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Verträumte Lässigkeit

Im Norden braucht man Feuer, da ist es kalt. Und viel Feuer haben die zahlreichen jungen Bands, die in den letzten Jahren nördlich von Hamburg, von Island bis Finnland, aufgrund der umfangreichen Förderungen für Musik entstanden sind. Eine kleine Auswahl ist am Freitagabend im Wiener WUK beim „JaJaJa“-Festival zu sehen.

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Eine dieser Bands, die von den öffentlichen Strukturen massiv profitiert hat und gerade dabei ist, sich einen Namen weit über die Grenzen ihres Heimatlandes Island hinaus zu machen, ist Vök. Die Band gäbe es ohne diese Strukturen gar nicht. Angefangen hat alles mit einer Blödelei - wie es denn wäre, bei einem der vielen geförderten Bandwettbewerbe mitzumachen. Die ersten Songs entstanden 2013 als Vorbereitung auf ein solches Event. Das Wort Vök bezeichnet übrigens ein natürlich entstandenes Loch im Eis des Meeres.

Das Trio rund um Sängerin Margret Ran Magnusdottir bekommt seit seiner Gründung euphorische Kritiken, wo immer es auftritt - ob in Seattle oder zu Hause in Island. Eine kurze, aber hymnische Rezension brachte ihnen auch ihre erste EP „Tension“ in der „New York Times“ („NYT“) ein. Als musikalische Wurzeln nennen Vök Massive Attack, Portishead und Air. Als Genre wird in Berichten immer wieder Dreampop genannt - auch wenn das nicht wirklich passt. Man muss sich das als sehr isländische Variante vorstellen beziehungsweise als das, was man dem Klischee nach Island zuordnen würde: Dunkel und eisig - eisig im Sinn von cool, im Sinne von messerscharf -, denn so wirkt der Gesang von Magnusdottir.

Isländische Band VÖK während eines Auftritts

Iceland Airwaves/VÖK/C siggi

Vök bei ihrem Auftritt beim Iceland-Airwaves-Festival

Verstärker in Sachen Publicity

In Island traten Vök bereits zweimal beim Iceland-Airwaves-Festival auf, was die Einladungen ins Ausland erklärt. Seit 1999 hat das Festival sich auf die Fahnen geschrieben, neue Künstler aus Island und darüber hinaus vorzustellen und zu fördern. Dort traten - viele noch vor ihrem Durchbruch - Bands wie Zoot Woman, Kaiser Chiefs, Bloc Party, Ratatat, The Kills und TV on the Radio auf. Mittlerweile sind jedes Mal auch gut 1.000 Musikjournalisten und Produzenten an Ort und Stelle, um Talente zu entdecken.

Ein ähnliches Festival ist das Eurosonic Noorderslag im niederländischen Groningen - auch dort tummelt sich die Branche, auch dort traten Vök auf. Die Bandmitglieder posteten auf Facebook: „Eurosonic Noorderslag haben wir geschafft, jetzt freuen wir uns schon auf unseren nächsten Besuch auf dem europäischen Festland. Dieses Mal geht es nach Frankreich und Österreich!“ Und auch hier ist man Teil eines größeren Plans, Musik aus dem Norden auf ihrem Weg in die Welt zu unterstützen.

Der große Plan

Denn am Freitag erhalten fünf Künstler aus dem skandinavischen Raum im Rahmen des „JaJaJa“-Festivals im WUK Gelegenheit, sich dem Wiener Publikum zu präsentieren. Für Anna Hildur Hildibrandsdottir vom Nordic Music Export ein logischer Schritt nach der „Spot on Denmark“-Reihe in den vergangenen Jahren. „Wir wollen das weiter ausbauen.“

Hildibrandsdottir ist Programmdirektorin der gemeinsamen Musikinitiative von Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland und Island. „Alle fünf Länder hatten bereits seit längerer Zeit Exportbüros, und es gab auch immer wieder informelle Treffen. Aber 2008 entstand schließlich die Idee, sich zusammenzuschließen, um strategischer arbeiten zu können“, so Hildibrandsdottir. Finanziert werden die Tätigkeiten zum Teil von der öffentlichen Hand sowie den Exportbüros und einzelnen Projektteilnehmern.

Netzwerken und Party feiern

„Das ‚JaJaJa‘-Festival basiert auf einer Clubnacht, die 2009 in London das erste Mal stattfand. Mittlerweile gibt es einen Ableger in Berlin, und nun ist Wien die dritte Station“, erläutert Hildibrandsdottir die Expansion der Konzertreihe. „Unser Hauptziel ist es, aufstrebende Künstler der nordischen Region den Menschen in diesen drei Ländern vorzustellen. Aber natürlich sollen die Musiker dabei auch Kontakte knüpfen.“

In Wien wird das neben Vök etwa die junge Schwedin Adna sein, die nach der Absage von Elliphant einspringt und im Frühjahr ihr Debüt „Run, Lucifer“ veröffentlichen wird: Ihr entschleunigter Pop, der zwischen elektronischen Spielereien und akustischem Folk wandelt, kann dank dichter Atmosphäre und einer großen Stimme auch im reduzierten Klangumfeld bestehen. Die Norwegerin Ellen A. W. Sunde fühlt sich als Sea Change wiederum eher in synthetischen Gefilden zu Hause, und der Däne Patrick Alexander Bech-Madsen lässt mit seinem Projekt Sekuoia knusprige Beats auf gefühlvolle Kopfhörersounds treffen. Komplettiert wird das Line-up von Noah Kin aus Finnland.

Nachschub für die Festivalbühnen

„Die nordische Musikszene ist derzeit sehr dynamisch und floriert wirklich. Das hat seinen Grund wohl in einer Vielzahl von Umständen: Einerseits gibt es etliche, höchst erfolgreiche Vorbilder für junge Musiker, andererseits ist die Infrastruktur was Labels, Songwriter und Produktionshäuser betrifft, gut ausgebaut“, versucht Hildibrandsdottir den Erfolg skandinavischer Popmusik zu erklären. „Die Elektronikszene ist derzeit enorm stark. Allerdings haben wir das Glück, auf eine große Bandbreite an Stilen und Genres zurückgreifen zu können.“ Für Nachschub bei künftigen Festivalausgaben sollte also gesorgt sein.

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