Erster Sizilianer als italienischer Staatschef
Der Verfassungsrichter Sergio Mattarella rückt zum zwölften Präsidenten der italienischen Republik auf. Das Parlament in Rom wählte den 73-jährigen Sizilianer am Samstag im vierten Wahlgang mit absoluter Mehrheit zum Staatsoberhaupt. Zuvor war der Kandidat von Ministerpräsident Matteo Renzi in drei Wahlgängen gescheitert, in denen eine Zweidrittelmehrheit erforderlich gewesen wäre.
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Mattarella wurde mit 665 Stimmen gewählt - weit über das notwendige Quorum von 505 Stimmen hinaus. Seine Wahl gilt als Erfolg für Renzi, der den aus Palermo stammenden Mattarella zum offiziellen Kandidaten seiner Demokratischen Partei (PD) gemacht hatte. An zweiter Stelle war der Ex-Richter Ferdinando Imposimato, der von der oppositionellen Fünf-Sterne-Bewegung unterstützt wurde. Der ehemalige Mafia- und Terrorismusbekämpfer erhielt 127 Stimmen. Der Starjournalist Vittorio Feltri, Kandidat der oppositionellen Lega Nord, kam auf 46 Stimmen. Außerdem wurden 105 leere Stimmzettel abgegeben.
Niederlage für Berlusconi
Gegen Mattarellas Kandidatur hatte sich die oppositionelle Mitte-rechts-Partei Forza Italia (FI) um Ex-Premier Silvio Berlusconi vehement gestemmt. Mattarella gilt als politischer Widersacher des rechtskräftig verurteilten Fernsehunternehmers. Berlusconi hatte vergebens für einen gemeinsamen Kandidaten Druck auf Renzi gemacht, doch der Premier beschloss, ohne die Unterstützung der FI die Kandidatur Mattarellas im Parlament durchzubringen. Renzi schaffte es mit der Unterstützung der verbündeten Rechtspartei NDC und anderer Kleinparteien.
Die Abstimmungsberechtigten von Berlusconis FI wurden aufgerufen, auch im vierten Wahlgang leere Stimmzettel abzugeben. Einige von ihnen hielten sich jedoch bei der geheimen Abstimmung nicht an die Parteianweisungen und stimmten für Mattarella.
Napolitano zufrieden mit Nachfolgerwahl
Der neue Präsident tritt die Nachfolge von Giorgio Napolitano an. Der 89-Jährige hatte Mitte Jänner unter Verweis auf sein hohes Alter seinen Rücktritt als Staatspräsident erklärt. Napolitano begrüßte die Wahl Mattarellas. „Sergio Mattarella ist ein loyaler und korrekter Staatsdiener von großer Kompetenz“, sagte Napolitano, der seit 2006 im Amt war.
„Gute Arbeit, Präsident Mattarella. Es lebe Italien“, schrieb Renzi nach der Wahl auf Twitter. Im Parlament wurde das neue Staatsoberhaupt mit einem langen Applaus begrüßt. Auch der Papst gratulierte Mattarella in einem Telegramm zur Wahl. Erwartet wird nun, dass Mattarella am Montag oder Dienstag den Amtseid ablegt und seine Ansprache vor dem Parlament hält.
EU-Spitzen gratulieren Mattarella
EU-Ratspräsident Donald Tusk gratulierte Mattarella zur Wahl. „Italien hat einen hoch respektierten und erfahrenen Politiker als Staatsoberhaupt gewählt“, teilte er am Samstag in Brüssel mit. „Seine Überzeugung und sein Gerechtigkeitssinn werden Italien helfen, weiterhin eine Führungsrolle in Europa zu übernehmen.“ Tusk würdigte zudem den Beitrag von Mattarellas Vorgänger Napolitano zur „politischen Stabilität“ des Landes.
Auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker lobte Mattarella als erfahrenen Politiker. Er freue sich auf die Zusammenarbeit. Die Förderung von nachhaltigen Arbeitsplätzen und Wachstum, soziale Gerechtigkeit und verantwortliche Haushaltspolitik seien „gemeinsame Herausforderungen“.
Der Staatspräsident ist in Italien in erster Linie der Garant der Verfassung. Laut dem Grundgesetz nimmt er vorwiegend repräsentative Funktionen wahr, beteiligt sich an der Regierungsbildung und ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Eine entscheidende Rolle kommt ihm allerdings bei der Bewältigung von Regierungskrisen zu. Seine wichtigste Befugnis ist die Auflösung des Parlaments - er kann eine der Kammern oder beide auflösen.
Amt gewann zunehmend an Gewicht
In den vergangenen Jahren hat das Amt des Präsidenten zunehmend an Gewicht gewonnen. Napolitano war eine zentrale Figur in der italienischen Politik und hatte in Krisenzeiten zwischen den zerstrittenen Parteien vermittelt. Er spielte seit seinem Amtsantritt im Mai 2006 immer mehr die Rolle eines Krisenmanagers. Eigentlich wollte Napolitano schon im April 2013 das Amt abgeben - doch nachdem zwei Kandidaten bei einer chaotischen Wahl gescheitert waren, ließ er sich zu einer weiteren Amtszeit überreden.
An der Wahl des Staatschefs nahmen in Rom insgesamt 1.009 Wahlmänner und -frauen teil - 630 Abgeordnete und 321 Senatoren (darunter sechs Senatoren auf Lebenszeit) sowie 58 Delegierte aus den 20 italienischen Regionen. Die Präsidentenwahl erfolgte in geheimer Abstimmung. Die Kandidaten werden von den Parteien vorgeschlagen. Gewählt wird der Präsident für ein siebenjähriges Mandat.
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