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2.500 Polizisten im Einsatz

Mit der Erinnerung an die gewalttätigen Ausschreitungen im vergangenen Jahr sorgt der rechte Akademikerball, der frühere Ball des Wiener Korporationsrings (WKR), am Freitagabend in der Hofburg schon seit Tagen für Aufregung und Nervosität. Die Polizei will auf Deeskalation setzen. Doch das Verbot der von NOWKR organisierten Demonstration gegen den Ball trug wenig zu einer Entspannung der Situation bei.

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20 Kundgebungen waren insgesamt angemeldet, sechs wurden verboten - darunter sind vier Standkundgebungen der FPÖ innerhalb der Sperrzone und zwei Demonstrationen von NOWKR. Das Bündnis NOWKR distanziere sich nicht von gewalttätigen Aktionen und rufe zu Gewalt auf, lautete der Vorwurf der Behörden. Man habe „mit einer größeren Menge an Gewaltbereiten zu rechnen“, sagte der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl in der ZIB2 dazu.

Wesentlich sei aber, dass mit allen beteiligten Seiten gesprochen worden und die „gesetzlichen Grenzen“ abgesteckt worden seien. Sollte dieser Dialog nichts nützen, werde konsequent eingegriffen. Da die NOWKR-Kundgebungen verboten seien, sei es „keine Frage“, dass diese im äußersten Fall aufgelöst werden. Prinzipiell setze die Polizei aber auf Dialog und Deeskalation. Ein explizites Vermummungsverbot in den inneren Bezirken wie im vergangenen Jahr wird es nicht geben. Auch die Sperrzone um die Hofburg ist heuer wesentlich kleiner - mehr dazu in wien.ORF.at.

Polizei gegen Bundesheereinsatz

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) stärkte dem im vergangenen Jahr stark in die Kritik geratenen Pürstl vor dem Ball demonstrativ den Rücken: „Der Polizeipräsident genießt mein vollstes Vertrauen.“ Die Polizei wird mit 2.500 Beamten im Einsatz sein. Pürstl rechnet mit mindestens 1,5 Millionen Euro Kosten. Ein von Ursula Stenzel (ÖVP), Bezirksvorsteherin von Wien-Innere Stadt, geforderter Bundesheereinsatz steht für Pürstl „nicht zur Debatte“. Auch für SPÖ-Verteidigungsminister Gerald Klug wäre ein Assistenzeinsatz des Bundesheeres ein „völlig falsches Signal“.

Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl

ORF

Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl bleibt bei dem Demoverbot

Auch die Beamten sollen diesmal zielgerichteter eingesetzt werden. Im Vorjahr waren insbesondere bei den Krawallen in der Innenstadt ortsunkundige oberösterreichische Beamte im Einsatz. Das heurige Konzept der Polizei ziele darauf ab, dass dort, wo Ortskenntnis erforderlich ist, auch jene Kräfte eingeteilt werden, die darüber verfügen, erläuterte Pürstl.

Die Exekutive rechnet heuer mit rund 6.000 Demonstranten. Es werden auch Teilnehmer aus dem Ausland erwartet. Das NOWKR-Bündnis bewirbt auf seiner Homepage organisierte Busreisen aus verschiedenen europäischen Städten, vor allem aus Deutschland, aber auch aus Italien, Tschechien, Slowenien und der Slowakei.

Polizei bringt Anzeige ein

Die Polizei brachte indes gegen das NOWKR-Bündnis eine Anzeige wegen Bildung einer kriminellen Organisation ein. Diese werde geprüft, so der Sprecher der Wiener Staatsanwaltschaft. Konkrete Tatverdächtige werden in der Anzeige gegen unbekannte Täter nicht genannt. Begründet wurde die Anzeige damit, dass NOWKR zu Gewalt aufgerufen habe - mehr dazu in wien.ORF.at.

NOWKR will trotzdem „auf die Straße gehen“

NOWKR will sich von dem Verbot nicht beeindrucken lassen und will trotzdem „auf die Straße gehen“. Die Argumentation, dass NOWKR zu Gewalt aufrufe, sei „vorgeschoben“. Die Polizei sei für die möglichen Folgen des Demoverbots mitverantwortlich. In einer Aussendung widersprach NOWKR auch der Darstellung der Polizei: „Weder im Vorfeld noch auf der Pressekonferenz hat es einen Aufruf zur Gewalt unserer Bündnisse gegeben.“ Die Organisatoren warnten zudem vor chaotischen Zuständen im Fall eines Verbots der Kundgebung: „Das ist keine Drohung, sondern gesunder Hausverstand, dass der Wegfall eines wichtigen Anlaufpunktes zu Unordnung führt (...)“, so die Präzisierung von NOWKR.

Karte der Sperrzone während des Akademikerballs

APA/ORF.at

Auch die Offensive gegen Rechts und die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) verurteilten das Demoverbot für NOWKR. Die Polizei schloss jedenfalls eine nachträgliche Genehmigung aus, wie der „Standard“ (Onlineausgabe) berichtete - selbst wenn sich die Veranstalter nun kurzfristig und einmalig distanzieren. „Sie haben über Wochen und Monate zu Militanz aufgerufen, und die Ausrichtung ist jetzt die gleiche wie damals“, sagte Polizeisprecher Johann Golob.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich erfreut über das Demoverbot. Er wird den Ball selbst besuchen. Strache hatte mit einem Nazi-Vergleich schon im Vorfeld für Wirbel gesorgt: „Am nächsten Freitag werden die Stiefeltruppen der SA (Sozialistische Antifa) wieder durch Wien marschieren“, schrieb er auf Facebook und spielte indirekt auf die Sturmabteilung der NSDAP an. Die SPÖ bezeichnete das als „Geschmacklosigkeit“.

Interner Zwist bei Grünen

Bei den Grünen sorgte der rechte Ball auch intern für Zwist. Während sich die Studentenfraktion GRAS über das Verbot der NOWKR-Demos empörte und sich mit „allen antifaschistischen Protesten“ gegen den Ball solidarisierte, ist die ältere Generation strikter. Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz etwa hatte schon zuvor an NOWKR appelliert, sich von Gewalt zu distanzieren. Auf Facebook wurde er noch deutlicher: „Wir gehen euch nicht in die die Soli-Falle. Haltet uns doch nicht für dumm. Das Verbot eurer Demo ist ebenso euer Ziel wie der Krawall. Es geht nicht um Antifaschismus, es geht euch nur um euch selbst.“

Schon im vergangenen Jahr hatte es rund um den Ball parteiinterne Unstimmigkeiten gegeben. Bundessprecherin Eva Glawischnig drohte damals den Jungen Grünen mit dem Rauswurf als Jugendorganisation, nachdem auf einer von ihnen unterhaltenen Website Gegner des Balls den Slogan „Unseren Hass, den könnt ihr haben!“ veröffentlicht hatten.

Grüner Aufruf zu Teilnahme an Demo

Bei gewalttätigen Ausschreitungen und Sachbeschädigungen im vergangenen Jahr gab es bei Polizei und Demonstranten Verletzte. 20 Menschen wurden festgenommen. Gegen einen der Kundgebungsteilnehmer aus Deutschland - Josef S. - wurde ein Prozess wegen Landfriedensbruch, versuchter schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung geführt. Heuer wird er nicht an den Demonstrationen teilnehmen - mehr dazu in fm4.ORF.at.

Allerdings gab es nun für die genehmigten Proteste einen dezidierten Aufruf von Glawischnig teilzunehmen. Gewaltfreie und friedliche Kundgebungen seien die einzig angemessene Protestform gegen den Burschenschafterball. „Mit der Veranstaltung ‚Jetzt Zeichen setzen‘ werden die Grünen gemeinsam mit Holocaust-Überlebenden ein friedliches, gewaltfreies Zeichen gegen den Burschenschafterball in der Hofburg am Freitag setzen“, so Glawischnig.

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