Themenüberblick

Neuer Funkstandard für zu Hause?

Von Waschmaschinen über Autos und Alarmanlagen bis zu Blumentöpfen - mittels Vernetzung werden aus alltäglichen Gegenständen intelligente Objekte. Bis 2020 soll es 50 Milliarden dieser Smart Objects weltweit geben, wie der Netzwerkausrüster Cisco schätzt. Herausforderung dabei ist die Bereitstellung einer verlässlichen, schnellen und flächendeckenden Infrastruktur.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Weltweit tüfteln Forscher daher an immer neuen Möglichkeiten zur Vernetzung von Geräten für den Datenaustausch. Dabei greifen sie auch auf bereits bekannte Methoden - wie die optische Datenübertragung (Visible Light Communications, VLC), bekannt etwa von Infrarotfernbedienungen - zurück.

LiFi

Die Bezeichnung LiFi (Light Fidelity) stammt von dem deutschen Forscher Harald Haas von der Universität Edinburgh in Großbritannien, der diese erstmals 2011 bei der kalifornischen TED-Konferenz (Technology, Entertainment, Design) in Anlehnung an WiFi (im Englischen gebräuchlicher Begriff für ein WLAN-Netzwerk) einführte.

Die Wissenschaftler setzen dabei auf Lichtemittierende Dioden (LED). Diese haben den Vorteil, dass sie bereits weit verbreitet sind. Von Schreibtischlampen, Autoscheinwerfern bis Straßenlaternen, jedes LED-Leuchtmittel kann prinzipiell als Netzwerkknotenpunkt genutzt werden. „Alle Komponenten existieren bereits, sie müssen nur richtig zusammengesetzt werden“, so Experte Harald Haas von der Universität Edinburgh im Gespräch mit dem Fachmagazin „IEEE Spectrum“. Das Potenzial des Lichts werde bisher noch nicht ausgeschöpft.

Daten mittels Flackern übertragen

Die sogenannten LiFi-Netze (Light Fidelity) haben demnach die Fähigkeit, Daten extrem schnell zu übermitteln. Das Prinzip ist simpel: Durch schnelles Pulsieren können über das Licht ähnlich wie beim Morsen Informationen gesendet und empfangen werden. Das Flackern erfolgt dabei im Hochfrequenzbereich und wird vom Menschen nicht wahrgenommen.

Damit könnte etwa künftig das Wohnzimmer über eine handelsübliche LED-Deckenlampe mit Internet versorgt werden. Derzeit werden von den Forschern des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik (Heinrich-Hertz-Institut, HHI) Übertragungsgeschwindigkeiten von 800 Megabit pro Sekunde auf kurze Distanzen von bis zu fünf Metern erreicht. In weiterer Folge sollen Geschwindigkeiten im Bereich mehrerer Gigabit möglich sein.

Zwei Personen lassen sich Daten über LED-Leuchten auf ihre Tablets übertragen

Fraunhofer HHI

Internet aus der Deckenlampe

T-Shirts mit versteckter Botschaft

Nach Vorstellung von Fujitsu Laboratories könnten Museen mit LiFi-Netzwerken Zusatzinfos zu Gemälden über das Licht der anstrahlenden Scheinwerfer anbieten. Der Kunstinteressierte richtet dafür seine Smartphone-Kamera auf das Licht und bekommt sogleich via eigener App auf dem Display detaillierte Informationen angezeigt. Geschäfte könnten des weiteren etwa ihre Schaufensterbeleuchtung künftig via LiFi vernetzen.

Potenzielle Kunden, die beim sonntäglichen Schaufensterbummel Gefallen an einem Kleidungsstück gefunden haben, können ihre Handykamera dann irgendwo auf den beleuchteten Bereich der Puppe richten und das Produkt dann direkt im Onlineshop kaufen. Auch T-Shirts oder Schuhe mit LED-Effekten könnten so Botschaften wie etwa „Single auf der Suche“ übermitteln, die nicht auf den ersten Blick sichtbar sind, sondern sich erst auf Anfrage zeigen.

