, bereiteten allerdings „große Sorge“.
Die vier zeigten sich demnach entschlossen, auf eine vollständige Umsetzung der Waffenruhe hinzuwirken. Als nächster Schritt müsse ab Dienstag mit dem vereinbarten Abzug schwerer Waffen begonnen werden. Ferner seien sich die Gesprächspartner einig gewesen, „dass eine unterstützende Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen wünschenswert wäre“.
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