Themenüberblick

Vergleichsangebot zwischen den Zeilen

Der bayrische Finanzminister Markus Söder (CSU) hat die neueste BayernLB-Klage gegen die Republik Österreich im Milliardenstreit um die frühere Hypo Alpe-Adria (jetzt: Heta) als „logische Konsequenz“ der bisherigen Ereignisse bezeichnet: „Wenn die Bank dort sich weigert zu zahlen, muss Österreich zahlen“, sagte Söder am Mittwoch in München.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der CSU-Politiker stellte Österreich als bewusst säumigen Schuldner dar: Es belaste die Freundschaft dauerhaft, wenn jemand 2,4 Mrd. Euro in Abrede stelle, die er schlicht zahlen müsse. Zuvor war bekanntgeworden, dass die BayernLB - und damit indirekt der Freistaat selbst - die zwischen Bayern und Österreich strittigen knapp 2,4 Mrd. Euro vor dem Wiener Handelsgericht einklagt und im Zuge dessen auch gleich die Verfassungsmäßigkeit des Hypo-Schuldenschnitts anzweifelt, die Bayern weitere 800 Mio. Euro gekostet hat.

BayernLB und Söder selbst unter Druck

Österreich steht auf dem Standpunkt, die Gelder sind in und mit der Hypo untergegangen. Bayern hingegen sieht darin - gerade durch den Hypo-Untergang fällig gewordene - Garantien, die Österreich nun begleichen müsse. Es gehe um bayrische Steuergelder, deshalb könne man das nicht durchgehen lassen, so Söder. Für die BayernLB läuft die Zeit: Den Fall, dass sie auf ihren Forderungen sitzenbleibt, hat sie bisher in ihren Bilanzen nicht berücksichtigt und sich dabei auf die Einschätzung von Wirtschaftsprüfern berufen.

Wie lange die Prüfer der BayernLB noch dabei bleiben, dass für den Forderungsausfall keine Rücklagen nötig sind, ist ungewiss. Da die BayernLB mehrheitlich dem Freistaat gehört, stünde dann das bayrische Finanzministerium in der Pflicht. Söder hatte bereits eingeräumt, dass der Streit um die Hypo-Milliarden das größte Risiko für den bayrischen Haushalt sei. Der Konflikt zwischen der BayernLB und der Hypo beschäftigt bereits Gerichte in Deutschland, Österreich und auf europäischer Ebene. Zum ersten Mal wird nun aber die Republik selbst beklagte Partei sein.

Finanzministerium kontert nach Schrecksekunde

Ende November hatte die BayernLB Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) einen Brief geschickt, in dem sie das Land binnen 14 Tagen zur Überweisung der Milliarden aufforderte. Schelling sagte aber, der Brief aus Bayern entbehre jeglicher Grundlage. Zunächst müsse die BayernLB belegen, dass es gegen die Republik einen Zahlungsanspruch gibt. Das Ultimatum ließ Östereich ohne Reaktion verstreichen. Auch am Mittwochnachmittag reagierte das Finanzministerium erst nach längerem Schweigen auf die Klage.

Die Klage aus Bayern sei der Republik noch nicht zugestellt worden, hielt das Finanzministerium fest. Zudem verwies Schellings Ressort darauf, dass die „Behauptung“ offener Forderungen seitens der BayernLB ohnehin schon Gegenstand des Münchner Prozesses zwischen BayernLB und Heta sei. Schelling ging seinerseits zum Gegenangriff über und betonte, die Klage hindere „das Bundesministerium für Finanzen nicht daran, auch die Ansprüche der Republik Österreich gerichtlich geltend zu machen“.

Kanzleramt sieht Schelling am Zug

Schelling hatte vom Ministerrat grünes Licht für eine Klage Österreichs gegen die BayernLB wegen der Hypo-Verstaatlichung bekommen. Am Freitag kündigte er diese Klage an: Gegenstand ist nicht, wie erwartet wurde, die Rückabwicklung der gesamten Verstaatlichung. Schelling will vielmehr im Wege einer Irrtumsanfechtung wegen der Übergabe der Hypo von der BayernLB an die Republik 3,5 Milliarden Euro zurück, weil die Bayern die Republik über das Ausmaß der Schuldenlast getäuscht hätten. Schelling hatte am Dienstag gesagt, für eine Klage habe man „gute Argumente“. Mit Jahresende wäre die Möglichkeit zur Klagseinbringung ausgelaufen.

Das Bundeskanzleramt sieht Schelling am Zug: Zuständig für die Vertretung der Republik in der Causa sei die Finanzprokuratur, und diese unterstehe direkt dem Finanzministerium, unterstrich am Mittwoch das Büro von SPÖ-Staatssekretärin Sonja Steßl, die mit der Betreuung der Finanzagenden durch das Kanzleramt beauftragt ist. Ohnehin baut sich vor Schelling auch ein neues Hypo-Problem auf. Am Mittwoch kündigten FPÖ, Grüne und NEOS eine gemeinsame Verfassungsklage gegen die Hypo-Sondergesetze an.

Vergleich als kostengünstigerer Ausweg?

Der Konflikt zwischen dem Freistaat Bayern und der Republik Österreich ist mit der Einbringung der nunmehrigen Klagen jedenfalls offen aufgebrochen. Dass die Republik ihre Rechtsansicht vor Gericht durchsetzen kann, ist alles andere als eine ausgemachte Sache. Es gibt deshalb auch Stimmen, etwa am Mittwoch Team-Kärnten-Landesrat Gerhard Köfer, die einen Vergleich mit den Bayern als vernünftigsten Ausweg aus dem Kräftemessen sehen. „Neue Prozesse bergen nur neue Risiken und neue Kosten“, so Köfer.

Eine diplomatische Lösung - also besagten Generalvergleich - schloss auch Söder zwar nicht aus, er hat aber wenig Hoffnung. „Wir sind immer offen für jedes Gespräch. Aber Gespräche nützen nichts, wenn sie ohne Ergebnisse sind.“ Zumindest in dieser Hinsicht besteht offenbar Einigkeit zwischen Bayern und Österreich. Gefragt nach den Vergleichsmöglichkeiten mit Bayern, betonte Schelling zuletzt, dass es „im Moment nicht danach ausschaut, dass wir kurzfristig zu einem Ergebnis kommen“.

Links: