„Mehr Sprit in den Tank“
Führende Sozialdemokraten sehen im schwachen Abschneiden von Kanzler Werner Faymann am Parteitag zwar kein grundsätzliches Problem. Gleichzeitig drängen sie aber auf ein gutes Ergebnis bei der Steuerreform.
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Andernfalls spricht sich der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl - der 2015 in seinem Bundesland zur Wiederwahl antritt - für Neuwahlen aus. „Dann muss man sich fragen, ob die Koalition noch Sinn macht“, so Niessl.
Faymann blieb beim Parteitag am Freitag zum zweiten Mal in Folge deutlich unter 90 Prozent. Kritik an den Streichungen kommt von Bau-Holz-Gewerkschafter Beppo Muchitsch: „Das ist für mich unreif. Das ist eine Trotzreaktion zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort.“ Für die anstehenden Steuerreform-Verhandlungen wäre es ihm „lieber gewesen, dass wir ein bisschen mehr Sprit in den Tank bekommen hätten“. Das Ergebnis wertet er als „Warnschuss, aber auch als Auftrag für eine Steuerreform 2015“.
„Das ist sicher das große Thema“
Auch für Oberösterreichs SPÖ-Vorsitzenden Reinhold Entholzer braucht es nun einen Erfolg bei der Steuerreform: „Die Lohnsteuersenkung zustande bringen - das ist sicher das große Thema bei uns.“ Eine Stärkung sei das Ergebnis für Faymann zwar nicht, aber in Sachen Steuersenkung und Vermögensteuern werde die Partei von einer Mio. Menschen unterstützt, verwies Entholzer auf die Unterschriftenaktion der Gewerkschaft.
Niessl hätte sich angesichts der bevorstehenden Steuerreformgespräche ebenfalls eine Stärkung Faymanns am Parteitag gewünscht, aber: „Man muss sich grundsätzlich von den nordkoreanischen Wahlergebnissen verabschieden.“ Aus eigener Erfahrung wisse er, dass es besser sei, eine klare Position zu vertreten und dafür Streichungen in Kauf zu nehmen. Sollte die Steuerreform im März nicht gelingen, dann solle der Wähler entscheiden, wem er die Reform am ehesten zutraut, so der Landesparteichef.
Schieders Dialektik des Oberwassers
Dass die ÖVP durch das schwache Parteitagsergebnis des Kanzlers Oberwasser bekommen könnte, fürchtet SPÖ-Klubchef Andreas Schieder nicht. „Auch am Oberwasser kann man sich verschlucken“, sagte Schieder gegenüber der APA. Die 83,9 Prozent sieht er als „ganz normales Ergebnis“, denn: „In ökonomisch und politisch schwierigen Zeiten ist der Frontmann, der eine Regierung zu führen hat, im Fokus.“
Dafür dass Faymann das Land nun schon so lange durch eine Krise führen müsse, sei die Mehrheit beim Parteitag eine Leistung, fand Tirols SPÖ-Chef Ingo Mayr. Freilich hätte er sich für Faymann ein besseres Ergebnis erhofft, die erreichten knapp 84 Prozent seien aber „okay“. Die SPÖ sei eine demokratische Partei, da brauche es keine Jubelergebnisse.
Ruf nach energischerem Verhandeln
„Zu erwarten“ sei das Ergebnis gewesen, meinte Vorarlbergs SPÖ-Chef Michael Ritsch mit Verweis auf viele kritische Wortmeldungen bei der Debatte im Vorfeld der Wahl. Er findet, dass Faymann nun aufgefordert sei, energisch in die Verhandlungen mit der ÖVP zur Steuerreform zu gehen. Denn es herrsche bei vielen in der Partei der Wunsch vor, dass in den Gesprächen mit dem Koalitionspartner einmal auf den Tisch geklopft werde.
An sich meint Ritsch, dass Faymann ein gutes Ergebnis für die Steuer-Verhandlungen mit der ÖVP gestärkt hätte, andererseits könne ein „angeschossenes Wild“ auch ganz gefährlich werden, erhofft sich der Vorarlberger SPÖ-Chef, dass der Kanzler angesichts des Parteitag-Ergebnisses angriffiger agieren könnte.
Ergebnis für Schulz „super“
Rückendeckung erfuhr Faymann am zweiten Tag des Parteitags auch von seinem Stargast, dem Präsidenten des Europaparlaments, Martin Schulz. Innerparteiliche Demokratie sei nichts Schlechtes, und überhaupt sei Faymanns Ergebnis „super“. Er könne eine Reihe von Regierungs- und Parteichefs nennen, „die keine 84 Prozent am Parteitag bekommen“, so Schulz.
Faymann selbst hatte ganz zum Abschluss des Parteitags doch noch einen kleinen Tadel für seine Parteifreunde bezüglich der Anwesenheitsdisziplin bei Gremiensitzungen parat. Intensive Debatten seien „keine Schande“ und „eine Auszeichnung für eine lebhafte Partei“. „Aber um diese Diskussion zu führen, muss man halt anwesend sein“, sagte Faymann und weiter: „Ich möchte nicht erleben, dass wir eine chaotische Truppe werden, wo jeder dem anderen etwas über die Zeitung ausrichtet, statt vorbeizukommen und die Diskussion zu führen.“
ÖVP: „Wieder auf Arbeit konzentrieren“
Der Koalitionspartner ÖVP ging auf das Abschneiden Faymanns in seiner Aussendung nicht ein, sondern zeigte sich „froh“, dass der SPÖ-Parteitag nun vorbei ist. Denn ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel forderte die SPÖ auf, sich nun „endlich wieder“ auf „die politische Arbeit statt auf das Bangen vor Ergebnissen“ zu konzentrieren. „Jetzt ist hoffentlich Schluss mit dem Polemisieren aus Panik und der Verweigerung aus Prinzip.“
Die FPÖ hatte Faymann unmittelbar nach der Abstimmung hämisch zum nächsten „Negativrekord“ gratuliert. Die Delegierten, so Herbert Kickl, hätten damit „unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass einem Chef, der in der eigenen Partei quasi nur noch geduldet sei, erst recht als Bundeskanzler schon gar nichts mehr zuzutrauen ist“.
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