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YouTube traf den Nerv der Zeit

Seit zehn Jahren ist YouTube vor allem wegen seiner umtriebigen Community das führende Onlinevideoportal. Gerade Junge nutzen das Videoportal gerne und intensiv. Facebook, dem die Jungen immer öfter den Rücken kehren, setzt nun ebenfalls gezielt auf Videos.

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YouTube galt bei seiner Gründung 2005 als Paradebeispiel für das noch junge Schlagwort Web 2.0. Es setzte von Anfang an stark auf seine Community, die sich zu speziellen Interessengruppen zusammenschließen konnten. Neben Profilen konnten die Nutzer auch eigene Playlists erstellen und für sie interessante Videoautoren abonnieren. Am wichtigsten war aber das Teilen der Videos, dazu stellte YouTube selbst den jeweils passenden Code zum Einbauen in einer Website oder den Link zum Verschicken via E-Mail bereit.

Schnelles Wachstum binnen Monaten

Schnell zeigte sich, dass YouTube den Nerv der Zeit getroffen hatte - die Nutzerzahlen legten binnen weniger Monate enorm zu. Bereits Anfang 2006 wurden - je nach Quelle - zwischen 15 und 30 Mio. Videos als Stream abgerufen, neun Mio. nutzen das Angebot laut Angaben von Nielsen NetRatings jeden Monat. YouTube ließ die Konkurrenz schon sehr bald hinter sich, im März 2006 hatte YouTube bereits dreimal mehr Traffic im Netz als Google Video und doppelt so viel wie Yahoo.

Domain seit Februar 2005

Im Februar 2005 meldeten die drei früheren Mitarbeiter der Bezahlfirma PayPal Steve Chen, Chad Hurley und Jawed Karim die Domain Youtube.com an. Das erste Video ging im April online, im Dezember folgte der offizielle Launch. Im Oktober 2006 kaufte Google YouTube für 1,65 Mrd. Dollar.

Im Juni 2006 hatte YouTube schließlich fünfmal so viele Nutzer wie Yahoo. Dabei profitierte YouTube zu Beginn von der damaligen Popularität der Networking-Site MySpace. Im Oktober übernahm schließlich Google YouTube für 1,65 Mrd. Dollar (damals 1,31 Mrd. Euro). Zu dem Zeitpunkt wurden auf YouTube täglich 100 Mio. Videos abgerufen und 65.000 neue hochgeladen, YouTubes Marktanteil lag bei rund 50 Prozent. Mittlerweile hat YouTube laut eigenen Angaben über eine Milliarde Nutzer, die pro Minute 300 Stunden neues Videomaterial hochladen. Die Nutzungsdauer von Videos steigt dabei laut YouTube pro Nutzer im Jahresvergleich um 50 Prozent.

Von Schminktipps bis Motorreparaturen

Die Nutzervideos auf YouTube behandeln eine sehr breite Palette an Themen, angefangen von Schminktipps über die Beute aktueller Shoppingausflüge, Kommentare zu unterschiedlichsten - mehr oder weniger weltbewegenden - Themen, Satiren und Parodien, stundenlange Videospielsessions, Beziehungsthemen bis hin zu praktischen Anleitungen, wie man etwa einen Kuchen glasiert, ein T-Shirt näht, Regenbogenponys aus Loom-Bändern flicht oder einen Automotor repariert. Auch Sprünge aus dem Flieger und halsbrecherische Akrobatikeinlagen werden genau dokumentiert. Es scheint auf YouTube nichts zu geben, was es nicht gibt.

So wird in Videos 15 Minuten lang über persönliche Erlebnisse beim Haarefärben geredet, wobei das oft gewählte Setting in der eigenen Wohnung bzw. im Schlafzimmer eine gewisse Intimität vermittelt - als wäre man direkt bei Freunden zu Hause. Die unterschiedlichen Themen wie Musik, Mode oder Kochen sind dabei nicht auf das eine oder andere Geschlecht beschränkt, wodurch das Angebot in Summe sehr bunt wird. Diese Buntheit, die schon einmal eine mehr oder weniger absurde Konnotation bekommt, trägt zum Reiz bei. Die professionellen Videos von TV-Sendern, Musikkonzernen und Filmstudios runden das Gesamtpaket ab.

Community pflegt ihre Stars - und umgekehrt

Viele YouTuber, wie sich die Videoprotagonisten selber nennen, pflegen auch über die zu jedem Video möglichen Foren einen sehr intensiven Kontakt zu ihren Fans. Bei jeder Gelegenheit erwähnen viele YouTuber, dass sie ohne ihre Seher nicht so erfolgreich wären - abgesehen von der auf der Hand liegenden Logik der Aussage ist die Betonung des Werts der Community nicht selbstverständlich und wird von den Fans geschätzt. Es gab und gibt allerdings auch immer wieder Kritik an der mitunter sehr harschen und untergriffigen Sprache in den Foren, was dazu führt, dass manche Foren gezielt abgedreht werden.

Mittlerweile hat YouTube zahlreiche Stars hervorgebracht, die mit der Werbung zu ihren Videos offenbar genug Geld verdienen, um davon gut leben zu können. Viele bekannte YouTuber sprechen vor allem eine junge Zielgruppe an, die ihrerseits für viele Werbekunden sehr interessant ist. Gerade bei Shoppingevents junger Mädchen können etwa Firmen ihre Marken gut und mitunter auch unauffällig platzieren. YouTube selbst veranstaltet auch immer wieder eigene Community-Events, auf denen sich die Nutzer austauschen und ihre größten Stars kennenlernen können.

Facebook greift YouTube an

YouTube wird mittlerweile von einem sehr mächtigen Konkurrenten herausgefordert: Facebook setzt seit einigen Monaten verstärkt auf Videos, ebenso wie zahlreiche andere Anbieter, etwa Twitter. Mit 1,39 Mrd. Nutzern pro Monat ist Facebook deutlich größer als YouTube oder andere Anbieter, dafür verlassen immer mehr junge Nutzer das Soziale Netzwerk.

Mit dem Feature, Videos automatisch zu starten, schaffte es Facebook binnen kürzester Zeit auf täglich drei Milliarden Views pro Tag zu kommen. Facebook priorisiert zudem Videos, die direkt auf der eigenen Plattform hochgeladen werden, was dazu führt, dass Videos von Drittanbietern wie eben YouTube nicht so oft im Newsfeed der Nutzer auftauchen. Allerdings werden Videos bei Facebook meist ohne Ton angesehen, schreibt die Werbenachrichtenplattform AdAge. Dafür kann die Werbewirtschaft Nutzer bei Facebook genauer nach Alter, Vorlieben oder persönlichen Verbindungen ausfiltern.

Kritik an Facebooks Umgang mit Inhalten

Bei seiner Videooffensive hat sich Facebook allerdings viel Kritik mit seinem laschen Umgang mit urheberrechtlich geschützten Inhalten eingehandelt. Während YouTube mit seiner ContentID-Software kritische Inhalte laut Marktbeobachtern relativ schnell identifiziert, hat Facebook damit offenbar noch keine Erfahrung, was das Löschen von Inhalten entsprechend kompliziert macht, sagen Betroffene. Es gebe auch keine Konsequenzen für Uploader fremder Inhalte. Facebook habe noch einige Hausaufgaben zu machen, schreibt auch Tubefilter, so teile Facebook seine Werbeeinnahmen im Gegensatz zu YouTube nicht mit denjenigen, die die Videos hochgeladen haben.

Manche Marktbeobachter erwarten, dass Facebook mit seinen Methoden YouTube aus dem Markt drückt, andere halten dagegen, dass Wettbewerb den Markt belebt und YouTube mit neuen Ideen dagegenhalten wird. Klar ist allerdings, dass die Jungen YouTube derzeit lieber und öfter nutzen als Facebook - das laut Studien bei den Jungen meist als uncool gilt, obwohl viele dabei sind. Oder wie es ein Jugendlicher auf der Veröffentlichungsplattform Medium.com ausdrückte: „Facebook ist wie ein peinliches Familienessen, das man nicht verlassen kann.“

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