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Pre-Crime-System blickt in die Zukunft

Der Begriff „Predictive Policing“ (deutsch: vorhersagende Polizeiarbeit) bezeichnet im Fachjargon Technologien, die Verbrechen ermitteln sollen, noch bevor sie passieren. In anderen Ländern bereits üblich, soll die Polizei nun auch hierzulande durch eine entsprechende Software unterstützt werden. Als Erstes werden Einbruchsdelikte ins Visier genommen.

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Die neue Software soll vorhersagen, in welchem Gebiet und zu welcher Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit Einbrüche zu erwarten sind. Dafür wird das System vorab mit den entsprechenden statistischen Daten der letzten Jahre gefüttert. Berücksichtigt werden dabei Ort und Zeitpunkt der Taten sowie mögliche erfasste Zusatzinfos zur Vorgehensweise oder spezifischen Einbruchswerkzeugen der Täter. Personenbezogene Daten werden nicht verarbeitet.

Gebiete mit größtem Risiko auf Karte angezeigt

Fortan gibt das System auf Knopfdruck aus, wo in nächster Zeit (ein paar Tage bis eine Woche) das Risiko für einen neuerlichen Einbruch am größten ist. Das Ergebnis wird den ermittelnden Beamten dabei grafisch auf einer Karte dargestellt. Die Polizei kann sodann die Einbrecher durch gezieltes Auflauern fassen oder ihre Streifenpräsenz in dem betroffenen Gebiet erhöhen, um die Einbrüche zu verhindern. „Eine Software alleine kann keine Straftat verhindern“, so Polizeisprecher Mario Hejl zu ORF.at. Sie sei zur Unterstützung der Beamten gedacht.

Auftraggeber des Projekts CriPA ist das Österreichisches Sicherheitsforschungsförderprogramm KIRAS, eine Initiative des Ministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit). Beteiligt sind neben Joanneum Research, Bundeskriminalamt und SynerGIS die Universität Salzburg und das Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie.

Ausweitung denkbar

Theoretisch ist eine Ausweitung auch auf andere Delikte möglich. „Wir haben uns bisher hauptsächlich mit Einbrüchen beschäftigt, da hier die besten Prognosen aufgrund organisierter Banden möglich sind“, so Ulrike Kleb, Leiterin des Projekts Crime Predictive Analytics (CriPA), von der Forschungsgesellschaft Joanneum Research in Graz gegenüber ORF.at. Denn gerade bei Einbrechern hat es die Polizei oft mit organisierten Banden zu tun, die in einem sehr kleinräumigen Gebiet in kürzester Zeit öfter zuschlagen.

„Es muss eine große Anzahl an Delikten geben, damit das System aussagekräftige Prognosen mit zeitlicher und örtlicher Eingrenzung erstellen kann“, so Kleb. Raubdelikte seien hierzulande etwa zu selten, um daraus Muster abzuleiten. Taschendiebstahl sei zwar sehr häufig, aber die vorhandene Datenqualität nicht gut genug.

Vielversprechende Ergebnisse in der Schweiz

Die neue CriPA-Software wurde von der österreichischen Firma SynerGIS entwickelt und soll ab dem Frühjahr im Testgebiet Wien von der Polizei probeweise eingesetzt werden. Ende Juli soll schließlich anhand der gelieferten Ergebnisse entschieden werden, ob das System tatsächlich flächendeckend eingesetzt wird. Fraglich ist etwa, ob das Problem nur verlagert wird oder ob tatsächlich weniger Einbrüche geschehen.

In Deutschland und der Schweiz wird mit Pre Crime Observation Systems (PRECOBS) bereits ein vergleichbares System eingesetzt. Durch die verstärkte Polizeipräsenz konnten etwa die Dämmerungseinbrüche im Stadtgebiet von Zürich erheblich (innerhalb eines halben Jahres um 40 Prozent) gesenkt werden. 86 Prozent der ausgegebenen Prognosen waren laut der Zürcher Polizei zutreffend.

Über 45 Einbrüche pro Tag

Bisher werden Einbruchsdaten hierzulande nur händisch ausgewertet. Für die Polizei gehören Einbrüche zu den „Big Five“ der Deliktsformen, „die die Bürger besonders betreffen“. Auch Kfz-Diebstähle, Gewaltdelikte, Cybercrime und Wirtschaftskriminalität werden dazu gerechnet. Laut Kriminalstatistik gab es im Jahr 2013 hierzulande 7,2 Prozent mehr Einbrüche als noch im Jahr davor. Insgesamt wurden 16.548 Anzeigen (15.454 Anzeigen im Jahr 2012) wegen Einbrüchen in Wohnungen und Wohnhäuser verzeichnet, das entspricht über 45 Einbrüchen pro Tag. Die Auswertung für 2014 wurde noch nicht veröffentlicht.

Beate Macura, ORF.at

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