Einfach und billig herzustellen
Nach dem Schrecken des Ersten Weltkriegs sind in der Genfer Konvention von 1925 Chemiewaffen explizit geächtet worden. Rund 100.000 Soldaten starben auf dem Schlachtfeld qualvoll durch Giftgas, unzählige an den Spätfolgen, 1,2 Mio. Menschen wurden dadurch verletzt. Chemiewaffen verbot man schon durch die Haager Konvention 1907. Allerdings wurden sie bis in die jüngste Gegenwart weiter verwendet.
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So setzten ägyptische Truppen in den 1960er Jahren C-Waffen im Jemen ein. Die USA vernichteten mit Entlaubungsmitteln riesige Waldflächen während des Vietnamkrieges, unzählige Zivilisten wurden dadurch vergiftet. Libyen operierte im Tschad mit Giftgas, die Sowjets in Afghanistan. In den 1980er Jahren setzte Bagdad Chemiewaffen massiv gegen Kurden ein, ebenso gegen die iranische Armee. Zuletzt soll auch im syrischen Bürgerkrieg Giftgas zum Einsatz gekommen sein.
Im 19. Jahrhundert entwickelt
Die frühen, schon im 19. Jahrhundert entwickelten Chemiewaffen waren und sind relativ einfach herzustellen. Sie bestehen oft aus zwei wenig giftigen Komponenten, die erst bei einer Explosion zu einer tödlichen Substanz verschmelzen. Versetzt man etwa die schwefelhaltige Verbindung Thiodiglycol mit Salzsäure, dann entsteht gefährliches Senfgas - eingesetzt etwa 1988 beim Massaker von Halabdscha an irakischen Kurden durch Saddam Hussein und auch bei kolportierten Einsätzen durch die Armee von Syriens Machthaber Baschar al-Assad.

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Deutsche Soldaten bereiten 1916 Gaswerfer für einen Angriff vor
Als beim ersten Senfgaseinsatz im Juli 1917 bei Ypern in Belgien deutsche Giftgasgranaten in britische Stellungen einschlugen, legten die Soldaten - da sie das Gift weder riechen noch spüren konnten - keinerlei Schutz an. Die Wirkung war fatal: Das Senfgas verätzte Schleimhäute und Lungen, die Augen der Opfer begannen nach einiger Zeit zu schwellen und zu eitern - der Tod trat meist nach kolikartigen Anfällen ein. Soldaten, deren Uniformen mit Senfgas nur in Berührung gekommen waren, erkrankten oder starben durch giftige Ausdünstungen.
Ätzgifte, Erstickungsgase, Nervengifte
Während Senfgas zu den sogenannten Ätzgiften zählt, gibt es eine weitere Klasse dieser tödlichen Substanzen: die Erstickungsgase. Zu ihnen gehört die süßlich-faulig riechende Chlorkohlenmonoxidverbindung Phosgen, der ein Großteil der Gastoten des Ersten Weltkrieges zum Opfer gefallen sind.

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Britische Soldaten mit Gasmasken 1916 während der Schlacht an der Somme
Zu den „moderneren“ Kampfstoffen zählen die seit den 1930er Jahren entwickelten Nervengase wie Sarin, Tabun, Soman und VX. Ihre tödliche Wirkung beruht auf der Unterbindung der Übertragung von Nervenimpulsen durch Ausschaltung des Enzyms Cholinesterase. Sie verursachen innerhalb von wenigen Minuten Tod durch Atemstillstand. Die auch gegen den Iran und die Kurden eingesetzten Nervengifte können aus phosphorhaltigen Pestiziden hergestellt werden, schon ein Milligramm wirkt tödlich.
In Syrien könnte zudem das Nervengift Sarin zum Einsatz gekommen sein. Es wurde 1939 von deutschen Chemikern für das Unternehmen IG-Farben entwickelt, das auch das Blausäuregaskonzentrat Zyklon-B für die Gaskammern der Nazi-Vernichtungslager produzierte. Bereits geringste Mengen des farb- und geruchlosen Sarins wirken tödlich. Entsprechende Masken und Anzüge bieten oft nur unzulänglichen Schutz vor Giftgasen. Lediglich eine rasche Injektion mit Atropin kann den Tod verhindern.
Paul Zabloudil, APA
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