Die Leuchtdiode

Rote und grüne Leuchtdioden gibt es seit Anfang der 60er Jahre, die blauen, die zur Erzeugung von weißem Licht nötig sind, existieren seit 1995. Wurden sie vorerst nur als Anzeigeelemente in elektrischen Geräten, etwa als Stand-by-Lämpchen eines Computers, verwendet, wurde die Lichtausbeute der LEDs längst derart gesteigert, dass der Einsatz als besonders energieeffizientes Leuchtmittel möglich ist.

Fraunhofer setzt auf Infrarot-Neuauflage

Das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) in Dresden hat unterdessen Infrarotkommunikationsmodule entwickelt, die Daten mit einer Geschwindigkeit von bis zu einem Gigabit pro Sekunde drahtlos über bis zu zehn Meter Entfernung übertragen können. Hinzu kommen eine Latenzzeit im Mikrosekundenbereich, extrem niedrige Bitfehlerraten und ein geringer Energieverbrauch. Die Fraunhofer-Forscher haben dabei vor allem Anwendungen im Industriebereich vor Augen. Denn gerade in über das Internet gesteuerten Produktionsprozessen ist eine schnelle Reaktion quasi in Echtzeit unverzichtbar. Wird etwa ein Notstopp an einer Maschine ausgelöst, muss dieser sofort und nicht erst nach einigen Sekunden Verzögerung umgesetzt werden.

Datenübertragung nur auf Sicht

Doch LiFi funktioniert grundsätzlich nur, wenn eine Sichtverbindung besteht. Wände werden nicht durchdrungen. Das mag für manche Anwendungen von Nachteil sein, in einigen Bereichen wie in Flugzeugen und Krankenhäusern stellt laut den Forschern aber genau diese einfache Abschirmung einen Sicherheitsvorteil dar.

Auch werden keine Störsignale verursacht, die andere sensible Systeme beeinflussen könnten. Derzeit arbeiten die Forscher daran, durch Reflexion des Lichtstrahls die Reichweite zu verlängern, allerdings mit Einbußen bei der Übertragungsgeschwindigkeit.

Erstes Smartphone mit LiFi

Auch im Privatbereich soll die LiFi-Technologie als Konkurrenz zu kabelgebundenen Schnittstellen wie Ethernet und USB oder kabellosen Funktechnologien wie WLAN, NFC und Bluetooth, etabliert werden. Das von der EU geförderte Forschungsprojekt Advanced Convergent and Easily Manageable Innovative Networks Design (ACEMIND) erforscht die Einsatzmöglichkeiten von LiFi im intelligenten Zuhause.

Das französische Start-up Oledcomm hat etwa auf der diesjährigen Unterhaltungselektronikmesse Consumer Electronics Show in Las Vegas erstmals ein Smartphone gezeigt, das LiFi-Signale empfangen kann. Auch ein Nachrüsten der Funktion bei herkömmlichen Smartphones mittels LiFi-Stick soll möglich sein.

LED als Kleincomputer

Experten schätzen das Potenzial von LiFi trotz aller Einschränkungen hoch ein und sind überzeugt, dass optisches WLAN in wenigen Jahren zum technischen Mainstream gehören wird. Nicht als Ersatz, aber als kostengünstige Ergänzung zu heutigen Technologien.

In ferner Zukunft werde die LED zudem nicht mehr nur reines Leuchtmittel sein, ist LiFi-Pionier Haas überzeugt: „In 25 Jahren wird jede LED-Lampe im Haus die Rechenpower eines aktuellen Smartphones haben“, so Haas gegenüber „IEEE Spectrum“. „Die Nutzung als Beleuchtung wird nur noch eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten sein.“

Beate Macura, ORF.at

Links: