Gläubiger wollen Pflöcke einschlagen
Griechenland muss laut EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeure auch nach dem Regierungswechsel bestehende Vereinbarungen respektieren. „Griechenland muss sich weiter an die Spielregeln halten: Wir sind eine Zweckgemeinschaft“, sagte Coeure im Interview mit dem italienischen „Corriere della Sera“, das am Donnerstag auf der Website der EZB veröffentlicht wurde.
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Zwar müsse Europa den demokratischen Wandel in Athen akzeptieren, „selbst wenn er auf einer Politik beruht, die sich von der vorangegangenen unterscheidet“, so Coeure. Das könne aber nicht bedeuten, dass die EZB Griechenland die Bedienung aufgekaufter Staatsanleihen stunde. Das sei unmöglich, so der EZB-Direktor: „Das wäre, wie dem Land ein Darlehen zu gewähren, und das verbieten die Verträge.“ Wenn Griechenland verhandeln wolle, müsse es das mit anderen Kreditgebern tun, deutete Coeure an.
Auch Deutschland zeigt Härte
Die griechischen Staatsschulden setzten sich aus mehreren Komponenten zusammen, so der EZB-Direktor. Über Kredite, die die europäischen Länder Athen gewährt haben, könne die EZB nicht entscheiden. Fraglich ist aber, ob die anderen Gläubiger geduldiger sind als die EZB. In Deutschland, das etwa für griechische Kredite im Ausmaß von 50 Milliarden Euro haftet, signalisierte der deutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag genauso wenig Lust auf Entgegenkommen wie Coeure.

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Benoit Coeure
Die neu gewählte Regierung habe das Recht, „ihren Kurs neu zu bestimmen“, so Gabriel in einer Regierungserklärung im deutschen Bundestag. „Allerdings gilt auch, dass natürlich auch alle anderen Bürger Europas erwarten können, dass Veränderungen in der griechischen Politik nicht zu ihren Lasten vorgenommen werden.“ Nicht die Troika und Europa seien an den Problemen in Griechenland schuld, sondern das Land selbst mit jahrelanger „Korruption, persönlicher Bereicherung und Vorteilsnahme“.
„Konsequenzen nicht auf andere abwälzen“
Was immer die neue Regierung an mit der EU und der Troika vereinbarten Maßnahmen, Programmen und Reformen verändern wolle, „sie muss die Konsequenzen dieser Änderungen im eigenen Land bewältigen und darf sie nicht auf die Bürgerinnen und Bürger anderer Länder abwälzen“, sagte Gabriel. „Europa lebt von Berechenbarkeit, Kooperationsbereitschaft, allerdings auch von gegenseitiger Fairness“, sagte er.
Der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras (SYRIZA) hatte einen „radikalen“ Wandel angekündigt und einen Schuldenschnitt gefordert. Entlassene Beamte sollen wieder eingestellt sowie Mindestpensionen und Mindestlöhne wieder aufgestockt werden. Die Privatisierung des Hafens von Piräus und des Energieversorgers PPC wurde bereits gestoppt. Auf diese und weitere Ankündigungen über Privatisierungsstopps reagierte die griechische Börse am Mittwoch allerdings mit einem Absturz, mit dem Tsipras’ Regierung offenbar nicht gerechnet hatte.
Vizeregierungschef verweist auf Unerfahrenheit
Bankaktien verloren am Mittwoch bis zu 30 Prozent ihres Wertes, der Zinssatz für langjährige Staatsanleihen stieg auf über zehn Prozent. Die Renditen signalisieren den faktischen Preis, den Staaten für neue Schulden auf dem Kapitalmarkt zahlen müssen - über sieben Prozent gelten sie als längerfristig nicht mehr tragbar. Noch am Mittwochabend bemühte sich Vizeregierungschef Giannis Dragasakis um Schadensbegrenzung: Griechenland wünsche sich Investitionen und werde bald eine Liste mit entsprechenden Optionen präsentieren.
Dragasakis ist in der Koalition für die Finanz- und Wirtschaftspolitik zuständig. Auf Reporterfragen, wie es zu den Aussagen der Minister über einen völligen Privatisierungsstopp kam, sagte Dragasakis, diese seien junge Ressortchefs. Dafür müsse man Verständnis haben. Die zuständigen Minister stünden allen Interessenten zur Verfügung, um sie über Investitionsmöglichkeiten in Griechenland zu informieren, so Dragasakis weiter. China droht jedoch bereits damit, vorhandene Gelder abzuziehen.
Peking gibt Tsipras einen „Rat“
Tsipras’ Entscheidung über den Privatisierungsstopp für den Hafen von Piräus „beunruhigt uns sehr“, sagte ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums am Donnerstag. „Wir raten der griechischen Regierung, die Rechte und berechtigten Interessen von chinesischen Firmen in Griechenland zu achten.“ Der chinesische Konzern COSCO wollte 67 Prozent der Hafengesellschaft von Piräus kaufen. Schon jetzt kontrolliert COSCO den Güterumschlag des Hafens. Das müsse jedoch nicht so bleiben, gab der Ministeriumssprecher zu verstehen.
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