Themenüberblick

Scharfer Witz trifft bizarren Humor

Obwohl Richard Schuberth mit „Chronik einer fröhlichen Verschwörung“ seinen Debütroman lanciert, kann er bereits auf ein üppiges und buntes Oeuvre blicken. Arithmetisches Mittel all seiner Texte sind scharfer Witz, der zum Denken reizen will, und bizarrer Humor, der als Belohnung unterhält. Hier arbeitet einer mit Hammer und Florett, mit schonungsloser Kritik und (selbst-)ironischer Leichtfüßigkeit.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

1968 geboren und aufgewachsen ist Richard Schuberth in Emmersdorf an der Donau in Niederösterreich. Mit 19 wurde er von Josef Hader als Kabarettist entdeckt, gab das Kabarett aber trotz guter Kritiken bald auf, weil ihm, wie er sagt, das Lachen des Publikums zunehmend widerlich wurde. Er studierte Ethnologie in Wien, wo er auch lebt und arbeitet.

Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller tritt Schuberth regelmäßig als Essayist, Kulturanthropologe, Aphoristiker, Polemiker und Satiriker in Erscheinung mit den Schwerpunkten Antiessenzialismus, Konstruktion von Nation und Ethnizität und Balkan Studies.

Ein Schuber und ein Wörterbuch

2006 lancierte Schuberth in der Straßenzeitung „Augustin“ seine Essayserie „30 Anstiftungen zum Wiederentdecken von Karl Kraus“, die hohe Wellen schlug und 2008 als Buch erschien. „Richard Schuberth gehört zu den wenigen Autoren, die sich sprachlich auf Augenhöhe mit Kraus halten können“, schreibt der Germanist Daniel Krause. Er habe „seit langem keine wissenschaftliche oder wissenschaftsnahe Prosa gelesen, die sorgfältiger gearbeitet wäre und dennoch so unverkrampft und leichtfüßig scheint.“

Im vergangenen Jahr kamen Schuberths gesammelte Essays, Polemiken, Satiren und Reden aus 20 Jahren als dreiteiliger „Schuberth-Schuber“ unter dem Titel „Rost und Säure“ heraus, ebenso seine bissigen Aphorismen als „Neues Wörterbuch des Teufels“, bei dem Ambrose Bierce Pate stand. Sie sind ein umfassendes Kompendium zur Topografie der geistigen, moralischen und politischen Verfasstheit der Gegenwart - und ein Schlag gegen den sich aufblasenden Konformismus.

„Als Essayist, Kritiker und Polemiker behauptet sich Schuberth konsequent gegen den intellektuellen Konformismus, der über die bekannten Dinge die bekannten Meinungen hat. Damit nicht genug, weiß er, was er zu sagen hat, auch noch scharf und elegant zu formulieren“, attestiert ihm Essayistenkollege Karl-Markus Gauß.

Drehbücher, Songs und Cartoons

Auf unterschiedlichen Ebenen ist Schuberth mit der Weltmusik- und Jazzszene verbunden: als Autor eines Lexikons zur irischen, schottischen und englischen World Music („CrossRoots“, 2002), Musikjournalist, langjähriger Organisator des Festivals „Balkan Fever“, DJ und Songwriter.

Gleich dreimal - als Einziger in der Geschichte des Wettbewerbs - gewann er den Carl-Mayer-Drehbuchpreis (Diagonale Graz). Schuberths einziges Drehbuch allerdings, das je verfilmt wurde („Aquanitis“, 2006), ist auch das einzige, das keinen Preis gewann. Daneben zeichnet und collagiert er regelmäßig Cartoons, die das zeitgenössische Bewusstsein genauso rigoros entlarven wie seine Texte.

Fünf satirische Lesedramen

Schuberths fünf satirische Dramen, die alle einen Verleger fanden, verstehen sich zuerst als Lesedramen und sind damit heute eine seltene Ausnahme. Uraufgeführt wurden bisher „Freitag in Sarajevo“ 2004 in Tuzla/Bosnien und „Wie Branka sich nach oben putzte“ 2013 im Wiener 3raumAnatomietheater. Die Premiere von „Wartet nur, bis Captain Flint kommt“ steht heuer im April in Sofia bevor.

Wie die genannten kamen auch die „Trommeln vom anderen Ende des großen Flusses“ und „Frontex“ zunächst als szenisch-musikalische Lesungen zur Aufführung, bei denen Schuberth gemeinsam mit heimischen Musikern selbst auf der Bühne stand und den eigenen Texten eine mimische Intensität verlieh, die ihn mit seinen „geistigen Vätern“ Johann Nestroy und Karl Kraus verbindet.

Zeitdiagnose und Schabernack

Mit „Chronik einer fröhlichen Verschwörung“ legt Schuberth nun seinen ersten Roman vor - die literarisch listige Verbindung eines mit Sex & Crime gespickten Plots mit gesellschaftskritischer Essayistik, die zusammen eine gewitzte Didaktik einer Einübung in die Ahndung und Ächtung intellektueller Korruption ergeben.

Auffallend an Schuberths Werken ist der Einklang von Analyse, Sprachfantasie und Witz. „Da werden keine Locken auf einer Glatze gedreht, sondern kluge, manchmal kontroverse Gedanken in eine sprachliche Form gebracht, die Literatur (...) erst zu Literatur macht“, so Thomas Rothschild in der „Presse“.

Kritische Theorie der Frankfurter Schule arrangieren sich mit dem frechen Humor der „Simpsons“, schlagfertige Zeitdiagnose mit furchtlosem Schabernack. Das hat nach Jahrzehnten forcierter Tabubrüche und eines grantigen Nihilismus etwas Erfrischendes. Eine gewisse institutionelle Unverbrauchtheit qualifiziert Schuberth, der aus seiner politischen Gesinnung keinen Hehl macht, aber nie Gesinnungstexte schreibt, zu einem Autor und Korrektiv einer „linken Wende“, zumindest könnte er dieser eine Alternative zu Phrase, Langeweile und Moralismus weisen.

Armin Sattler, ORF.at

Link: