EU fordert Reformen
Mit der Neuwahl in Griechenland macht sich in Europa wieder Unruhe breit: EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hat Griechenland angesichts der Wahl im Jänner zu einem Festhalten am Reformkurs aufgefordert. Ein klares Bekenntnis zu Europa und eine breite Unterstützung für den Reformprozess seien entscheidend, damit Griechenland innerhalb der Euro-Zone wieder aufblühen könne, so Moscovici.
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Das müsse sowohl von der politischen Führung als auch von den griechischen Wählern kommen, die nun erneut über die Zukunft des Landes zu befinden hätten. Brüssel schielt dabei freilich in Richtung der linken SYRIZA-Partei, die mit ihrem Parteichef Alexis Tsipras in Umfragen voran liegt.
Ratschläge kontraproduktiv?
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte von Athen schon am Wochenende die Einhaltung der Sparzusagen gefordert. „Jede neue Regierung muss vertragliche Vereinbarungen der Vorgänger einhalten“, sagte er der „Bild“-Zeitung vom Samstag. Am Montag hieß es aus seinem Ministerium: „Wenn Griechenland einen anderen Weg einschlägt, wird es schwierig.“
EU-Politiker begeben sich allerdings mit solchen mahnenden Worten auf dünnes Eis. Interventionen dieser Art könnten aber nach Ansicht einiger Beobachter in Athen eher das Gegenteil bewirken. Tsipras richtet sich ja mit seiner Politik gegen den aus Brüssel und - nach Ansicht vieler Griechen - vor allem aus Berlin aufoktroyierten Sparkurs. Der SYRIZA-Chef nennt seine politischen Gegner in der Regierung auch „Merkelisten“, weil sie das Spardiktat aus Deutschland in die Tat umsetzen.
IWF setzt Hilfszahlungen aus
Die Finanzmärkte sind schon einige Zeit beunruhigt. Die Europäische Zentralbank (EZB) erklärte, für die weitere Überprüfung des griechischen Spar- und Reformprogramms warte sie nun auf Signale der Athener Regierung. Dann werde sie mit der EU-Kommission und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über das Vorgehen entscheiden.
Der IWF teilte am Montag mit, er setze seine Hilfszahlungen an Griechenland bis zur Bildung einer neuen Regierung aus. Die nächste Kredittranche könne erst ausgezahlt wenn, wenn nach der Neuwahl eine neue Regierung gebildet worden sei. IWF-Sprecher Gerry Rice fügte hinzu, Griechenland habe keinen „unmittelbaren“ Finanzierungsbedarf. Die Euro-Partner und der IWF haben das hoch verschuldete Land seit 2010 mit zwei Rettungsprogrammen von insgesamt 240 Milliarden Euro im Gegenzug für harte Sparauflagen vor der Pleite bewahrt.
Linke Regierung als Chance für Neustart?
Doch nicht alle Wirtschaftsexperten fürchten bei einem SYRIZA-Sieg eine ökonomische Gefahr. Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sieht sogar Chancen: „Das politische Erdbeben durch eine mögliche Regierungsübernahme durch SYRIZA könnte zwar kurzfristig Kosten haben, jedoch auch einen notwendigen Neuanfang für das Land herbeiführen.“
Die Leistung der griechischen Regierungen in den letzten fünf Jahren sei „erschreckend schlecht“ gewesen. Die Regierungen hätten vor allem versucht, „ihre politische Macht und wirtschaftlichen Pfründe zu sichern, nicht jedoch Reformen umzusetzen und ihr Land zukunftsfähig zu machen.“ Das könnte bei SYRIZA anders sein.
Euro-Austritt als Alternative?
Der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn sieht in einem Euro-Austritt Griechenlands eine Alternative zu einem weiteren finanziellen Entgegenkommen der internationalen Geldgeber. „Weitere Schuldenschnitte werden immer wieder gewährt werden müssen, außer man entlässt das Land aus dem Euro und erlaubt ihm, durch eine Abwertung wieder wettbewerbsfähig zu werden“, sagte der Präsident des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (IFO) dem „Tagesspiegel“ (Mittwoch-Ausgabe) laut Vorabbericht. Sinn verwies darauf, dass Griechenland bereits 2012 Zugeständnisse bei der Laufzeit und den Zinsen seitens der internationalen Kreditgeber erhalten habe.
Italien fühlt sich sicher
Italiens Premier Matteo Renzi schloss indes entschieden die Gefahr einer „griechischen Krise“ in seinem Land aus. Die Wirtschaftssysteme der beiden südeuropäischen Länder seien verschieden, Italien sei wirtschaftlich stärker als Griechenland, betonte der Regierungschef. Italien werde sich im neuen Jahr von der schweren Rezession erholen, in der es seit drei Jahren steckt.
In Italien herrsche „Sorge und Mangel an Vertrauen“ in die Perspektiven des Landes. „2015 wird für das Land entscheidend sein“, betonte der Premier, der die Resultate seiner Regierung in ihrer zehnmonatigen Amtszeit auflistete. Zu seinen größten Erfolgen zählte Renzi die kürzlich verabschiedete Arbeitsmarktreform, die mit mehr Flexibilität die Beschäftigung im Land ankurbeln soll.
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