Keine „Repolitisierung“?
Die Staatsholding ÖIAG wird zur GesmbH namens Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungsholding (ÖBIB), die auch zukaufen darf und direkt dem Finanzminister unterstellt ist. Darauf haben sich laut APA-Informationen SPÖ und ÖVP Montagnachmittag verständigt. Die Zeit drängte: Die Koalition hatte sich zum Ziel gesetzt, den Umbau der Verstaatlichtenholding am Dienstag im Ministerrat abzusegnen.
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Nun ist der Weg für die geplante Punktation im Ministerrat frei. Die Grundausrichtung der neuen ÖBIB ist nach einer Änderung des ÖIAG-Gesetzes das Halten, Verwalten, Kaufen und Verkaufen von Bundesanteilen. Anvisiert werden eine Behandlung im Budgetausschuss am 19. Februar und das Inkrafttreten nach einem Parlamentsbeschluss am 20. März. Gesucht wird nach dem Ministerratsbeschluss noch ein Geschäftsführer, über den dem Vernehmen nach noch verhandelt werden wird.
Geschäftsführer bekommt vier „Berater“
Zu besetzen ist auch noch ein als Beratungsorgan fungierender Nominierungsausschuss, der vierköpfig sein soll und je nach Thema Berater hinzuziehen kann. Auch die Minister selbst könnten dort Platz nehmen. Jeweils eine Person werden das ÖVP-Wirtschaftsministerium und das SPÖ-Infrastrukturministerium in den Beirat entsenden. Dazu sollen zwei Experten kommen, deren Namen noch genauso offen sind wie jener des Geschäftsführers.
Eine intensiv diskutierte Abkühlphase für Vertreter, die die ÖBIB in die Aufsichtsräte von OMV, Telekom Austria und Post schicken wird, wird es nicht geben. Damit das Aufsichtsorgan nicht zur Versorgungsstelle von Altpolitikern und Kammerfunktionären wird, war eine vierjährige Abkühlphase vorgeschlagen worden, bevor ein Politiker oder Funktionär in staatliche Aufsichtsräte entsandt werden kann. Dass die Verstaatlichte mit der Reform „repolitisiert“ werde, wies Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) dennoch schon vorab zurück.
Zukäufe - mit Hürden - möglich
Auch besteht laut APA-Informationen künftig die Möglichkeit, dass ein zuständiger Minister einen Antrag stellt, ein Unternehmen neu in die ÖBIB einzubringen. Der Beirat berät dann darüber, und bei positiver Entscheidung wäre noch der Ministerrat am Zug. Bei diesem Thema war die ÖVP auf der Bremse gestanden. Die Belegschaftsvertreter verstaatlichter Betriebe hatten jedoch mit der SPÖ darauf gedrängt, dass die ÖBIB auch zukaufen kann, damit die neue Verstaatlichte nicht zur bloßen „Privatisierungsagentur“ verkomme.
Von den bisherigen staatlichen Unternehmen dürften jedoch keine neuen unter das Dach der ÖBIB schlüpfen. Die ÖVP war mit diesem Wunsch auf Widerstand bei der SPÖ gestoßen. ÖBB, ASFINAG und Verbund, die etwa als Kandidaten genannt wurden, bleiben damit vorerst offenbar weiterhin in der Zuständigkeit von Verkehrs- und Wirtschaftsministerium.
Schelling: Die besten Köpfe
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bedauerte vor Beginn des Ministerrates, dass es nicht zu einer „großen Lösung“ gekommen sei, die „schlanke GesmbH“ ÖBIB mit einem Nominierungskomitee statt Aufsichtsrat sei aber auch „der richtige Weg“. „Ich garantiere dafür, sonst hätte ich dem nicht zugestimmt, dass die besten Köpfe für das Eigentum der Österreicherinnen und Österreicher ausgewählt werden, die dann in den Beteiligungsaufsichtsräten sitzen werden“, sagte Schelling.
