Umsatzeinbußen befürchtet
Die Wirtschaftsbereiche, die von der von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) angedachten teilweisen Erhöhung der Mehrwertsteuer betroffen wären, wehren sich bereits. Die IG-Autoren, das Hotel- und Gastgewerbe sowie die Verkehrswirtschaft lehnten derartige Pläne am Donnerstag rundweg ab.
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Schelling hatte Überlegung zu einer Mehrwertsteueranhebung im Zuge der Steuerreform zuvor Medien gegenüber bestätigt. Bereiche, die den täglichen Bedarf betreffen, sollen allerdings ausgeschlossen sein. So will Schelling die Zehn-Prozent-Mehrwertsteuer auf Wohnen, Lebensmittel und Medikamente nicht verändern. Auch der Normalsteuersatz von 20 Prozent bleibe bestehen, wird Schelling in „Kleiner Zeitung“ und „Kurier“ zitiert.
Bücher, Zeitungen, Veranstaltungskarten und Co.
Doch es gibt noch genug andere Bereiche, wo der Steuersatz bei den begünstigten zehn Prozent bzw. zwölf Prozent liegt und es daher bei den Gegenfinanzierungsmaßnahmen zur Lohnsteuerentlastung Spielraum gibt. Mit zehn Prozent besteuert werden etwa Bücher, Zeitungen, Theater- und Konzertkarten, Schnittblumen, Hotelnächtigungen oder Kanalgebühren. Teurer werden könnte auch Wein ab Hof, für den derzeit ein Satz von zwölf Prozent gilt.
Und die betroffenen Wirtschaftszweige wehrten sich am Donnerstag auch unisono mit einem Aufschrei. Die Anhebung der Mehrwertsteuer wäre zwar durch die Umsatzsteuerabzugsberechtigung nur ein Durchlaufposten, doch die Unternehmer und Firmen befürchten durch die Anhebung veritable Umsatzeinbußen.
Urlaub würde teurer werden
Die beiden Obmänner der Fachverbände Gastronomie und Hotellerie in der Wirtschaftskammer, Helmut Hinterleitner und Klaus Ennemoser, sehen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Nächtigungen als einen „massiven Angriff“ auf ihre Wettbewerbsfähigkeit. „Als Konsequenz würden für Herrn und Frau Österreich das Schnitzel im Gasthaus und der Familienurlaub durch eine erhöhte Steuer jedenfalls teurer.“ Die beiden Obleute warnen vor einer Gefährdung von 200.000 Arbeitsplätzen. Auch die Hoteliervereinigung warnte vor dem Verlust von Arbeitsplätzen und einer Verteuerung von Urlauben.
Die Verkehrswirtschaft wehrt sich ebenfalls gegen eine mögliche Anhebung der Mehrwertsteuer für den öffentlichen Verkehr. „Wer hier an der Steuerschraube dreht, verursacht Frau und Herrn Österreicher Verteuerungen statt der angepeilten Entlastungen. Zusätzlich wären Unternehmen und Arbeitsplätze im öffentlichen Verkehr gefährdet und der ökologische Effekt nachteilig“, meinte Bundesspartenobmann Alexander Klacska.
„Bücher dürfen keine Ware werden“
Die IG Autoren fordert den Finanzminister auf, sofort und unmissverständlich von seinem Vorhaben abzurücken, den begünstigten Mehrwertsteuersatz von zehn Prozent für Bücher zu streichen. Bücher wären damit in Zukunft kein Kulturgut mehr, sondern eine x-beliebige Ware. Schelling mache damit nicht nur eine jahrzehntelange Aufbauarbeit im Verlagswesen zunichte, er sorge dafür, dass künftig zusätzliche Bildungsinvestitionen notwendig wären, und zwar in einem vielfachen Ausmaß dessen, was ihm die jetzige Mehrwertsteueranhebung bringe, kritisierte die IG Autoren.
