Acht Parteien mit realistischen Chancen
Wenn die Griechen am Sonntag ein neues Parlament wählen, blickt die gesamte Euro-Zone auf das Mittelmeer-Land mit gerade einmal elf Millionen Einwohnern. Der Ausgang des Urnengangs ist nicht nur wegen des zersplitterten Parteiensystems schwer vorherzusehen, sondern auch wegen des „verstärkten Verhältniswahlrechts“ in Griechenland.
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Konkurriert wird um 300 Sitze im Athener Parlament. Das Besondere: Die stärkste Partei bekommt als Bonus zu ihren regulär errungenen Mandaten einen Aufschlag von 50 Sitzen. Das soll für klare Verhältnisse sorgen. Theoretisch könnte eine einzige Stimme darüber entscheiden, wer den Zuschlag bekommt.
Klare Verhältnisse garantieren kann der Bonus allerdings auch nicht: Im Juni 2012 siegte die konservative Nea Dimokratia (ND) von Ministerpräsident Antonis Samaras. Obwohl sie nur 29,6 Prozent bekam, zog sie mit 129 Mandaten ins Parlament ein. Die zweitplatzierte SYRIZA kam mit 26,8 Prozent auf 71 Sitze. Weil die ND trotz des Bonus die absolute Mehrheit verpasste, musste Samaras eine Koalition bilden - zunächst mit der sozialdemokratischen PASOK und der links-bürgerlichen DIMAR, seit dem Ausscheiden der DIMAR 2013 nur noch mit der PASOK.
Dreiprozenthürde für Einzug ins Parlament
Spannend wird unterdessen nicht nur, welche Gruppierungen ins Parlament einziehen, sondern auch die prozentuale Stärke der Parteien, die auf der STrecke bleiben. Denn davon hängt ab, ob der Wahlsieger - inklusive Bonus - die absolute Mehrheit von 151 Sitzen erringt oder nicht. Dabei gilt: Der für die absolute Mehrheit benötigte Prozentsatz ist um so niedriger, je höher der Anteil der Parteien ist, die es nicht ins Parlament schaffen.
Um ins Parlament zu kommen, müssen die Parteien eine Dreiprozenthürde überspringen. Das gelang bei der Wahl im Juni 2012 acht Parteien. Ihr Spektrum reichte von der neofaschistischen Goldenen Morgenröte bis zur kommunistischen KKE. Diesmal treten insgesamt 22 Parteien und Parteibündnisse an. Umfragen zufolge haben acht Parteien die Chance, die Dreiprozenthürde zu überspringen und damit ins Parlament einzuziehen. Nachfolgend ein Überblick:
Nea Dimokratia (ND): Die von Samaras geführte konservative Partei hat Griechenland 1981 in die damalige Europäische Gemeinschaft (EG) geführt. Sie spricht sich vehement für den Verbleib des Landes in der Euro-Zone aus. Der studierte Ökonom Samaras hatte die Wahlen 2012 gewonnen und führt seitdem das Land zusammen mit den Sozialisten als kleinerem Koalitionspartner. Samaras hält am Sparprogramm fest, tritt angesichts der dramatischen Verschlechterung der sozialen Lage vieler Griechen aber für eine Lockerung ein.
Bündnis der radikalen Linken (SYRIZA): Die Partei von Alexis Tsipras ist der klare Favorit. In allen Umfragen führt sie das Rennen um die Gunst der Wähler vor den Konservativen an. SYRIZA ist ein Sammelbecken linker Bewegungen, das mit der extrem Linken liebäugelt, aber auch ein politisches Dach für ehemalige Mitglieder der sozialistischen PASOK geworden ist. SYRIZA fordert einen Schuldenschnitt und will die Privatisierungen stoppen, ist zugleich aber für den Verbleib Griechenlands in der EU und in der Euro-Zone.
Der Fluss (To Potami): Demoskopen sehen die vergangenes Jahr gegründete neue proeuropäische Partei der politischen Mitte als drittstärkste Kraft im neuen Parlament. In ihren Reihen finden sich zahlreiche Technokraten, Uniprofessoren und Journalisten. Auch ihr Vorsitzender Stavros Theodorakis ist Journalist. Die Partei fordert eine breitestmögliche Zusammenarbeit der politischen Kräfte ein, um aus der Krise herauszukommen. Eine Zukunft für Griechenland sieht die Partei nur in der EU und im Euro.
Goldene Morgenröte (XA): Die rassistische und ausländerfeindliche Partei will alle Migranten aus Griechenland „vertreiben“. Viele ihrer Mitglieder gelten als gewaltbereit. Ihre Führung „ekelt sich“ nach den Worten ihres Vorsitzenden Nikolaos Michaloliakos vor dem Parlament. Michaloliakos und fast die gesamte Führung sitzen in Untersuchungshaft. Ihnen wird die Bildung einer kriminellen Organisation vorgeworfen. Umfragen zufolge wird auch der Goldenen Morgenröte der dritte Platz zugetraut.
Kommunistische Partei Griechenlands (KKE): Die Hardliner-Kommunisten sprechen sich offen für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone und der EU aus. Kein Cent solle an die Gläubiger gezahlt werden.
Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK): Die ehemals allmächtige Partei der Sozialisten unter ihrem heutigen Chef Evangelos Venizelos ist im Niedergang begriffen. Die Wahlen 2009 hatte sie noch mit rund 44 Prozent gewonnen. Heute wird der Partei mit knapp über drei Prozent gerade noch der Einzug ins Parlament zugetraut. PASOK ist für den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone. Venizelos schließt eine Kooperation mit dem Linksbündnis nicht aus, sollte dieses die absolute Mehrheit verfehlen.
Bewegung der Demokraten und Sozialisten (KIDISO): Die Partei wurde Anfang des Jahres vom ehemaligen PASOK-Präsidenten Giorgos Papandreou gegründet. Der Ex-Regierungschef (2009 - 2011) trennte sich von der PASOK, die sein Vater Andreas Papandreou 1974 gegründet hatte. KIDISO wird der Einzug ins Parlament zwar zugetraut - Umfragen zufolge könnte das allerdings eng werden.
Unabhängige Griechen (AE): Die Führung der rechtspopulistischen Partei, einer Abspaltung der konservativen Nea Dimokratia, sieht das Land „besetzt“ von den Geldgebern. Daher müsse Griechenland „befreit“ werden. Athen sollte nichts an die Banken zurückzahlen.
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