Kontroverse um Auswanderungen
Patrice Oualid, der Betreiber des jüdischen Supermarkts in Paris, in dem ein Islamist am Freitag mehrere Geiseln genommen und vier Menschen getötet hat, will nach Israel auswandern. Sein Bruder Joel Oualid sagte gegenüber der „Bild“-Zeitung (Montag-Ausgabe), Patrice habe ihm gesagt, er könne nach der Gewalttat in seinem Geschäft nicht länger in Frankreich bleiben.
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Bei der mehrstündigen Geiselnahme waren vier Menschen getötet worden, bevor der Attentäter Amedy Coulibaly von der Polizei erschossen wurde. Sein Bruder habe ihm „direkt nach dem Anschlag gesagt: ,Ich habe nur knapp überlebt, so viele meiner Angestellten und Kunden sind getötet worden. Ich kann nicht länger in Paris bleiben, sondern werde nach Israel gehen‘“, sagte Joel Oualid. Er erwarte, dass weitere Juden aus Angst vor weiteren Anschlägen Frankreich verlassen würden.
Netanjahu ruft Juden in „Heimstatt“
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte die französischen Juden am Samstag aufgerufen, nach Israel zu kommen, das er als ihre „Heimstatt“ bezeichnete. Frankreichs Premierminister Manuel Valls konterte am Samstag mit einem demonstrativen Besuch des jüdischen Supermarkts und betonte bei einem Treffen des Rates jüdischer Institutionen in Frankreich (CRIF): „Frankreich ohne Juden ist nicht mehr Frankreich.“ Zugleich räumte er ein, dass die Juden in Frankreich seit vielen Jahren „Angst“ hätten.
„Schießen Sie nicht auf die Leute“
Oualid schildert in dem Interview auch Details der Geiselnahme. Sein Bruder habe ihm gesagt, der Attentäter sei in Militärkleidung mit zwei Kalaschnikows und zwei Granaten in den Laden gestürmt. Am Bauch habe er eine Kamera befestigt gehabt, um die Ereignisse aufzuzeichnen. „Ihr seid Juden, ihr werdet heute alle sterben“, habe er gerufen, sagte Oualid. Dann habe er einzelne Geiseln aufgefordert, in die Kamera zu sprechen und die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) zu grüßen.
Laut Oualid bat sein Bruder den Angreifer, nicht zu schießen. „Schießen Sie nicht auf die Leute, ich bin der Besitzer, was wollen Sie?“, habe er gesagt. Coulibaly habe daraufhin gesagt: „Ich werde dich erschießen, nicht nur ich werde sterben, sondern auch du.“ Sein Bruder sei daraufhin hinausgerannt und glücklicherweise nur am Arm von den Kugeln des Attentäters getroffen worden.
Begräbnis für ein jüdisches Opfer in Jerusalem
Mindestens eines der vier jüdischen Opfer des Anschlags auf den Supermarkt soll am Dienstag in Jerusalem beigesetzt werden. Der Vater von Yoav Hattab (21) habe das im Gespräch mit Netanjahu bestätigt, berichtete der israelische Rundfunk am Sonntag. Bei Benjamin Hattab, dem Vater, handle es sich um einen ranghohen Rabbiner in Tunesien. Auch die Familien der drei weiteren jüdischen Opfer, Johan Cohen, Philippe Braham und Francois-Michel Saada, erwägen eine Beisetzung in Israel.
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