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Garantiezins ab 1. Jänner bei 1,5 Prozent

Die Österreicher sparen nicht mehr so viel, wie sie das noch vor wenigen Jahren getan haben. Angesichts der mageren Zinsen ist das wenig verwunderlich. Wenn Geld zur Seite gelegt wird, dann geschieht das klassischerweise konservativ: Neben dem Sparbuch und Bausparverträgen zählen Lebensversicherungen noch immer zu den beliebtesten Spar- und Anlageformen. Und das, obwohl die klassische Lebensversicherung nach und nach droht, ihr Versprechen zu verlieren.

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Denn der Garantiezins sinkt angesichts des schlechten Zinsumfeldes weiter. Mit 1. Jänner wird er nach einer Bestimmung der Finanzmarktaufsicht (FMA) nur noch bei 1,5 Prozent liegen, statt wie bisher bei 1,75 Prozent. Dieser Garantie- oder Rechnungszins ist freilich nur ein Teil der Gesamtverzinsung - hinzu kommt im Idealfall noch eine Gewinnbeteiligung. Daraus ergibt sich die Gesamtverzinsung, die derzeit im Schnitt laut Versicherungsverband (VVO) bei etwa 3,25 Prozent liegt.

VKI: Jede zweite LV wird vorzeitig gekündigt

Aus Sicht des Vereins für Konsumentenschutz (VKI) sind die niedrigen Zinsen nur ein Grund mehr, warum Lebensversicherungen „schon länger“ ausgedient haben. Was man schon seit Jahren kritisiere, seien die hohen Kosten und die ungleiche Verteilung der Belastungen, sagte Walter Hager vom VKI zu ORF.at. Hinzu kämen zu wenig Flexibilität und mangelnde Transparenz - der Kunde wisse überhaupt nicht, was mit seinem Geld passiere. Und mehr Flexibilität ist offenbar dringend nötig, denn, so Hager, jeder Zweite löse Schätzungen zufolge seine Lebensversicherung vorzeitig auf. Und das kommt die Kunden in der Regel teuer zu stehen.

Eine Kritik, die man beim VVO so pauschal nicht stehen lassen will. Das klinge „dramatischer, als es ist“, sagt Manfred Rapf, Sprecher der Sektion Lebensversicherung des VVO und Vorstandsdirektor der Sparkassen Versicherung. Man rede hier von wenigen Prozent im Jahr - das „summiert sich natürlich auf“.

Verband: Kunde hat auch Verantwortung

Ein vorzeitiger Ausstieg sei nicht immer mit hohen Kosten verbunden, so Rapf. „Das stimmt für einzelne Anbieter, aber nicht für alle.“ Der Anbieter veranlage das Kapital ja im Hintergrund auch langfristig; wenn der Kunde einen langfristigen Vertrag abschließe, sei es nur verständlich, dass ein frühzeitiger Ausstieg in der Regel nicht gratis ist. Der Kunde werde bei Vertragsabschluss über die Leistungsentwicklung im Detail informiert. Die Verantwortung, sich diese verpflichtenden Angaben auch anzuschauen, könne man ihm aber nicht abnehmen, so Rapf.

Rapf zweifelt jedenfalls nicht daran, dass Österreicher auch in Zukunft gerne in Lebensversicherungen investieren werden und dass auch der Garantiezins noch nicht ausgedient hat. „Schon schlicht und einfach deswegen, weil es keine (anderen, Anm.) Produkte am Markt gibt, die Garantien anbieten, über den Zeitraum, den es Lebensversicherungen tun.“ Der Bedarf sei jedenfalls da, und das Problembewusstsein bezüglich einer zusätzlichen Altersvorsorge sei in den letzten Jahren größer geworden.

Als Vorsorgemodell wieder im Kommen?

Das lässt sich offenbar entgegen aller Vorbehalte gegen Lebensversicherungen auch an den Zahlen ablesen: Etwas zurückgegangen seien zwar fondsgebundene Lebensversicherungen, weil diese viel riskanter seien als die „klassische“. Diese jedoch sei „sehr stabil“. Bei Lebensversicherungsformen als Pensionsvorsorgemodell beobachte man sogar Zuwächse in der Branche, so Rapf.

Das bestätigt auch Peter Eichler, Vorstandsmitglied der Uniqa. Der Bedarf an Vorsorgeprodukten sei objektiv gesehen so „groß wie nie zuvor“, so Eichler mit einem Verweis auf das Pensionskonto. Auf der anderen Seite würden Alternativen immer rarer. Man sei bei den Lebensversicherungen deshalb „am aufsteigenden Ast“.

Uniqa-Produkte nur noch ohne Garantiezins

Bei der Uniqa hat man angesichts des schwierigen Marktumfelds bereits die Reißleine gezogen und sein Lebensversicherungsportfolio umgekrempelt. Neu abgeschlossene Lebensversicherungen gibt es mit Jänner nur noch ohne Garantiezins. Gelockt wird stattdessen damit, dass nun die gesamte Nettoprämie (also der einbezahlte Betrag abzüglich Steuern) verzinst wird und dass in flexibler Höhe einbezahlt und Beträge entnommen werden können. Auch werden die Abschlusskosten über die ganze Laufzeit verteilt, ein vorzeitiger Ausstieg wäre damit nicht so teuer, wie er es bei der jetzigen Variante ist.

Für Eichler ist das ein Modell, an dem „kein Weg vorbeiführt“. Nicht nur weil die niedrigen Zinsen wohl nicht gerade als Kundenmagnet dienen, sondern auch um auf aktuelle Erfordernisse und die langjährige Kritik von Konsumentenschützern zu reagieren. Die Gesamtverzinsung soll bei dem neuen Produkt gleich hoch sein wie bisher, „ungefähr drei Prozent“. Für den Anbieter hat das freilich den Vorteil, dass das teure Garantieversprechen, unter dem die Versicherer derzeit vor allem durch Altverträge leiden, wegfällt.

Eichler: Zins „unausweichlich“ vor weiterem Minus

Dass der Garantiezins weiter sinken wird, ist für Eichler klar - und er rechnet sehr bald damit. Schon im nächsten Jahr werde er „unausweichlich“ bei 1,25 oder gar einem Prozent liegen. Zum Vergleich: In Deutschland wird er mit Jahreswechsel um ganze 0,5 Prozent auf 1,25 gesenkt. Schon bei 1,5 Prozent dauere es 26 Jahre, bis der Versicherungsnehmer sein Geld „garantiert wiedersieht“. Bei der Uniqa rechnet man dementsprechend damit, dass „weite Teile des Markts“ bald nachziehen werden. Einige haben bereits Bereitschaft in diese Richtung signalisiert, unter anderem auch die S-Versicherung, wie Rapf sagt. Dort werde man 2016 mit Inkrafttreten verschärfter Eigenkapitalregeln (Solvency II) ein Produkt mit einem niedrigeren Garantiezins auf den Markt bringen.

Spitzensätze von sieben bis acht Prozent

Zu den Spitzenzeiten in den 80er und 90er Jahren habe man eine Gesamtverzinsung von sieben bis acht Prozent gehabt, so Rapf. Noch heute gibt es Verträge mit vierprozentigem Garantiezins. Für die Versicherer ist das angesichts der niedrigen Marktzinsen eine große Kostenbelastung. In Deutschland warnen Experten bereits davor, dass bei einem anhaltend niedrigen Zinsumfeld manche Versicherer in acht bis elf Jahren Schwierigkeiten haben könnten, ihre Verträge zu erfüllen.

Versicherer: Garantieversprechen nicht in Gefahr

Von einer derartigen Gefahr will man in Österreich noch nicht sprechen. Hierzulande sei man in einer „etwas glücklicheren Lage“, sagt Uniqa-Vorstand Eichler gegenüber ORF.at. Die heimischen Versicherer seien in den vergangenen Jahren stets vorsichtiger gewesen als die deutschen, was Versprechen betreffe. Der heimische durchschnittliche Garantiezins sei um etwa einen halben bis einen Prozentpunkt unter dem des deutschen, so Eichler.

Wenn es nicht „ewig“ so weitergehe mit den extrem niedrigen Zinsen, müsse man sich die Sorgen, dass Versicherer ihre Versprechen nicht einhalten könnten, hierzulande nicht machen, ist er überzeugt. Ähnlich Rapf: Aus seiner Sicht ist die Situation in Österreich „leichter zu managen“, obwohl man mit den Zinsversprechen auch hier vorsichtig umgehen müsse.

VKI: „Alternativen sehen wir auch nicht wirklich“

Hager vom VKI zeigt sich da skeptischer. „Ich wär mir nicht sicher, ob das für alle glimpflich ausgeht.“ Auf die Frage, welche Alternativen der VKI zur Lebensversicherung vorschlägt, weiß auch er nicht so recht eine Antwort. An sich sei ja die Lebensversicherung ein gutes Produkt, aber am System müsse man einiges verändern. „Alternativen sehen wir auch nicht wirklich“, sagt Hager.

Petra Fleck, ORF.at

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