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Überangebot und schwache Nachfrage

Der Preis für die weltweit wichtigste Ölsorte Brent ist erstmals seit Mai 2009 wieder unter die psychologisch wichtige Marke von 50 Dollar gefallen. Ein Barrel (zu 159 Liter) verbilligte sich für kurze Zeit am Mittwoch um 2,3 Prozent auf 49,95 Dollar (41,93 Euro) und kostete damit nur noch etwa halb so viel wie im Sommer.

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Der Grund für den Preisverfall ist ein weltweites Überangebot bei gleichzeitig schwächelnder Nachfrage. Nervosität macht sich auch beim mächtigsten Vertreter der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), Saudi-Arabien, breit. Die saudi-arabische Regierung rechnet laut einer Kabinettssitzung Ende Dezember für das kommende Jahr mit einem milliardenschweren Budgetdefizit.

Konkret wird für 2015 ein Fehlbetrag von 38,6 Milliarden Dollar (31,6 Mrd. Euro) erwartet, wie die Regierung im Staatsfernsehen bekanntgab. Es seien Einnahmen von 715 Mrd. Rial (156 Mrd. Euro) und Ausgaben von 860 Mrd. Rial (187 Mrd. Euro) geplant. Die Ausgaben sollen somit trotz des vorausgesagten Defizits leicht steigen.

Drosselung bei Fördermenge nicht in Sicht

Ungeachtet des sinkenden Ölpreises wollen die meisten Exportländer, allen voran Saudi-Arabien, die Fördermengen auch weiterhin nicht drosseln. Geht es nach dem saudischen Ölminister Ali aAl-Naimi, ist eine Kürzung der Produktion nicht im Interesse der OPEC, wie er vor Weihnachten sagte.

Mit den derzeitigen Preisen sei er zwar völlig unzufrieden - Naimi zufolge ändere das jedoch nichts an der Einstellung seines Landes. Auch wenn der Ölpreis auf 20 Dollar pro Barrel fiele, würde das Königreich nicht eingreifen, wie der Minister in einem Interview mit dem Middle East Economic Survey (MEES) betonte: „Ob er auf 20, 40, 50, 60 Dollar sinkt, ist irrelevant.“

Er habe die übrigen Mitglieder der OPEC überzeugt, dass es nicht im Interesse der Gruppe liege, die Produktion zu kürzen, ganz gleich, wie weit der Preis falle, sagte Naimi weiter. OPEC-Generalsekretär Abdullah al-Badri versicherte wenig später, dass auch er nun die Überzeugung von Saudi-Arabien teile. Abgesehen davon wurde bei der OPEC bereits Ende November gegen eine Senkung der Fördermenge entschieden.

Saudi-Arabien weiter „zuversichtlich“

Von „erheblichen wirtschaftlichen Lasten“ sprach zuletzt auch der Energieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Suhail al-Masruei. Ihm zufolge sei nicht zuletzt eine „unverantwortliche“ Förderpolitik in Staaten außerhalb der OPEC für den Preisverfall verantwortlich. Die im November getroffene OPEC-Entscheidung, die Fördermenge stabil zu halten, sei aber „richtig“ gewesen.

Auch Naimi teilt diese Ansicht. Zudem zeigte sich dieser „zuversichtlich, dass sich der Ölmarkt erholt und die Preise steigen“. Die Volkswirtschaften in Schwellenländern und die Weltwirtschaft insgesamt würden zu dauerhaftem Wachstum zurückkehren, und damit werde auch die Ölnachfrage wieder steigen, so Naimi gegenüber der saudischen Nachrichtenagentur SPA.

Die Ziele der OPEC-Länder

Die OPEC hat jahrelang alles darangesetzt, einen Preis von rund 100 Dollar pro Barrel zu gewährleisten. Dieser Preis sei essenziell für die Wirtschaft der Ölländer, wurde stets argumentiert. Von diesem Kurs ist die OPEC jetzt abgegangen. „Einen Preis von 100 Dollar je Barrel wird es möglicherweise nie mehr geben“, so Badri vor Weihnachten.

Saudi-Arabien - und mit ihm auch andere OPEC-Länder - verfolgt laut Beobachtern mit der neuen Billigpreisstrategie mehrere Ziele. Zum einen wollen sie politische Gegner wie den Iran und Irak, aber auch Russland schwächen. Deren Währungen fallen gemeinsam mit dem Ölpreis. Saudi-Arabien selbst kann dank seinen Reserven den Preisverfall derzeit noch ausgleichen. Die Ratingagentur Moody’s etwa ist überzeugt, dass die Haushalte der meisten Golfstaaten einen tiefen Ölpreis auch 2015 verkraften können.

Zum anderen verfolgt Saudi-Arabien offenbar auch den Plan, mit vorübergehend niedrigen Preisen teure Fördermethoden unrentabel zu machen und so Marktanteile zurückzugewinnen. Das würde vor allem die USA und die dortige Schieferölproduktion treffen. Neben Überangebot und schwacher Nachfrage gelten auch die überraschend hohen Ölreserven der USA als einer der Gründe für die gesunkenen Ölpreise.

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