Von Autoren bis zu Theatermachern
Überlegungen von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), den begünstigten Mehrwertsteuersatz von zehn Prozent, wie er etwa für Bücher, Zeitungen, Theater- und Konzertkarten gilt, anzuheben, sind am Donnerstag in der heimischen Kulturbranche auf heftigen Widerstand gestoßen. Vor allem aus der Theater- und Literaturszene wurden Proteste laut.
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„Das ist keine gute Idee“, sagte der Präsident des Wiener Bühnenvereins, VBW-Generaldirektor Thomas Drozda. In Spanien hätte eine Mehrwertsteueranhebung katastrophale Auswirkungen auf die Kultur gehabt. Ähnliches sei für Österreich zu befürchten. „Das endet in höheren Subventionen und niedrigeren Auslastungszahlen, also in höheren Pro-Kopf-Zuschüssen für die Eintrittskarten“, so Drozda zur APA. Im Endergebnis käme das den Staat wohl teurer als eine Beibehaltung der reduzierten Mehrwertsteuer für Kulturveranstaltungen.
Preiserhöhungen könnten drohen
Den auch für die Karten der Bundestheater geltenden Zehn-Prozent-Umsatzsteuersatz anzuheben wäre katastrophal, meinte Thomas Königstorfer, der kaufmännische Geschäftsführer des Burgtheaters, zur APA. „Entweder sinken die Einnahmen um zehn Prozent, wenn man den Preis halten möchte. Oder der Besucher muss eine weitere zehnprozentige Kartenpreissteigerung hinnehmen - und Wien liegt im deutschsprachigen Raum hier schon ganz oben.“ Theater „endgültig zum elitären Gut“ zu machen „kann nur das falsche Signal sein“. Auch Königstorfer befürchtet als Folge langfristig „einen höheren Subventionsbedarf pro Theatersitz“.
Buchhandel: Rückfall in Steinzeit
Scharf kritisiert der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB) die Pläne des Finanzministers. Diese seien ein „Rückfall in eine kulturpolitische Steinzeit“, so HVB-Präsident Benedikt Föger in einer Aussendung. Der europäische Trend hinsichtlich der Besteuerung von Büchern laufe in die entgegengesetzte Richtung.
„Frankreich, Spanien, Schweden und die Niederlande haben im vergangenen Jahr den einstimmig gefassten Beschluss der EU-Finanzminister, den reduzierten Mehrwertsteuersatz zumindest für Hörbücher und digitale Bücher als CD oder CD-ROM zuzulassen, bereits national umgesetzt. Deutschland hat soeben den Steuersatz für Hörbücher gesenkt, und es gibt Pläne, auch jenen von E-Books auf sieben Prozent zu senken.“ Der reduzierte Mehrwertsteuersatz sei „ein gesellschaftlich notwendiges Zeichen für die herausgehobene kulturpolitische Wertschätzung des Buches“, so Föger.
Mailath-Pokorny: Fatal für Kulturbereich
„Finanzminister Schelling macht damit nicht nur eine jahrzehntelange Aufbauarbeit im österreichischen Verlagswesen zunichte, er sorgt auch für künftig notwendige zusätzliche Bildungsinvestitionen in einem vielfachen Ausmaß dessen, was ihm die jetzige Mehrwertsteueranhebung bringt“, hieß es von IG-Autorinnen-Autoren-Geschäftsführer Gerhard Ruiss. Auch beim Buchversand habe Österreich „Weltrekordtarife“. „In so gut wie allen EU-Ländern, in denen ermäßigte Mehrwertsteuersätze eine Rolle spielen, erfährt das Buch eine besonders begünstigte Behandlung. Dasselbe gilt, wenn auch ein wenig abgeschwächt, für Kulturveranstaltungen und Zeitungen und Zeitschriften“, so Ruiss.
„Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wäre gerade für das Kulturland Österreich höchst dramatisch“, hob auch Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) gegenüber der APA hervor. Anderswo habe die Anhebung der Mehrwertsteuer im Kulturbereich fatale Auswirkungen gehabt. „Wir hingegen versuchen seit Jahren, den Zugang zu Kunst und Kultur zu vereinfachen, etwa durch den Gratiseintritt in die Museen und eigene Vermittlungsprogramme. Auch die in Wien noch vorhandene relative Dichte an Buchhandlungen wäre massiv gefährdet. Es ist ein völlig falsches Signal, Kulturgut, das allen zusteht, höher zu besteuern.“
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