Am Schluss sehe das Gesetz vor, dass die „ÖIAG neu“ zukaufen dürfe. Etwa wolle die Münze Österreich ihre Beteiligung an den Casinos verkaufen, so der Finanzminister. Daher brauche es auch eine gesetzliche Lösung dahingehend. Wichtig erachtet Schelling auch den Punkt, dass auf Ministervorschlag auch Unternehmen in die kommende ÖIAG eingegliedert werden könnten, womit er eine große Lösung nicht ganz vom Tisch sehe, so Schelling. „Sie wird nur nicht gleich stattfinden.“
Schelling spricht doch von Abkühlungsphase
Die „strengen Regeln des Governance“ führten auch zu einer Abkühlungsphase für ehemalige Politiker und Sozialpartner-Funktionäre, meinte Schelling. „Für alle beträgt die Abkühlungsphase zwei Jahre, und ich bestehe darauf, dass das so ist“, betonte er. Auch die beiden Experten die in das Nominierungskomitee entsandt werden, unterlägen den Governance-Regeln. Dazu kommen zwei Berater und Wirtschafts- sowie Infrastrukturminister. Die Eigentümerrechte will Schelling als Finanzminister wahren. Zukäufe müssten im Einzelfall geklärt werden, ebenso Verkäufe. Auch mit den Dividenden könnte zugekauft werden.
Lob von Stöger und Schieder
Vor Beginn des Ministerrats lobten SPÖ-Infrastrukturminister Alois Stöger und -Klubobmann Andreas Schieder die Pläne für die „ÖIAG neu“. „Es war ein wichtiger Schritt, die Selbsterneuerung des Aufsichtsrates zu erneuern“, so Stöger. „Es ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Bundesbeteiligungen.“ Schieder freute sich, dass die jetzige Variante mit einer schlanken Verwaltung gesichert sei. Negative Auswirkungen auf den Kapitalmarkt befürchtete er nicht.
Die Struktur, die geschaffen werde, führe dazu, dass die Beteiligungen der Republik vernünftig verwaltet würden. In die Aufsichtsräte würden hoch fachkundige Persönlichkeiten entsendet werden. Dass Anteile - etwa an der Post - abgegeben werden, hält Schieder „derzeit nicht für sinnvoll“. Es gehe um Arbeitsplatz- und Standortsicherung. Das Gesetz sei inhaltlich geklärt, betonte Schieder.
Experten mit großer Skepsis
Der Finanzexperte Thomas Neuhold hatte vor der Einigung gegenüber der APA gesagt: „De facto wird sich nicht wirklich etwas ändern, außer dass der Staat offen sagt, Einfluss zu nehmen.“ Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek vermisst einen großen Wurf in der Reform der Staatsholding. Er findet es „schade, dass nicht alle Staatsbeteiligungen unter einen Hut wandern“, wie er auf APA-Anfrage am Dienstag sagte. „Im Prinzip sollte ein Staat, der schon einen ausgeprägten öffentlichen Sektor hat, an Privatisierungen denken.“
„Die Korruptionsfälle der vergangenen Jahre und das Hypo-Debakel sprechen gegen eine zu starke Verquickung von Politik und operativen Unternehmen“, sagte Brezinschek. Etwa zeige der erfolgreiche Weg ehemals staatlicher Firmen wie der voestalpine und der AMAG den Vorteil einer Emanzipation von der Politik für Wachstum und Beschäftigung. Ein Anteil von 25 Prozent sollte bei jenen Firmen, an denen die Republik beteiligt ist, aber nicht unterschritten werden, so der Fachmann. Die Kontrollrechte sollten von der öffentlichen Hand sehr wohl genutzt werden - ins operative Geschäft sollte man aber nicht eingreifen.
TS: Alter Wein in neuen Schläuchen
Kritik kam auch vom Team Stronach (TS). Inhaltlich ändere sich durch die Umformung der ÖIAG zur ÖBIB leider gar nichts, so TS-Klubobfrau Kathrin Nachbaur. „Es geht SPÖ und ÖVP nur um die Einflussnahme der Politik“, so Nachbaur weiter. Die ÖBIB sei „alter Wein in neuen Schläuchen“. Das Fehlen einer „Abkühlphase“ mache sie zu einer „Versorgungsstelle von Altpolitikern und Kammerfunktionären“.
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