Themenüberblick

Weiteres Abrutschen möglich

Die Preise in der Euro-Zone sind erstmals seit mehr als fünf Jahren gefallen und haben die Furcht vor einer wirtschaftlich gefährlichen Deflation geschürt. Die Lebenshaltungskosten sanken im Dezember im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Prozent, wie das europäische Statistikamt Eurostat am Mittwoch mitteilte. Experten hatten nur mit einem Minus von 0,1 Prozent gerechnet.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Vor allem billigeres Öl entlastete den Geldbeutel der Konsumenten: Die Energiekosten fielen um 6,3 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) blickt mit Sorge auf diese Entwicklung. Sie will vermeiden, dass die Preise ins Rutschen geraten: Eine Deflation - also ein Preisverfall auf breiter Front - könnte auch Löhne und Investitionen sinken lassen und die Wirtschaft lähmen.

In Griechenland und Spanien sind die Preise besonders stark rückläufig. Mit einem massenhaften Ankauf von Staatsanleihen könnte die EZB gegensteuern. Sie würde damit einen Anreiz bieten, dass Banken die Papiere abstoßen und im Gegenzug mehr Geld zur Kreditvergabe zur Verfügung haben. Damit könnte die flaue Konjunktur angekurbelt und letztlich die Inflationsrate nach oben getrieben werden.

Euro beschleunigt Talfahrt

Der Kursverfall des Euro hat sich angesichts der Spekulationen über weitere Geldspritzen der EZB und einen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion beschleunigt. In der Nacht auf Mittwoch fiel der Euro auf 1,1853 Dollar und notierte damit so niedrig wie seit Ende Februar 2006 nicht mehr.

„Sollte sich der Euro im Wochenverlauf nicht mehr erholen, könnte er schnell unter 1,15 oder sogar 1,12 Dollar absacken“, warnte ein Händler. Sowohl technisch als auch fundamental sei der Euro angeschlagen. Auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise im Mai 2010 hatte die wichtige Marke von 1,1875 Dollar noch gehalten. Die EZB setzte am Mittwochnachmittag den täglichen Referenzkurs auf 1,1831 US-Dollar für den Euro fest.

US-Zinspolitik lässt Euro schwächeln

Als entscheidender Grund für die Euro-Schwäche gilt auch die Aussicht auf steigende Zinsen in den USA. Die US-Notenbank hatte im vergangenen Jahr die Geldschleusen für die inzwischen anziehende Konjunktur geschlossen und könnte 2015 erstmals seit Ausbruch der Finanzkrise 2007 die Zinsen wieder erhöhen.

Dagegen stehen in der Euro-Zone die Zeichen weiter auf eine ultralockere Geldpolitik. Dazu tragen auch die immer tiefer in den Keller fallenden Ölpreise bei. Seit Mitte Juni haben sich die Preise halbiert. Der Markt interpretiere das als Gefahr für ein Abgleiten der Euro-Zone in eine dauerhafte Deflation, sagte der Analyst Ulrich Leuchtmann von der deutschen Commerzbank. Das für dieses Jahr erwartete Anleihekaufprogramm der EZB sollte eigentlich längst in den Wechselkursen berücksichtigt sein. „Dennoch belasten die fallenden langfristigen Inflationserwartungen.“

Gespanntes Warten auf EZB-Sitzung

In der vorigen Woche hatte EZB-Chef Mario Draghi dem „Handelsblatt“ gesagt, die Vorbereitungen für ein Anleihekaufprogramm im großen Stil liefen. Viele Anleger vermuten, dass die EZB bei ihrer ersten geldpolitischen Ratssitzung des neuen Jahres am 22. Jänner mindestens einen Zeitplan für das „Quantitative Easing“ (QE) vorlegen wird.

Allerdings steht auch die politische Entwicklung in Griechenland im Fokus. Denn bei einer für den 25. Jänner angesetzten Neuwahl könnten die Wähler des Landes der ungeliebten Reformpolitik einen Denkzettel verpassen und sich für eine andere Politik entscheiden. Das hat eine neuerliche Debatte über einen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion ausgelöst. Viele Börsianer fürchten für diesen Fall einen Dominoeffekt.

Links: