Schäuble spielt Erwartungen herunter
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hat nach dem ECOFIN am Dienstag in Brüssel die Erwartungen für eine Finanztransaktionssteuer auf Basis der elf für eine verstärkte Zusammenarbeit willigen Staaten gedämpft. Ein erster Schritt könnte „in Bälde erreicht“ werden, doch dürfe dieser „nicht lächerlich sein“, so dass er „das richtige Anliegen kaputt macht“.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die Verhandlungen kommen seit langem nur mühsam voran, nachdem Deutschland, Frankreich, Italien und andere Euro-Staaten 2012 die Einführung der Börsensteuer vereinbarten. Zahlreiche Banken und die Börsen der beteiligten elf Länder machen seit langem Stimmung gegen die Abgabe.
Problemfall Derivate
Schäuble erklärte, er habe sich mit Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) beraten, einen ersten Schritt vorzuschlagen. Ohne Derivate auf Aktien mache das „ja wirklich keinen Sinn. Aber wenn man sich nicht so leicht zwischen den beteiligten Ländern verständigen kann, welche Derivate das sind, könnten wir vielleicht eine Lösung suchen, dass wir mit Aktien anfangen und ein Jahr später alle Derivate auf Aktien mit einem sehr niedrigen Satz besteuern.“ Das sollte jetzt nochmals versucht werden.
Neuer Vorschlag Schellings
Schelling hatte am Vormittag erklärt, den neuen Vorschlag eingebracht zu haben, da der letzte im November „keinen wirklichen Durchbruch“ ergeben habe. Nun gebe es den neuen Vorschlag, der von der technischen Gruppe neuerlich geprüft werde. Wichtig sei, dass „das Projekt weitergeht und nicht gestoppt wird“.
Schelling zeigte sich zudem vorsichtig hinsichtlich des Zeitplans für das Inkrafttreten. Der 1. Jänner 2016 sei zwar noch ein mögliches Datum, aber „schwierig“. Jedenfalls seien alle elf an der Finanztransaktionssteuer interessierten Staaten übereingekommen, das Projekt weiterzuverfolgen. Konkrete Details gebe es noch nicht, eine Möglichkeit sei ein Inkrafttreten in Etappen.
Auf die Frage, wo man sich näher gekommen sei und ob es schon eine Einigung in einigen Teilbereichen gebe, sagte Schelling, „es gibt keine Einigung. Das wäre völlig übertrieben zu sagen. Aber in einigen Fragen hat man sich mit den neuen Vorschlägen auseinandergesetzt. Das ist ein Fortschritt schlechthin. Ob es zu einer Einigung kommt, kann ich nach der derzeitigen Lage nicht beurteilen.“
„Kleine Schritte“
Auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Finanztransaktionssteuer angesprochen sagte auch Schäuble, 2016 könnte halten. „Wenn im ersten Quartal 2015 eine Einigung erzielt wird, ist das zu halten. Aber die Erwartungen sollte man nicht groß aufblasen. Ein kleiner Schritt ist besser als gar keiner.“
Generell gebe es das Problem in vielen Finanz- und Steuerfragen, dass eine globale Regelung zwar das Beste wäre, doch „so weit ist die Welt nicht. Bei der Finanztransaktionssteuer hat mir (der englische Finanzminister George, Anm.) Osborne gesagt, sobald die USA mitmachen, mache ich auch mit. (Der Euro-Gruppe-Vorsitzende und niederländische Finanzminister Jeroen, Anm.) Dijsselbloem hat erklärt, sobald die Briten mitmachen, mache ich auch mit.“
Schäuble erinnerte auch an die Entwicklung bei der Zinsbesteuerungsrichtlinie. „Wenn ich überlege, wie lange wir mit der Richtlinie blockiert waren und wie es plötzlich Bewegung gab. Deswegen müssen die Anstrengungen weitergehen. Der erste Schritt wird vielleicht doch ein Momentum auslösen. Manchmal geht es ganz lang, und plötzlich bewegt sich was“, so der deutsche Ressortchef.
Zumindest „Bemühen spürbar“
Der italienische Ratsvorsitzende Pier Carlo Padoan konzedierte einige Fortschritte und das Bemühen, unterschiedliche Meinungen der elf an einer verstärkten Zusammenarbeit interessierten Staaten zu einigen Aspekten konsolidieren zu können. Beim letzten ECOFIN unter italienischer Präsidentschaft hatte Padoan den kommenden Ratsvorsitz Lettland aufgefordert, im ersten Halbjahr 2015 das Thema weiterzuverfolgen.
EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici zeigte sich optimistischer. Es bestehe durchaus die Möglichkeit, noch heuer einen „entscheidenden Schritt zu vollziehen“. Das müsste auch das Ziel sein. Er bleibe dabei, dass die Harmonisierung auf EU-Ebene zu den politischen Prioritäten der neuen Kommission gehöre.
Auch zu elft schwierig
Der französische Finanzminister Michel Sapin erklärte, es sei fast komplizierter, bei diesem Thema zu elft voranzukommen als mit allen 28 EU-Staaten. Es gebe bisher zwar Fortschritte bei der Besteuerung von Aktien, doch es bleibe einiges zu tun. Der erste Schritt sei eine Einigung der elf Teilnehmerstaaten, wenn nicht bis Jahresende, dann bis Anfang 2015.
Als Padoan ankündigte, dass die Finanztransaktionssteuer auf der Tagesordnung der G-11 bleiben werde, machte Schäuble den Vorschlag, den Italiener doch zum Vorsitzenden dieser Gruppe zu machen. Padoan reagierte überrascht und meinte auf Deutsch: „Vielen Dank“ und fügte hinzu, „dass Sie so nett an mich gedacht haben.“
Links: