Saudi-Arabien als Gewinner
Trotz des niedrigsten Ölpreises seit vier Jahren hält die Organisation Erdöl fördernder Staaten (OPEC) die tägliche Fördermenge auf dem bisherigen Niveau. Es gebe „keine Veränderung“, sagte der kuwaitische Ölminister Ali al-Omair am Donnerstag in Wien nach Gesprächen mit seinen Kollegen aus den anderen Mitgliedstaaten. Der Ölpreis in London gab nach der Entscheidung weiter nach.
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„Wir wollen abwarten, wie sich der Markt entwickelt“ - so hat OPEC-Generalsekretär Abdallah Salem el-Badri die Entscheidung der OPEC kommentiert, trotz des rasanten Ölpreisrückgangs die Fördermenge von 30 Mio. Barrel pro Tag nicht zu reduzieren. Auch der saudi-arabische Ölminister Ali al-Naimi bestätigte den Schritt nach der fünfstündigen Sitzung in Wien. Ihr nächstes Treffen will die OPEC erst im Juni abhalten und signalisierte damit, auch kein Sondertreffen einzuplanen. Zudem war in ihrer Erklärung auch nicht davon die Rede, dass Mitglieder die Überproduktion einstellen sollten.
OPEC gespalten
Eine Beibehaltung des Status-quo hatte sich bereits abgezeichnet, da über eine Reduzierung der Fördermenge kein Konsens unter den OPEC-Mitgliedern herrschte. Mit der jetzigen Entscheidung setzte sich eine Gruppe wohlhabender Golfstaaten um Saudi-Arabien durch. „Die Golfländer können mit dem Preis einfach noch leben“, kommentierte Energieanalystin Cornelia Meyer die Entscheidung in Wien. Ärmere OPEC-Mitglieder wie Venezuela dagegen hatten auf eine Kürzung gedrängt, um dem Preisverfall auf den Ölmärkten Einhalt zu gebieten.
Der venezolanische Außenminister Rafael Ramirez sagte vor Beginn der Gespräche in Wien, es seien rund zwei Millionen Barrel pro Tag zu viel auf dem Markt. Venezuelas Präsident Nicolas Madura kündigte im Vorfeld der Sitzung gar ein „Bündnis gegen den Ölpreisverfall“ an. Auch der iranische Ölminister Bischan Namdar Sanganeh erklärte, es müsse etwas unternommen werden, um den Markt kurzfristig zu beeinflussen. Dagegen sagte der Ölminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Suhail al-Masruei, der Markt werde sich selbst stabilisieren. Minister Omair aus Kuwait erklärte, selbst eine Reduzierung der OPEC-Fördermenge werde das Überangebot aber nicht aufwiegen.
Preisverfall geht weiter
Seit dem Sommer wurde Rohöl an den Weltmärkten um mehr als 30 Prozent billiger. Hintergrund sind ein wachsendes Angebot und zugleich eine schwächelnde Nachfrage. Nach dem Bekanntwerden des Beschlusses sank der Preis auf den tiefsten Stand seit vier Jahren. Aktuell kostet ein Barrel (159 Liter) der richtungweisenden Sorte Brent aus der Nordsee dagegen lediglich etwa 73 Dollar (60 Euro). Die OPEC liefert derzeit etwa ein Drittel des weltweiten Erdöls. Die Organisation besitzt rund drei Viertel der Reserven. „Wir haben keinen Zielpreis“, erklärte El-Badri.
US-Schieferöl als Preisdrücker
Der derzeitige Förderziel besteht seit Dezember 2011, es wird aber seit längerem deutlich überschritten. Die konjunkturbedingt schwache Ölnachfrage und der derzeitige Schieferölboom in den USA hatten zuletzt ein Überangebot auf dem Ölmarkt und damit sinkende Preise ausgelöst. Zugleich lahmt die Weltkonjunktur. Doch auch für die USA könnte der sinkende Ölpreis über kurz oder lang zum Problem werden, denn die Schieferölproduktion ist kostspielig.
Nach Ansicht von Analysten sieht Saudi-Arabien bereits mit einer gewissen Zufriedenheit, wie auch die Fracking-Industrie in den USA unter dem niedrigen Ölpreis ächzt. Laut dem saudischen Analysten Abdelwahab Abu-Dahesch ist Saudi-Arabien stark genug, um den niedrigen Ölpreis „zwei bis drei Jahre“ lang durchzustehen. Ein bewusstes Kalkül hinter der aktuellen Entscheidung der OPEC verortete auch Ölmarktanalyst Johannes Begigni. Die OPEC habe ihre seit Jahren gepflogenen Usancen verlassen, sagte er in der ZIB2. „Man muss davon ausgehen, dass es hier andere, übergelagerte Interessen gibt“, so Begigni.
Russland unter Druck
Ein mögliches Ziel der von Saudi-Arabien vorangetriebenen Ölpreispolitik der OPEC könnte Russland sein. Bereits jetzt ist das Land durch den niedrigen Ölpreis und den schwachen Rubel unter Druck. Das Festhalten der OPEC an der bisherigen Fördermenge ließ die russische Währung nun weiter fallen. Nur kurz nach Bekanntwerden der Entscheidung verlor der Rubel am Donnerstag gegenüber dem Euro 2,1 Prozent und gegenüber dem US-Dollar 2,4 Prozent. Für einen Euro müssen damit knapp mehr als 60 Rubel gezahlt werden, das ist nahe dem Rekordhoch von Anfang November. In Moskau ist bereits von einem Komplott die Rede.
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