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Erdogan korrigiert: „1.150 Zimmer“

Der Protzpalast des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist noch größer als vermutet. Erdogan zeigte sich nun von Berichten gekränkt, der Neubau in Ankara habe tausend Räume. „Lassen Sie mich Ihnen sagen, er beherbergt mindestens 1.150 Zimmer, nicht nur tausend“, so das islamisch-konservative Staatsoberhaupt.

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„Man spart nicht, wenn es ums Prestige einer Nation geht“, sagte Erdogan mit Blick auf den Palast, der umgerechnet fast eine halbe Milliarde Euro gekostet hat. „Wir wollten ein Bauwerk schaffen, damit die künftigen Generationen sagen: ‚Vor dort aus wurde die neue Türkei regiert.‘“ Mit „neuer Türkei“ meint Erdogan die Türkei unter seiner Ägide. Gleichwohl betonte er, der Amtssitz sei „nicht mein Palast“, sondern gehöre dem türkischen Volk.

Arbeiter vor dem neuen Präsidentenpalast in Ankara

APA/EPA

Türkischer Präsident: „Man spart nicht, wenn es ums Prestige einer Nation geht“

Es gebe abhörsichere Zimmer, Bunker, Tunnel und Schutzräume gegen chemische Waffen sowie im Garten einen dekorativen Pool. Alles sei im Stil der Osmanen und der Fürstendynastie der Seldschuken gehalten. Der türkische Journalist Cengiz Candar dagegen schrieb, mit den Osmanen habe der Gebäudekomplex nichts zu tun, es handle sich vielmehr um „Kitsch“.

Komplex wird noch ausgebaut

Laut Zeitungsberichten erhält der Palast außerdem einen zusätzlichen Wohntrakt mit weiteren 250 Zimmern. Die Residenz des Staatsoberhauptes werde in der Nähe des Palastes errichtet, erklärte die Ortsvorsitzende der türkischen Architektenkammer in Ankara, Tezcan Karakus Candan, demnach. Candan sagte, das Finanzministerium halte die Zusatzkosten für die Residenz derzeit noch unter Verschluss. Candan sagte, neben der Residenz seien auch noch eine Moschee und ein Konferenzzentrum auf dem Palastgelände geplant.

Opposition kritisiert Selbstherrlichkeit

Das Oppositionsblatt „Cumhuriyet“ kritisierte, die tausend Zimmer des eigentlichen Palastkomplexes seien für Erdogan wohl noch nicht genug. Die türkische Opposition wirft Erdogan wegen des Palastes eine Verschwendung von Steuergeldern vor. Sie sieht in dem riesigen Palast ein Symbol für die ihrer Meinung nach wachsende Selbstherrlichkeit des Präsidenten. Die Regierung weist die Vorwürfe zurück.

Erdogan ignorierte verhängten Baustopp

Bis Oktober befand sich der Amtssitz des türkischen Präsidenten im Bezirk Cankaya der Hauptstadt Ankara. Doch Erdogan wollte etwas Größeres, Prachtvolleres - etwas, worin sich „die neue Türkei manifestiert“, zitierten ihn türkische Medien. Vor drei Jahren hatten die Bauarbeiten auf einem unter Naturschutz stehenden Waldstück im Westen Ankaras begonnen. Für das Projekt seien mehr als 3.000 Bäume gefällt worden, sagte Candan. Mindestens 91.000 Quadratmeter Wald soll der Bau laut Medienberichten verschlungen haben - mehr als zwölf Fußballfelder.

Das Gelände gehörte nach Angaben der Architektenkammer in der Hauptstadt einst Mustafa Kemal Atatürk, dem Gründer der türkischen Republik. Er überließ es 1937 dem Staat. Mehrere Gerichte verhängten laut der Architektenkammer seit 2011 einen Baustopp. Doch Erdogan ignorierte die Urteile und ließ weiterbauen. Bäume stehen jetzt im Empfangsbereich des „Ak-Sarays“. Das Wort „Ak“ bedeutet nicht nur „weiß“, sondern auch „rein“. Die regierende AK-Partei trägt dieses Wort ebenfalls im Namen. Sie wurde vor mehr als zehn Jahren zum ersten Mal an die Macht gewählt.

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