Eingriffsrecht bei Landeslisten
Die SPÖ hat sich bei ihrem Parteitag mit großer Mehrheit eine neue Quotenregelung verpasst. Diese ermöglicht es dem Bundesparteivorstand, einzugreifen, wenn zu wenige Frauen (oder auch Männer) über die Landeslisten zum Zug kommen. In den Landesparteien wird die aktuelle Quotenregelung übrigens nur in Wien eingehalten.
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Die Mindestquote pro Geschlecht bleibt bei 40 Prozent. Dass diese erreicht wird, obliegt zunächst den Landesparteien. Zusätzlich ist auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene das Reißverschlussprinzip anzuwenden. Halten sich die Länder nicht an die Vorgaben, muss der Bundesparteivorstand die Länder auffordern, die Listen statutenkonform umzustellen. Passiert das nicht, hat der Bundesvorstand selbstständig die Listen zu korrigieren.
Widerstand von Frauen
Die notwendige Zweidrittelmehrheit erlangte der entsprechende Antrag beim Parteitag trotz etlicher Gegenstimmen mühelos. Ablehnung gegenüber der Statutenänderung kam just von Frauenpolitikerinnen sowie von Jugendorganisationen, nämlich wegen einer Formulierung bezüglich des Nachrückens auf ein frei gewordenes Mandat. Da wird nämlich niedergeschrieben, dass „unter Berücksichtigung gesetzlicher Bestimmungen“ sichergestellt werden muss, dass die Quote erhalten bleibt.
Den Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen werten Frauenpolitikerinnen wie die ehemalige oberösterreichische Frauenchefin Sonja Ablinger als Hinweis darauf, dass Männer ihr durch die Wahlordnung vorgegebenes Recht, ein ihnen zustehendes Mandat als Nachrücker anzunehmen, auch wahrnehmen sollen.
Anlassfall Ablinger
Dieser Verdacht kommt wohl auch aus persönlicher Betroffenheit. Ablinger wollte das Mandat der verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer übernehmen, konnte das aber nicht, da der vor ihr auf der oberösterreichischen Landesliste platzierte Gewerkschafter Walter Schopf nicht verzichtete. Bundes- und Landespartei akzeptierten das mit Verweis auf die Wahlordnung, die von einem Parteistatut nicht geschlagen werden könne.
Laut dem von Luca Tschiderer, Tiroler Chef der Sozialdemokratischen Jugend (SJ), vorgetragenen „Quotenbericht“ an den Parteitag wird die aktuelle Frauenquote derzeit übrigens nur von der Wiener Landespartei eingehalten, in der 44,3 Prozent der Mandate und Funktionen mit Frauen besetzt sind. In Vorarlberg ist es ein Drittel, in den anderen Bundesländern etwa ein Viertel. Die Schlusslichter bilden das Burgenland und Kärnten mit 22,3 bzw. 21,6 Prozent.
SPÖ für Cannabis-Entkriminalisierung
Die SPÖ tritt zudem für die Entkriminalisierung von Cannabis ein. Auf einen entsprechenden Initiativantrag einigte man sich am Samstag vor Beginn der inhaltlichen Debatte am Parteitag.
Ursprünglich hatten die Jugendorganisationen mit der Sozialistischen Jugend an der Spitze eine Legalisierung gefordert. Nunmehr einigte sich die SJ mit der Parteispitze darauf, sich fürs Erste mit der Entkriminalisierung zufrieden zu geben. Devise des Antrags ist eigentlich „helfen statt strafen“. Ausgebaut werden soll die Prävention. Wie man im Strafrecht die weitere Entkriminalisierung gestalten will, dazu soll eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet werden.
Alle Leitanträge angenommen
Nicht nur der Leitantrag zur Frauenquote, sondern auch die anderen zehn Leitanträge bekamen beim Parteitag nach vielstündiger, vor allem von den Jugendorganisationen getragener Debatte eine klare Mehrheit. So setzt sich die SPÖ etwa für eine Millionärs-, eine Erbschafts- und eine Schenkungssteuer ein, forciert die ganztägige Gesamtschule und lehnt die Investitionsschutzbestimmungen beim geplanten TTIP-Handelsabkommen mit den USA ab.
Was die Organisationsreform angeht, wurde festgelegt, dass künftig schon zehn Prozent der Mitglieder eine Befragung der Basis erzwingen können. Bisher waren es 15 Prozent. Angenommen wurde auch ein erst heute Früh angekündigter Initiativantrag, der sich für eine Entkriminalisierung des Marihuanakonsums einsetzt.
Flüchtlingsaufteilung nach Gemeindeschlüssel
Auch zahlreiche Anträge von Teilorganisationen fanden Zustimmung, etwa einer zur Abschaffung des Landfriedensbruch-Paragrafen - und auch einer der SPÖ Niederösterreich, wonach es für säumige Länder bei der Asylwerberunterbringung Sanktionen geben und die Flüchtlingsaufteilung bis auf die Kommunen hinuntergebrochen werden soll.
Abgelehnt wurde keiner der rund 190 Anträge, allerdings viele zur weiteren Diskussion in die Gremien geschoben. Am knappsten wurde es bei einem von den Proponenten stark beworbenen Antrag zu einer Liberalisierung des Staatsbürgerschaftsrechts, bei dem eigens abgezählt werden musste, ehe (mit dem Ergebnis von 152:110) feststand, dass er - wie von der Parteiführung vorgesehen - zur weiteren Beratung in den Parlamentsklub weitergeleitet und damit vorerst nicht beschlossen wird.
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