Aufschlussreiche Personalentscheidungen
Nach dem Tod des saudischen Königs Abdullah hat sein Halbbruder Salman die Herrschaft in dem konservativen Königreich übernommen. Salman wandte sich bereits am Freitag in einer TV-Ansprache an die Bevölkerung - und setzte Fakten.
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„Wir werden damit fortfahren, an der bisherigen korrekten Politik festzuhalten, der Saudi-Arabien seit seiner Gründung gefolgt ist“, sagte Salman - nur um im selben Atemzug zentrale Personalentscheidungen Abdullahs rückgängig zu machen: So wurde der bisherige Verteidigungsminister und Vorsitzende des königlichen Hofes, Chalid bin Abdel Asis al-Tuwaidschri, aller Ämter entbunden. Die Aufgaben übernimmt ab sofort Salmans Sohn Mohammed bin Salman.
„Richelieu Saudi-Arabiens“ entmachtet
Tuwaidschri war bisher einer der mächtigsten Männer im Staat. Neben der Verteidigungspolitik spielte der Sohn von Abdullahs früher engstem Vertrauten auch innenpolitisch eine führende Rolle. Dem etwa von der Huffington Post als „Richelieu Saudi-Arabiens“ bezeichneten Minister wurden selbst Ambitionen auf die - inoffizielle - Führung des Landes nachgesagt. Dabei verhinderte er auch die Bestellung von Salmans Sohn zum Kronprinzen. Das könnte ihm jetzt zum Verhängnis geworden sein.

AP/Saudi Press Agency
König Salman bei seiner TV-Ansprache
Gemäß der Anordnung, die noch von Abdullah kam, ist jetzt der 69 Jahre alte Prinz Mukrin, der jüngste Sohn von Staatsgründer Abdel Asis, neuer Kronprinz und damit designierter Nachfolger von Salman. Zum stellvertretenden Kronprinzen ernannte der Königshof aber Prinz Mohammed bin Naif. Der 55-Jährige wäre im Falle einer Machtübernahme der erste Vertreter von Abdel Asis’ Enkelgeneration, der auf den Thron käme. Weiterhin soll Mohammed bin Naif zudem Innenminister bleiben.
TV-Rede nährt Gerüchte über Salmans Gesundheit
Salmans TV-Ansprache nährte zudem Zweifel an seinem Gesundheitszustand. Der neue Regent sprach kurzatmig und mit schwacher Stimme. Dabei war er nur schwer zu verstehen. Seit Jahren sind Gerüchte in Umlauf, er leide unter Demenz. Salman soll seinen Treueschwur nach dem Freitagsgebet in der Hauptstadt Riad ablegen. Abdullah war nach langer Krankheit im Alter von etwa 91 Jahren gestorben. Er soll nach dem Mittagsgebet in der Turk-bin-Abdullah-Moschee in Riad beigesetzt werden.
Salman war von seinem jetzt verstorbenen Halbbruder Abdullah 2012 zum Kronprinzen ernannt worden. Der neue König war zudem bisher stellvertretender Regierungschef und Verteidigungsminister. Er verfügt über viel Regierungserfahrung, da er rund 50 Jahre lang Gouverneur der wichtigen Provinz Riad war. In seiner Amtszeit wuchs die Hauptstadt von 300.000 Einwohnern auf fast sieben Millionen. Von Salman heißt es, er vertrete eine ähnliche Weltanschauung wie sein Vorgänger. So soll er in dem konservativen Königreich in Grenzen zu Reformen bereit sein.
Alle Hoffnungen ruhen auf neuem Vizekronprinz
Die Enthüllungsplattform WikiLeaks verbreitete 2007 eine Einschätzung der US-Botschaft in Riad. Darin wurde Salman mit den Worten zitiert, Tempo und Ausmaß von Reformen hingen von sozialen und kulturellen Faktoren ab. Veränderungen müssten feinfühlig und zur richtigen Zeit umgesetzt werden. Die Frage ist, ob Salman dazu die Macht und Kraft haben wird. Seine Entscheidung, den für saudische Verhältnisse jungen Prinzen Mohammed als Vizekronprinz einzusetzen, kommt damit möglicherweise zentrale Bedeutung zu.
Bin Naif gilt als kompromissloser Gegner des radikalislamischen Terrors. Die Terrorgruppe Al-Kaida bezeichnete ihn einst als ihren „größten Feind“ und verübte 2009 ein Attentat auf ihn, das er nur knapp überlebte. Er studierte Politikwissenschaft in den USA, umgibt sich aber mit einem Kreis äußerst konservativer Berater. Manche Beobachter glauben, dass er damit nur derzeitigen Notwendigkeiten gehorcht und einmal der ersehnte Reformer des Landes - und der ganzen Region - werden könnte.
Thronwechsel in heikler Phase
Der jetzige Thronwechsel kommt in einer für Saudi-Arabien schwierigen Zeit. Der Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak bis an die Grenzen des Königreichs und der Staatszerfall im benachbarten Jemen haben das Herrscherhaus alarmiert. Saudi-Arabien ist immer wieder selbst Ziel von Terroranschlägen. Der niedrige Ölpreis sowie wachsende Kritik an der Menschenrechtslage in Saudi-Arabien kommen als weitere Probleme dazu.
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