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Glückwünsche von Putin

Wladimir Putin war einer der ersten Staatschefs, der Alexis Tsipras zum Erdrutschsieg seines Linksbündnisses SYRIZA gratulierte. In einem Glückwunschtelegramm zeigte sich der russische Präsident zuversichtlich, dass Russland und Griechenland „bei der Lösung aktueller Probleme in Europa und der Welt effizient zusammenarbeiten werden“.

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Die Ukraine-Krise und die gegen Moskau verhängten Sanktionen sind ein solches Problem und führten postwendend zu einem Eklat zwischen Athen und der EU, die am Donnerstag neue Strafmaßnahmen beschließen will.

Am Tag nach seiner Vereidigung als neuer Regierungschef meldete sich Tsipras mit deutlichem Protest, nachdem die EU-Staats- und Regierungschefs in einer „gemeinsamen“ Erklärung Russland mit einer Verschärfung der Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts gedroht hatten. Sein Büro monierte, dass Griechenland vor der Veröffentlichung nicht konsultiert worden sei.

Schweigen heißt nicht Zustimmung

Aus Brüssel hieß es darauf, die übliche Verfahrensweise sei sehr wohl „respektiert“ worden. In solchen Fällen sei es üblich, das Schweigen eines Mitgliedsstaats - in diesem Fall offenbar das mitten im Regierungswechsel befindliche Griechenland - als Zustimmung zu werten. Diplomaten räumten aber am Mittwoch ein, dass sich der für die Veröffentlichung der Erklärung verantwortliche EU-Ratspräsident Donald Tusk „nicht sehr professionell“ verhalten habe. Einen Vorsatz wollte dem Polen, der als starker Russland-Kritiker bekannt ist, aber niemand unterstellen.

Dennoch weckte Tsipras’ Protest Befürchtungen, dass die Einigkeit der EU in der Sanktionsfrage auf dem Spiel stehen könnte - auch weil sein Linksbündnis SYRIZA in der Vergangenheit prorussische Positionen eingenommen hat. Ein Veto Griechenlands könnte weitere EU-Strafmaßnahmen gegen Moskau verhindern. Zudem steht die Verlängerung von bestehenden Sanktionen in den kommenden Monaten an, auch dafür ist ein einstimmiger Beschluss möglich - obgleich Enthaltungen möglich sind.

Tsipras gegen NATO-Osterweiterung

Tsipras hatte im Mai 2014 Moskau besucht und traf dort unter anderen den Vorsitzenden des Außenausschusses der Duma, Alexej Puschkow. Der Grieche hatte sich damals „gegen die weitere Expansion der NATO nach Osten und für eine konstruktive Politik der EU gegenüber der Ukraine und Russland“ ausgesprochen, wie es nach dem Treffen hieß. Tsipras wie Puschkow hätten zudem den „Neofaschismus“ der Regierung in Kiew angeprangert.

„Griechenland und Russland haben eine kulturelle Nähe und historische Verbindungen, etwa durch die orthodoxe Kirche“, sagt Daniela Schwarzer vom German Marshall Fund. „Darüber hinaus hat Russland sehr aktiv versucht, seinen Einfluss in Südosteuropa auszubauen, über Propaganda, Parteienfinanzierung und durch von Moskau bezahlte Organisationen.“

„Trotz der Rhetorik nicht viel Spielraum“?

Muss die EU also künftig mit Putin-Freunden in Athen leben? Jan Techau vom Institut Carnegie Europe hält es für möglich, dass die neue Regierung einen prorussischeren Kurs fährt. Ein Veto gegen EU-Sanktionen sei aber nur vorstellbar, „wenn die Regierung zum Teufel geht oder isoliert ist“. Wegen seiner großen Finanzprobleme brauche Athen aber die EU-Partner und habe „trotz der Rhetorik nicht viel Spielraum“.

„Die außenpolitischen Positionen von SYRIZA sind mit der Zeit weicher geworden“, sagt auch Schwarzer. Das gelte für den geforderten Austritt aus der NATO, aber auch für prorussische Positionen. Für Tsipras hätten die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt Priorität.

Sorge um die Einigkeit der EU

Eine wichtige Rolle wird der neue Außenminister Nikos Kotzias spielen, der am Donnerstag nach Brüssel kommt. Der parteilose Politikprofessor sei „sehr realistisch“, sagt ein Brüsseler Diplomat, der ihn gut kennt. Und „mit Nuancen“ sei die „Linie von SYRIZA zu Russland nicht so grundlegend anders“ als unter der konservativen Vorgängerregierung von Antonis Samaras.

Die Spannung in Brüssel blieb vor dem Außenministertreffen dennoch greifbar. Am Donnerstag „kommt es zum Schwur“, sagte ein Diplomat. „Dann werden wir sehen, wie es mit der Einigkeit der EU in der Sanktionsfrage steht.“

Martin Trauth/AFP

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