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„Geste der Verbundenheit“

Nach jahrelangen Kontroversen mit der ungarischen Regierung steht die Erste Group nun vor einem ungewöhnlichen Schritt: Das Institut holt sich einem Bericht der ungarischen Internetpublikation Portfolio.hu zufolge den Staat und die Entwicklungsbank EBRD als Partner an Bord.

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Über eine Kapitalerhöhung bei der seit Jahren defizitären Bank berichtete das Blatt am Montag. Der Einstieg des ungarischen Staats und der EBRD, die sich laut einem ungarischen Medienbericht via Kapitalerhöhung mit je 15 Prozent an dem Institut beteiligen sollen, sei ein „Angebot“ bzw. eine „symbolische Geste unserer Verbundenheit mit der ungarischen Wirtschaft“, sagte Erste-Bank-Sprecher Michael Mauritz gegenüber der APA.

Für den Nachmittag sei eine Pressekonferenz der ungarischen Regierung und der EBRD geplant. Dort solle „eine Vereinbarung den Bankensektor betreffend“ angekündigt werden. An der Pressekonferenz sollen der ungarische Premierminister Viktor Orban, Erste-Group-Chef Andreas Treichl sowie EBRD-Präsident Suma Chakrabarti teilnehmen. Die EBRD und ein Regierungssprecher in Ungarn wollten sich dazu nicht äußern.

Abkommen über neue Kreditvergaben

Der Einstieg des ungarischen Staats und der Entwicklungsbank EBRD bei der Ungarn-Tochter der Erste Group geht mit einem Abkommen über neue Kreditvergaben einher. Außerdem soll die Bankensteuer in dem Land gesenkt werden. „Wir ziehen uns nicht aus Ungarn zurück“, sagte Mauritz am Montag. Vielmehr werde man noch einmal ein Kreditprogramm für Privatpersonen und Unternehmen in Höhe von 0,5 Mrd. Euro auflegen. Die Regierung von Orban und die EBRD hätten sich auf Standards geeinigt, „wie der ungarische Finanzsektor wieder europäischen Boden betreten kann“. Die Bankensteuer soll „deutlich“ gesenkt werden.

Seit Jahren Verluste

Die Erste Group schreibt - wie viele Konkurrenten auch - seit Jahren Verluste in Ungarn. Grund dafür sind neben den hohen Steuern wiederholte Zwangsmaßnahmen der dortigen Regierung: Sie verdonnerte die Banken dazu, massive Verluste aus dem Umtausch umstrittener Fremdwährungskredite zu schultern. Allein im dritten Quartal 2014 summierte sich das Minus der Erste Group auf 228 Millionen Euro.

Auch die Konkurrentin Raiffeisen Bank International hat bereits versucht, sich von ihrer Ungarn-Tochter zu trennen - bisher aber ohne Erfolg. Erst jüngst waren Spekulationen hochgekocht, Raiffeisen könnte ihre Ungarn-Tochter an die Erste Group verkaufen. Beide Institute wiesen das jedoch zurück. Ob Raiffeisen mit anderen Interessenten über einen Verkauf der Ungarn-Tochter verhandle, wollte die Bank nicht kommentieren. Sie will am Montagabend Details ihres angekündigten Schrumpfkurses in Osteuropa präsentieren.

Startpunkt für Ostexpansion

Die österreichischen Banken sind seit Jahrzehnten in Ungarn vertreten. Für viele Institute war es der erste Auslandsmarkt im Osten, den sie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erschlossen haben. Ungarns Premier Orban will den Einfluss der ausländischen Kreditgeber jedoch zurückdrängen und einen möglichst großen Teil des Bankensektors wieder in ungarische Hände bringen. Zuletzt hatte der Staat auch die BayernLB-Tochter MKB übernommen.

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