Abspaltung von Konservativen
Nach seinem Sieg bei der Parlamentswahl ist das Linksbündnis SYRIZA auf einen Koalitionspartner angewiesen. Dem Bündnis der Radikalen Linken fehlen mit 149 der 300 Sitze im Parlament zwei Mandate zur absoluten Mehrheit. Es tut sich nun mit den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (ANEL) zusammen, die im neuen Parlament auf 13 Sitze kommen.
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Zusammen kommt das Bündnis auf elf Sitze mehr als für die absolute Mehrheit erforderlich. Beide Parteien hatten sich im Wahlkampf klar gegen die Sparprogramme für das hoch verschuldete Euro-Krisenland ausgesprochen. Übereinstimmung herrschte gegenüber den Geldgebern aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF): Griechenland brauche einen klaren Schuldenschnitt.
„Besetztes“ Land „befreien“
ANEL ist eine Abspaltung der konservativen bisherigen Regierungspartei Nea Dimokratia (ND). Parteichef ist der 49 Jahre alte Panos Kammenos. Die Parteiführung der Unabhängigen Griechen sieht das Land von den Geldgebern „besetzt“. Daher müsse Griechenland „befreit“ werden - und dürfe keine Schulden zurückzahlen. Im Wahlkampf schlugen ANEL nationalistische Töne an und forderte unter anderem, Migranten auszuweisen, die sich illegal im Land aufhalten. SYRIZA hatte sich dagegen deutlich für mehr Zuwanderung ausgesprochen.
Für harte Linie gegenüber Ankara
Außenpolitisch setzten die Rechtspopulisten auf weitere Konfrontationen: Gegenüber der Türkei solle Griechenland im Streit um Hoheitsrechte in der Ägäis eine harte Linie verfolgen. Auch im Namensstreit mit dem Nachbarland Mazedonien dürfe Athen nicht nachgeben. Da ANEL die nordgriechische Provinz Mazedonien als einzig legitimen Träger dieses Namens betrachtet, müsse sich der Nachbarstaat umbenennen. Parteichef Kammenos hat sich in der Vergangenheit zudem im Gegensatz zu SYRIZA-Chef Alexis Tsipras sehr religiös und der orthodoxen Kirche verbunden gezeigt.
Scheitern unwahrscheinlich
Ein Scheitern der Regierung ist übrigens unwahrscheinlich: Das alte Parlament war aufgelöst worden, weil es sich nicht auf einen neuen Präsidenten einigen konnte. Sollte das auch dem neuen Parlament nicht gelingen, käme es zu zwei weiteren Wahlrunden. Für die Wahl eines Nachfolgers für Staatschef Karolus Papoulias ist im dritten Wahlgang eine einfache Mehrheit ausreichend.
SYRIZA und ANEL verfügen zusammen über 162 der 300 Mandate. Das sind mehr als genug, um schon im zweiten Wahlgang die erforderlichen 151 Stimmen zusammenzubekommen. Die erste Runde könnte am 7. Februar stattfinden, die weiteren Runden müssen im Abstand von fünf Tagen abgehalten werden.
Ein Regierungsprogramm ist bisher nicht bekannt - klar ist aber, dass die Neuverhandlung der Reformauflagen und weitere internationale Hilfen im Zentrum stehen werden. Der Abschluss des Rettungsprogramms war im Dezember ja um zwei Monate auf den 28. Februar verschoben worden. Der IWF machte bereits klar, dass erst weiterverhandelt wird, wenn eine neue Regierung im Amt ist. Danach müsste es schnell gehen, um die Voraussetzungen für die ausstehende Kredittranche zu schaffen und ein mögliches Anschlussprogramm zu verhandeln.
Mögliche Kompromisse
Am 12. Februar steht der nächste EU-Gipfel auf dem Programm. Dann könnte der neue griechische Ministerpräsident die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und die anderen Staats- und Regierungschefs mit seiner Forderung nach einem Schuldenschnitt konfrontieren. Vor allem Berlin lehnt einen Schuldenerlass strikt ab. Experten halten es aber für möglich, dass die Euro-Länder die Zinsen für ihre Notkredite weiter senken und die Laufzeiten verlängern. Auch eine Verlängerung des auslaufenden Kreditprogramms hat Berlin in Aussicht gestellt - aber nur im Gegenzug für die Verpflichtung auf weitere Reformen.
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