Spannung vor vereinbarter Waffenruhe
Vor Beginn der Waffenruhe haben sich die Kämpfe in der Ostukraine nochmals verschärft. Der Verkehrsknotenpunkt Debalzewe stehe unter Dauerbeschuss der prorussischen Rebellen, teilte die Kiew-treue Polizei in der belagerten Stadt am Samstag mit. Seit Mitternacht (23.00 Uhr MEZ) gilt die Feuerpause.
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Auch rund um Mariupol und Donezk lieferten sich Armee und Rebellen am Samstag noch erbitterte Gefechte. Nach Angaben der Konfliktparteien wurden in der Ostukraine binnen 24 Stunden 14 Menschen getötet.
Heftige Gefechte um Verkehrsknotenpunkt
„Die Rebellen zerstören Debalzewe“, schrieb Polizeichef Wjatscheslaw Abroskin im sozialen Netzwerk Facebook. Wohngebiete und Verwaltungsgebäude stünden unter Dauerbeschuss der feindlichen Artillerie. Auch das Polizeirevier sei von einer Rakete getroffen worden. Die ukrainische Armee liefert sich seit Tagen Gefechte mit den Rebellen um Debalzewe. Nach Angaben des Militärs hatten die Separatisten in der Nacht zum Samstag eine neue Offensive auf die Stadt gestartet.
Debalzewe ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Hätten die Rebellen ihn unter Kontrolle, verfügten sie über eine direkte Verbindung zwischen ihren Hochburgen Donezk und Lugansk. Dem ukrainischen Militär zufolge war auch in Teilen der Region um Lugansk die Lage sehr angespannt.
Rebellen rücken mit Panzer in Mariupol vor
Auch aus anderen strategisch wichtigen Städten in der Ostukraine wurden heftige Kämpfe gemeldet. In der von regierungstreuen Einheiten kontrollierten Küstenstadt Mariupol wurde ein Zivilist getötet, wie die Militärführung in Kiew mitteilte. Nach Angaben des rechtsextremen ukrainischen Freiwilligenregiments Asow griffen prorussische Kämpfer ihre Stellungen nahe Mariupol mit Panzern und Artilleriegeschützen an. Die Rebellen in Donezk erklärten am Samstag, beim Beschuss der Stadt seien mindestens zwei Zivilisten getötet worden.
Ab Sonntag gilt Waffenruhe
Die anhaltenden Kampfhandlungen gefährden ein Friedensabkommen, das Kiews Regierung und die prorussischen Rebellen am Donnerstag nach einem Verhandlungsmarathon in Minsk unterzeichnet hatten. Sie verständigten sich auf ein „Maßnahmenpaket“ zur Umsetzung der Minsker Verträge von Anfang September. Kernpunkt der Vereinbarung ist eine Waffenruhe, die seit Sonntag 00.00 Uhr Ortszeit (Samstag 23.00 Uhr MEZ) gilt. Zudem wurden der Abzug schwerer Waffen und die Einrichtung einer Pufferzone vereinbart.

APA/ORF.at
Jazenjuk zweifelt an Putins Zusage
Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk warnte am Samstag vor einem Scheitern des Abkommens. „Ich habe keinen Zweifel, dass Russland alles tun wird, um den Friedensprozess anfällig zu machen und auf diesem Wege die Ukraine zu schwächen“, sagte Jazenjuk der „Bild“-Zeitung. Ziel der ukrainischen Regierung sei es, die Kontrolle über die Rebellenhochburgen Donezk und Lugansk „Schritt für Schritt wiederherzustellen“. Der russische Präsident Wladimir Putin träume hingegen „von der Wiederherstellung der hegemonialen Kontrolle über die Ukraine“, sagte Jazenjuk.
UNO-Dringlichkeitssitzung am Sonntag
Der UNO-Sicherheitsrat befasst sich nach Diplomatenangaben am Sonntag in einer Dringlichkeitssitzung mit dem Friedensplan für die Ostukraine. Die 15 Mitglieder des Gremiums wollen den Angaben zufolge über einen russischen Resolutionsentwurf beraten, in dem alle Konfliktparteien aufgefordert werden, den am Donnerstag in Minsk vereinbarten Friedensplan umzusetzen.
Das russische Außenministerium warf Kiew und dem Westen vor, schon jetzt die Inhalte des Minsker Abkommens zu „verdrehen“. Hauptziel des Abkommens sei es, „die Kämpfe zu beenden, die schweren Waffen zurückzuziehen und eine echte Verfassungsreform in Gang zu setzen“, erklärte das Ministerium und forderte alle Parteien auf, sich für eine „strikte Umsetzung“ einzusetzen.
Großbritannien liefert Panzerwagen an Kiew
Unterdessen übergab Großbritannien der Ukraine gepanzerte Truppentransporter des Typs Saxon. Die ausgemusterten Panzerwagen würden gemäß eines Vertrages von 2013 unbewaffnet geliefert, teilte das Londoner Verteidigungsministerium nach einem Bericht des „Guardian“ (Samstag-Ausgabe) mit. Nach unbestätigten Angaben wurden 20 Saxon bereits übergeben; 55 weitere sollen folgen. „Tödliche Waffen“ liefere Großbritannien nicht, hieß es.
Auch Polen behält sich nach dem Abkommen von Minsk Waffenlieferungen in die Ukraine vor. „Mir ist bewusst, dass das ein heißes Thema ist“, sagte der polnische Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak der „Welt am Sonntag“ laut Vorabbericht. Im Moment konzentriere man sich zwar auf die Umsetzung des Minsker Friedensabkommens. „Wir sollten aber verschiedene Möglichkeiten für die Zukunft offen lassen. Ich möchte nur in Erinnerung bringen, dass es kein Embargo gibt“, ergänzte Siemoniak.
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