Saudi-Arabien vs. Iran
Der Machtkampf im Nahen Osten geht in die nächste Runde. Der Iran und Saudi-Arabien buhlen um die Vorherrschaft und den Einfluss in der Region. Während es nach dem Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zwar nach Jahren kühler Distanz eine notgedrungene Wiederbelebung der Beziehungen zwischen Riad und Teheran gab, gehen die Rivalitäten hinter den Kulissen weiter.
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Der Iran sieht sich allein schon aufgrund seiner Geschichte als große Regionalmacht und will sich dementsprechend behaupten. Als Ventil dient ihm der „schiitische Halbmond“. Im Nahen Osten werden die Länder, die einen hohen Anteil von Schiiten oder gar eine schiitische Mehrheit in der Bevölkerung aufweisen, als „schiitischer Halbmond“ bezeichnet. Die Bezeichnung geht darauf zurück, dass die Länder Bahrain, Iran, Irak und Libanon einen Halbmond bilden, wenn man sie verbindet.
Der „schiitische Halbmond“ wird vom Gottesstaat genutzt, um die Regionalmacht des Iran und den Einfluss der Schiiten als Gegenpol zu den von Saudi-Arabien gelenkten Geschicken der sunnitischen Mehrheit innerhalb der Muslime der Region zu stärken.
Syrien wichtiger Verbündeter
Der wichtigste Sockel Teherans in der Region ist abgesehen von den erwähnten Ländern Syrien. Es gehört mangels einer schiitischen Bevölkerungsmehrheit eigentlich nicht zum „schiitischen Halbmond“, wird aber von einer kleinen schiitischen Elite, die den Alawiten angehört, geführt. Das seit mehreren Jahren von einem durch Proteste gegen Präsident Baschar al-Assad ausgelösten blutigen Bürgerkrieg zerrissene Land unterhält enge Beziehungen zum Iran. Assad sorgt dafür, das iranische Einflussgebiet zu gewährleisten. Die Islamische Republik greift Assad regelmäßig tatkräftig unter die Arme. Zudem streckt Teheran die Fühler in die genannten Länder und auch nach Bahrain, in den Libanon und nach Aserbaidschan aus.
In gewisser Weise wird auch der Jemen zum „schiitischen Halbmond“ gezählt, auch wenn aufgrund schwankender Angaben unklar ist, ob das Land eine schiitische Mehrheit oder starke schiitische Minderheit hat. Eine Sonderrolle nimmt wegen seiner Vielfalt der Libanon ein. Da die vom Iran unterstützte Hisbollah dort aber politisch sehr aktiv ist, dient er für die Umsetzung der Ziele Teherans und durch die Verflechtungen mit Syrien als eine Art Drehscheibe.
„Sunnitisches Dreieck“ als Gegenpol
Nach den Ereignissen des „arabischen Frühlings“ und der Entmachtung der Herrscher in Ägypten, Tunesien, im Jemen und in Libyen, den US-Operationen in Afghanistan und dem Irak und nach den jüngsten Spannungen in der Region wegen der anhaltenden Syrien- und Irak-Krise sprechen Experten neben dem „schiitischen Halbmond“ auch von einem Gegenpol, nämlich vom „sunnitischen Dreieck“ mit der Türkei, Saudi-Arabien und Ägypten. Trotz ihrer unterschiedlichen Interessen verfolgen die drei Länder ein gemeinsames Ziel: das Zurückdrängen des Einflusses des Iran beziehungsweise der USA in der Region.
Atomstreit entscheidet mit
Die Türkei unterhält aber auch sehr enge wirtschaftliche Beziehungen zu Teheran und sucht auch bei anderen regionalen Angelegenheiten eine enge Kooperation mit dem Iran. Das wiederum erzürnt Riad und die anderen arabischen Golfstaaten. Wer den regionalen Schlagabtausch letztlich für sich entscheiden wird, hängt auch davon ab, ob der Atomstreit zwischen dem Westen und dem Iran mit einem endgültigen Abkommen gelöst werden kann. Sollte das tatsächlich gelingen, würde Teherans Einfluss mit dem Ende der westlichen Wirtschaftssanktionen rasant steigen. Gelingt das nicht, wird Saudi-Arabien weiterhin von der westlichen Distanzpolitik gegenüber Teheran profitieren.
Arian Faal, APA
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