Themenüberblick

Spannungen reißen nicht ab

In Frankreich sorgt der Umgang mit der Minderheit der Roma immer wieder für Aufregung. Zuletzt wurde einem toten Roma-Baby die Bestattung auf dem Friedhof einer Gemeinde verweigert. Menschenrechtsorganisationen und Bürgerrechtsgruppen üben regelmäßig Kritik. In großen Teilen der Bevölkerung kommt die harte Linie der Politik jedoch laut Umfragen gut an.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Schlagzeilen machte im Sommer 2010 der damalige Präsident Nicolas Sarkozy (UMP) mit seiner „Rede von Grenoble“, als er eine Massenabschiebung der großteils aus Rumänien und Bulgarien eingewanderten Roma ankündigte. Er drohte eingebürgerten Wiederholungstätern überdies mit der Aberkennung der französischen Staatsbürgerschaft, was sich in der Tat allerdings aufgrund rechtlicher Probleme als undurchführbar erwies.

Leere Drohung der EU-Kommission

Anschließend ließ Sarkozy Dutzende Roma-Lager im ganzen Land abreißen und deren Bewohner in ihre Heimatländer zurückführen, was allerdings im Widerspruch zum Schengen-Abkommen stand. Die EU-Kommission ermahnte Paris und drohte mit einem Strafverfahren wegen der Verletzung des Rechts auf Freizügigkeit. Umgesetzt wurde die Drohung jedoch nie.

Zwangsräumungen nehmen zu

Als Oppositionspolitiker machte Sarkozys Nachfolger, Francois Hollande, noch Stimmung gegen die Zwangsräumung von Roma-Lagern, als Präsident ließ er härter gegen die Minderheit vorgehen als je zuvor. Unter seiner Führung habe sich die Zahl der von Räumungen betroffenen Roma verdoppelt, rechneten die Liga für Menschenrechte (LDH) und das Europäische Zentrum für die Rechte der Roma (ERRC) vor.

Kritik an Valls als Innenminister

Noch als Innenminister sagte der nunmehrige Premier Manuel Valls, eine Räumung der Lager sei aus Sicherheits- und Sanitätsgründen nötig. In einem Radiointerview sagte er beispielsweise, Roma hätten extrem andere Lebensweisen, und nur eine Minderheit wolle sich integrieren. Es sei besser, wenn sie nach Rumänien oder Bulgarien zurückkehrten.

Die Anti-Rassismus-Vereinigung Mrap erstattete Anzeige wegen des Interviews und kritisierte, solche Äußerungen seien beleidigend und provozierten Gewalt, Hass und Diskriminierung. Die Worte waren auch von Parteifreunden heftig kritisiert worden. Valls übernahm am 31. März 2014 das Amt des Premierministers.

Abgeordneter wegen Hitler-Satzes verurteilt

Im August bestätigte ein französisches Berufungsgericht die Verurteilung des Abgeordneten der Nationalversammlung und Bürgermeisters des Dorfes Cholet, Gilles Bourdouleix, wegen einer Äußerung zu den Morden an den Roma und Sinti während der NS-Diktatur. Bourdouleix wurde wegen „Verherrlichung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verurteilt.

Er hatte bei einem Streit mit Roma und Sinti, die illegal auf einem Feld seiner Gemeinde campierten, gesagt, Hitler habe „vielleicht nicht genügend von ihnen getötet“. Bourdouleix war in der Folge gezwungen, die Zentrumspartei UDI zu verlassen. Er war bereits zuvor durch Kritik an den Roma und Sinti aufgefallen. So hatte er 2006 in einer Petition für Bürgermeister das Recht gefordert, einen Polizeieinsatz gegen illegale Landbesetzungen anordnen zu können.

Immer wieder Übergriffe

Spannungen mit Roma, die vielfach in illegalen Lagern am Rande von Städten wohnen, sind keine Seltenheit. Im Juni vergangenen Jahres wurde bei einem Fall von Lynchjustiz in einem Pariser Vorort ein 16-jähriger Rom halb tot geprügelt. Im Mai 2013 wurden Roma-Familien in Hellemmes in Nordfrankreich angegriffen. Im Oktober 2012 waren Roma unter dem Druck von Anwohnern aus ihrem Lager im südfranzösischen Marseille vertrieben worden.

Links: