Putin will Kapitalflucht stoppen
Russland bekommt die Sanktionen des Westens wohl deutlicher zu spüren, als ihm lieb ist. Der Wirtschaft des Landes droht im nächsten Jahr eine Rezession. Der extrem niedrige Ölpreis und der schwache Rubel setzen der Wirtschaft zusätzlich zu - es wird erwartet, dass die Steuereinnahmen 2015 um mehr als 140 Mrd. Euro zurückgehen, etwa für die Hälfte des Betrages ist der niedrige Ölpreis verantwortlich.
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Auch wenn Präsident Wladimir Putin Optimismus verbreitet und die Sanktionen des Westens in seiner Rede zur Lage der Nation am Donnerstag als „besten Anreiz für die Erreichung unserer Ziele“ nennt, steht er unter großem Druck, einen Ausweg aus der Wirtschaftskrise zu finden. Der Schaden für die russische Wirtschaft durch Kapitalflucht, Investitionszurückhaltung, Währungsverfall, niedrigen Ölpreis und die Sanktionen summiere sich bereits auf 140 Milliarden Dollar, sagte kürzlich der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).
Budget kalkuliert mit viel höherem Ölpreis
Der Rubel hat in diesem Jahr mehr als ein Drittel seines Wertes eingebüßt, und der Absturz des Ölpreises reißt ein Loch in den Staatshaushalt. Im Budget wird mit einem Ölpreis von 100 Dollar (81,10 Euro) pro Fass kalkuliert. Zum Vergleich: Derzeit liegt er bei 70 Dollar. Russische Banken haben Mühe, genügend Devisen aufzutreiben, um ihre Dollar-Schulden zu begleichen. Ausländische Investoren wiederum halten sich zurück, weil die Entwicklung der Lage unklar ist.
Putin will Spekulanten strafen
In seiner Rede zur Lage der Nation kündigte Putin am Donnerstag entsprechende Maßnahmen an, um dem Bergab entgegenzusteuern. Zur Unterstützung der russischen Banken soll Geld aus dem Staatsfonds genutzt werden. Für den Fall des Rubels machte Putin Spekulanten verantwortlich. Er kündigte deshalb „harte“ Maßnahmen im Kampf gegen Rubel-Spekulanten an. „Wir haben die Mittel, dagegen vorzugehen. Es ist Zeit, diese Mittel einzusetzen“, sagte Putin. Seine Rede war wegen des dramatischen Rubel-Kursverfalls von den Märkten mit Spannung erwartet worden.
Neben den westlichen Sanktionen hat vor allem der starke Rückgang der Ölpreise in den vergangenen Monaten dem Rubel stark zugesetzt. Die Regierung bestreitet einen Großteil ihrer Einnahmen mit Rohölexporten. Seit der Entscheidung der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) in der vergangenen Woche, ihre Fördermenge unverändert zu lassen, hat sich der Abwärtstrend der Währung noch einmal stark beschleunigt.
Notenbank greift ein
Auch die russische Notenbank ist wieder aktiv geworden. Am Mittwoch hatte sie erstmals seit einem Monat eingegriffen, um den Verfall der Währung aufzuhalten. 700 Millionen US-Dollar wurden zuletzt aus Devisenbeständen verkauft, wie aus Daten auf der Website der Zentralbank hervorgeht. Das ist allerdings ein eher kleiner Betrag: Allein im Oktober hat sie 30 Milliarden Dollar veräußert, um den unter Ukraine-Krise und Ölpreisverfall leidenden Rubel zu stützen.
Die Zentralbank begründete den Schritt damit, dass der jüngste Sturz des Rubels durch die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung nicht gerechtfertigt sei. Die Maßnahme erleichtert russischen Unternehmen den Zugang zum US-Dollar und soll Spannungen bei der Rückzahlung von in ausländischen Währungen aufgenommenen Schulden vermeiden. Bereits im November hatte die russische Zentralbank ihre täglichen Kontrollen des Rubel-Kurses aufgegeben und die schwer angeschlagene Währung frei handeln lassen. Stattdessen wollte die Notenbank - wie sie angekündigt hatte - auf den Devisenmärkten intervenieren, wenn es nötig sei.
Amnestieankündigung schafft vorerst Erleichterung
Nach dem dramatischen Absturz in den vergangenen Wochen geriet die russische Währung am Vormittag zunächst noch einmal mehr gehörig unter Druck: Vor allem Putins Aussagen, dass die westlichen Nationen die Ukraine-Krise verursacht hätten, lasteten auf der russischen Währung. Der Rubel erholte sich jedoch wieder, als Putin die Amnestie für heimkehrendes Auslandskapital und das zeitweise Aussetzen von Steuern ankündigte.
Der Kreml-Chef hat einen Straferlass für Reiche angekündigt, wenn diese ihr Kapital aus Steueroasen zurückbringen: „Es geht um eine vollständige Amnestie. (...) Wenn ein Mensch sein Kapital in Russland legalisiert, erhält er harte rechtliche Garantien, dass man ihn nicht durch die Instanzen zerren wird.“ Diese Chance gebe es aber nur einmal, warnte Putin. Zahlreiche Russen haben „Offshore-Kapital“ in Ländern mit günstigen Steuerbedingungen angelegt, wie zum Beispiel in Zypern.
Nach Einschätzung von Experten dürfte die Kapitalflucht dieses Jahr auf über 100 Milliarden Dollar steigen. Einige Experten rechnen daher mit Kapitalkontrollen, was die Regierung zurückweist.
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