Ökologisch Geld sparen
Holzhäuser und Nordamerika verbindet eine lange Geschichte. Blockhütten, Einfamilienhäuser und die auf den dritten US-Präsidenten Thomas Jefferson zurückgehenden Kolonialvillen: Die USA und Kanada entwickelten ihre ganz eigene Holzbauweise. Doch vor hundert Jahren verschwand der Baustoff aus der modernen, immer höher greifenden Architektur des Kontinents. Nun könnte er zurückkehren.
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Mit dem Architekten Michael Green hat Kanada einen der weltweit führenden Advokaten für das Bauen mit Holz. Vor knapp drei Jahren veröffentlichte Green seine „Case for Tall Wood Buildings“ betitelte Studie. Das über 200 Seiten starke Manifest für den Holzbau fand damals weltweite Aufmerksamkeit. Wohl auch, weil Green darin seine Pläne für ein 30-stöckiges Gebäude im Zentrum Vancouvers präsentierte. Gebaut wurde es bisher nicht. Auch sonst stehen auf der Welt noch keine „Woodscraper“, wie die angloamerikanischen Medien die hölzernen Wolkenkratzer nennen.
Dafür eröffnete die University of Northern British Columbia mittlerweile das von Green geplante Wood Innovation and Design Centre - das aktuell höchste Holzhaus Kanadas. Die Chancen, dass auch Greens weitreichendere Pläne verwirklicht werden, standen nie besser. Sowohl in Kanada als auch in den USA scheinen sich Politik, Architekten und Ingenieure wieder auf den Baustoff aus den Wäldern zu besinnen.
Neue Gesetze und Wettbewerbe
Bereits 2009 erlaubte der kanadische Bundesstaat British Columbia die Errichtung von fünf- und sechsgeschoßigen Holzhäusern und legte im „Wood First Act“ fest, dass bei allen öffentlich finanzierten Bauvorhoben zuerst überprüft werden muss, ob das Gebäude nicht auch aus Holz gebaut werden kann. In diesem Jahr zog Quebec nach, und ab 1. Jänner 2015 dürfen auch in Ontario Holzhäuser mit sechs Stockwerken gebaut werden. Das Gleiche gilt seit November für Calgary, die viertgrößte Stadt Kanadas.
In den USA schrieb das Landwirtschaftsministerium im Oktober mit dem „Tall Wood Building Prize Competition“ einen Zwei-Millionen-Dollar-Förderpreis (1,6 Mio. Euro) aus. Architekten, Baufirmen und Bauherren sollen bis Februar ihre Projekte einreichen. Einzige Voraussetzung für die Teilnahme: Die entworfenen Gebäude müssen aus Holz und mindestens 24,4 Meter hoch sein. Im Gegensatz zu Kanada, Großbritannien, Australien und auch Österreich fehlt den USA noch ein modernes Hochhaus aus Holz.
Weltweiter Trend
Das Umdenken in Nordamerika erfolgt im Fahrwasser eines weltweiten Trends. In Japan sind gleich mehrere mehrstöckige Holzhäuser in Bau oder Planung. In der Schweiz werden mit Beginn des kommenden Jahres die Brandschutzvorschriften für Holzhäuser deutlich vereinfacht. In Österreich senkte das Österreichischen Institut für Bautechnik (OIB) bereits 2007 die bauvorschriftlichen Hürden für Holzgebäude.
Als das Vorzeigeland des modernen Holzbaus gilt vielen allerdings Neuseeland. 2010 und 2011 wurden große Teile der Stadt Christchurch durch Erdbeben zerstört. Viele der zusammengestürzten Häuser werden jetzt aus Holz wiederaufgebaut. Das neue Christchurch soll „grüner und attraktiver“ werden, heißt es im Wiederaufbauplan der Stadt. Tatsächlich entsteht beim Bau eines Holzhauses im Vergleich zu einem Betonbau gerade einmal ein Zehntel der Treibhausgase. In Anbetracht der Tatsache, dass die Bauindustrie weltweit zu den größten CO2-Produzenten gehört, wiegt das Argument schwer.
Geld als Spielentscheider
Darüber hinaus führen Vertreter von Holzbauten die deutlich geringeren Kosten ins Feld. Studien gehen von einer Ersparnis gegenüber anderen Baumaterialien zwischen zehn und 15 Prozent aus. Solche Zahlen freuen natürlich jene, die mit knappen Budgets zu kämpfen haben - und damit auch die öffentliche Verwaltung. Die Stadt Calgary hoffe durch ein verstärktes Bauen mit Holz die Wohnkosten in der Zukunft zu senken, sagte unlängst der Generalplaner der Stadt, Rollin Stanley.
Die Wohnbauagentur Attainable Homes in Calgary hilft vor allem Einwohnern mit niedrigen und mittleren Einkommen bei der Suche nach Eigentumswohnungen - und will sich in Zukunft verstärkt auf Holzhäuser konzentrieren. „Wenn sechsgeschoßige Holzhäuser billiger sind, und ich denke das sind sie, dann bringt das eine Ersparnis mit sich. Und es erlaubt mir, Wohnungen billiger zu kaufen oder zu bauen“, so David Watson, Chef von Attainable Homes. Neben allen ökologischen Vorteilen mag am Ende also auch bei den Holzhochhäusern ein Argument entscheiden, das fast immer sticht: das Geld.
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