ÖGB kann sich kleine Änderungen vorstellen
Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) hat am Donnerstag klargestellt, dass er eine allgemeine Erhöhung der Mehrwertsteuer ablehnt und sich nur in einigen wenigen Bereichen eine Erhöhung des reduzierten Steuersatzes vorstellen kann. Im Vordergrund stehe weiter eine Entlastung der Arbeitnehmer, die sie sich nicht selbst finanzieren müssen, betonte ÖGB-Präsident Erich Foglar in einer Aussendung.
In der Expertengruppe sei diskutiert worden, einige Ausnahmen vom Normsteuersatz, der bei 20 Prozent liegt, zu streichen. Diese Ausnahmen betreffen beispielsweise den Ab-Hof-Verkauf von Wein (derzeit zwölf Prozent), Holz und Saatgut (zehn Prozent). „Über Theaterkarten, Blumen oder Bücher wurde nie gesprochen. Woher dieses Märchen kommt, ist mir schleierhaft“, sagte der ÖGB-Präsident.
„Derzeit gilt der ermäßigte Steuersatz von zehn Prozent unter anderem für Nahrungsmittel, Medikamente, Mieten sowie Gas und Strom. Und natürlich soll das auch beibehalten werden. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für diese Güter und Leistungen, die man für das tägliche Leben braucht, ist für uns nie infrage gekommen“, stellte Foglar kar.
Industrie wollte Steuersatz reduzieren
Die Industrie hingegen hatte bereits Ende September in ihrem Vorschlagspapier zu einer Steuerreform eine Senkung der Umsatzsteuer für Dinge des täglichen Bedarfs wie etwa Lebensmittel auf fünf Prozent vorgeschlagen, um den Konsum anzukurbeln.
Diese Reduktion der Mehrwertsteuer soll laut der Industriellenvereinigung (IV) eine Entlastung von 944 Mio. Euro bringen. Im Gegenzug sollen allerdings Produktgruppen, die dem ermäßigten Steuersatz von zehn Prozent unterliegen, reduziert werden - etwa Steuern auf Pflanzen oder Tierfutter. Der ermäßigte Steuersatz von zehn Prozent soll nur mehr für Bereiche wie Mieten, Kranken- und Kuranstalten sowie Arzneimittel gelten. Laut IV-Konzept würde das rund 1,4 Mrd. Euro in die Kassen der Finanz spülen. Die im 2012er-Konzept der IV vorgeschlagene Erhöhung der allgemeinen Mehrwertsteuer von 20 auf 22 Prozent ist in dem Papier von Ende September kein Thema mehr.
FPÖ: Sozial ein Wahnsinn
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sieht in dem Schelling-Vorstoß das Brechen eines Wahlversprechens der ÖVP, die immer gesagt habe: „Keine neuen Steuern“. Eine teilweise Erhöhung der Mehrwertsteuer wäre „eine Armutssteuer, weil sie die ärmeren Bevölkerungsschichten härter trifft“, so Strache am Donnerstag vor Journalisten in Wien.
„Klarer geht es nicht, ein Wahlversprechen offensichtlich brechen zu wollen“, sagte der FPÖ-Chef. Eine Mehrwertsteuererhöhung sei nicht nur sozial ein Wahnsinn, sondern auch ökonomisch sinnlos, würden doch insgesamt so die Staatseinnahmen sinken, meinte er zuvor in einer Aussendung. Zwar nehme die Bundesregierung durch eine Mehrwertsteuererhöhung kurzfristig mehr ein, verliere dieses Geld jedoch wieder, wenn sich die Konjunktur durch die höheren Steuern verlangsame, so die Kritik der Freiheitlichen.
TS wirft Schelling Umverteilung vor
Auch Team-Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur warf Schelling vor, eine Umverteilung statt einer echten Steuerreform zu planen, die den Menschen mehr Geld bringt. „Eine Steuerreform, die diesen Namen auch verdient, muss ohne Steuererhöhungen auskommen“, meinte Nachbaur in einer Aussendung.
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