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Zwei Welten im selben Wohnbau

Der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio hat im Frühjahr angekündigt, in den kommenden zehn Jahren 200.000 neue leistbare Wohnungen zu schaffen. In seinem Programm findet sich ein Punkt, den er aus dem Sozialen-Wohnbau-Programm seines Vorgänger Michael Bloomberg entnommen hat - und der in seiner Auslegung durch die Bauträger für viel Kritik gesorgt hat: „mandatory inclusionary zoning“.

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Bauträger erhalten damit nur dann die Genehmigung für gewisse Projekte, wenn sie einen bestimmten Prozentsatz des geschaffenen Wohnraums als Sozialwohnungen zur Verfügung stellen. Damit sich die Käufer der Luxuswohnungen aber nicht mit den Mietern der geförderten Wohnungen abgeben müssen, hat sich, wie „Der Spiegel“ berichtete, die „poor door“ in New York mittlerweile etabliert.

Jean Green Dorsey vor ihrem Wohnhaus auf der Upper West Side in Manhattan, New York

AP/Bebeto Matthews

Der Hintereingang an der Upper West Side

„In One Riverside Park schreiten die Millionäre durch die Hauptpforte in eine Kalksteinlobby mit handgeblasenen Kronleuchtern. Die Mieter hingegen kommen durch eine Tür auf der Rückseite in ein separates Foyer - mit separaten Aufzügen und separaten Fluren. Die Rechtfertigung: Baulich ginge das nicht anders,“ heißt es im Spiegel.

De Blasio will getrennte Eingänge verbieten

Fünf weitere „Poor door“-Projekte sind demnach allein auf der Upper West Side in Planung - und auch in Williamsburg, dem Trendviertel Brooklyns, gibt es bereits Armentüren. Für die Bauherren bieten sich in New York gleich mehrere Vorteile: Neben Steuervergünstigungen darf auch höher und größer gebaut werden, wenn leistbare Wohnungen eingeplant werden. Bürgermeister de Blasio hat nun aber bereits angekündigt, die Gesetze zu ändern. „Wir werden keine separaten Eingänge aufgrund von Einkommen mehr erlauben“, ließ er erklären - eine entsprechende Novelle werde vorbereitet.

Bei anderen Luxusprojekten mussten die Bauherren nachgeben und die Pläne nachträglich ändern, zu groß war der Protest gegen die strikte Trennung. Das 42-stöckige Wohnhochhaus besteht aus zwei Teilen mit zwei Adressen: One West End Avenue bietet den Bewohnern der Luxusappartements alles, was sich das wohlhabende Herz wünscht - vom Blick über den Hudson River bis zu großzügigen Gemeinschaftsanlagen. Die Mieter der günstigen Wohnungen und der Adresse 10 Freedom Place sollten davon nicht viel haben - straßenseitige Wohnungen, ein eigener Eingang und keine Terrassen. Als Resultat auf die Empörung über diese Pläne hätte man sich aber immerhin entschieden, den Hof und eine große Dachterrasse für alle Hausbewohner als Gemeinschaftszone zu öffnen.

Studien glauben nicht an soziale Durchmischung

Ob das die soziale Durchmischung aber wirklich anregt, wird sich erst weisen müssen. Studien sind diesbezüglich jedoch eher pessimistisch. „Die Forschung hat gezeigt, dass in Gebäuden mit gemischten Gesellschaftsschichten nur wenig Interaktion und Gemeinschaftsbildung zwischen ärmeren und reicheren Bewohnern passiert,“ heißt es in einem Report des Urban Institute von 2013.

Kritiker monieren außerdem, dass die derzeitige Regelung auch für die Stadt nicht die beste Lösung darstellt. Je teurer die Lage, desto größer ist die Differenz zwischen Miete und Marktwert der geförderten Wohnungen. Würden die Appartements nicht vermietet, sondern auf dem freien Markt verkauft, würde die Stadt Millionen verdienen - Geld, das wiederum in den Bau von ungleich mehr leistbaren Wohnungen in weniger hippen Gegenden gesteckt werden könnte, sagen Kritiker. Seitens der Stadtpolitik will man davon aber nichts wissen, zu groß ist die Angst vor der Bildung neuer Substandardghettos am Rande der Stadt.

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