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Investitionen statt Ticketpreisreduktionen

Seit Juni hat sich Öl wegen eines weltweiten Überangebotes um 60 Prozent verbilligt. Das macht sich auch bei Kerosin bemerkbar. Für die Passagiere - die schon seit gut zehn Jahren wegen der damals stetig steigenden Ölpreise mit Kerosinzuschlägen zur Kassa gebeten werden - besteht jedoch so gut wie keine Hoffnung auf billigere Tickets.

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Der internationale Luftfahrtverband IATA setzte Mitte Dezember seine bisherige Gewinnprognose für die Branche für 2014 von 18 Milliarden auf 19,9 Milliarden US-Dollar (16,1 Mrd. Euro) hinauf. Im kommenden Jahr sollen die Profite dann um gut ein Viertel auf 25 Milliarden Dollar steigen. Im Jahr 2013 hatten Fluggesellschaften in aller Welt mit 10,6 Milliarden Dollar noch erheblich weniger verdient.

Auswirkungen in Europa mit Verspätung

In Europa muss die Branche allerdings wohl länger auf den Gewinnschub warten. Für 2014 senkte der Verband seine bisherige Prognose für Europa sogar von 2,8 auf 2,7 Milliarden Dollar. Im nächsten Jahr soll der Gewinn dann auf vier Mrd. Dollar springen. Der harte Preiskampf, mit dem Billigflieger wie Ryanair und easyJet den klassischen Fluglinien wie Lufthansa und Air France-KLM zu schaffen machen, drückt der IATA zufolge auf die Gewinne.

Ebenfalls ungünstig wirkt sich für die Europäer der schwache Euro aus, weil Kerosin weltweit in Dollar abgerechnet wird. In den ersten neun Monaten dieses Jahres hat Lufthansa bereits 5,18 Mrd. Euro für Kerosin ausgegeben, was nur 4,9 Prozent weniger sind als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Air Berlin hat mit 799 Mio. Euro nur 3,4 Prozent weniger gezahlt als vor einem Jahr.

Zahl der Fluggäste steigt weiter

Insgesamt sieht IATA-Chef Tony Tyler die Branche allerdings im Aufschwung. „Die Weltwirtschaft erholt sich weiter, und die sinkenden Ölpreise dürften die Aufwärtsentwicklung im nächsten Jahr verstärken.“ So dürfte die Zahl der Fluggäste auf 3,5 Milliarden steigen - sieben Prozent mehr als für 2014 erwartet. In einigen Weltregionen dürften politische Unruhen, regionale Konflikte und die schwache Konjunktur die Entwicklung jedoch bremsen.

Dass sich die Passagiere mit den Luftlinien über diese Nachricht freuen dürfen und auch davon profitieren, ist mehr als unwahrscheinlich. Die Fluggesellschaften profitieren erst nach und nach vom Ölpreisverfall. Und weil sie das Kerosin üblicherweise lange im Voraus einkaufen, kommen die gesunkenen Preise verzögert in den Ergebnissen an, wie Tyler im Interview mit der „New York Times“ („NYT“) sagte.

AUA-Preise sollen „weniger stark steigen als erwartet“

Air Berlin und Lufthansa profitieren nach eigenen Aussagen deshalb auch langsam von den sinkenden Kerosinpreisen, weil sie aus der Vergangenheit noch Preissicherungsverträge auf höherem Niveau mitschleppen. Die österreichische Lufthansa-Tochter Austrian Airlines (AUA) denkt deshalb nicht daran, die Ticketpreise zu senken - im Gegenteil. „Die Preise werden nur weniger stark steigen als von uns erwartet“, sagte Pressesprecher Peter Thier am Mittwoch zur APA.

Für Ryanair-Chef Michael O’Leary sind das keine Argumente. „Wenn die Ölpreise steigen, sind die (Fluglinien, Anm.) immer ganz schnell im Erhöhen dieser Kerosinzuschläge, aber wenn der Ölpreis fällt, extrem langsam. Das ist nur eine Abzocke“, sagte O’Leary in einem Interview. Viele Fluggesellschaften haben die Kerosinzuschläge in Zeiten steigender Rohstoffkosten eingeführt. Sie können einen großen Teil des Ticketpreises ausmachen.

Einen derartig ausgewiesenen Zuschlag gibt es im Lufthansa-Konzern zwar nicht mehr, stattdessen hebt man aber einen allgemeinen Zuschlag namens „International Surcharge“ ein, der Steuern, Gebühren und Treibstoffkosten abdecken soll. Bis zu 24 Monate im Voraus sichern („hedgen“) die Gesellschaften einen großen Teil ihres Spritbedarfs, was Preisanstiege und eben auch -abstürze dämpft. Langfristig habe man damit viel Geld gespart und werde an dieser Art Risikomanagement festhalten, so Lufthansa-Finanzvorstand Simone Menne.

Airlines investieren in Flottenmodernisierung

Ein weiterer Grund dafür, dass die Kunden vom Ölpreisverfall nichts spüren werden, ist laut „NYT“ die Tatsache, dass viele Airlines derzeit in einen Ausbau ihrer Flotte sowie eine Modernisierung der Infrastruktur investieren.

Die Air-France-KLM-Gruppe hat beispielsweise gerade mehr als 1,2 Mrd. Dollar (rund 0,7 Mrd. Euro) in die Überholung ihrer Maschinen sowie den Ausbau der Flughafenlounges und die Erweiterung des Serviceangebots gesteckt. Dazu gehört etwa der extravagante Ausbau der Business-Class-Lounge auf dem Kennedy-Flughafen in New York - inklusive Spa-Bereich. „Die Regeln des Spiels haben sich geändert“, sagte Air-France-KLM-Vorstand Alexandre de Juniac gegenüber der „NYT“. „Unsere Mitbewerber sind sehr gut, wir müssen besser sein.“

Ähnlich sieht man das auch bei den American Airlines. Das Unternehmen verkündete erst vergangene Woche, dass man zwei Mrd. Dollar (rund 1,6 Mrd. Euro) investieren werde - größtenteils in den Komfortausbau in den teureren Klassen. Bequemere Bestuhlung, WLAN in allen Flügen und modernere Lounges auf den Flughäfen sollen vor allem Businesskunden das Reisen angenehmer machen.

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