Konstrukt aus Lügen und Mittelsmännern
Im Jahr 2013 ist das Ehepaar Andreas und Heidrun Anschlag zu sechs und fünfeinhalb Jahren Haft sowie zu einer gemeinsamen Geldstrafe in der Höhe von 500.000 Euro verurteilt worden. Grund: Ein deutsches Gericht sah es als erwiesen an, dass die beiden in den 90ern in Deutschland für Russland spioniert hatten. Bis heute sind sie im Besitz österreichischer Pässe, ein Entzug wird geprüft.
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Die Pässe erlangten die Spione des Auslandsnachrichtendienstes SWR auf bemerkenswerte Weise: So hatten sich die beiden stets als Kinder von nach Südamerika emigrierten Österreichern ausgegeben, Ermittlungsbehörden wie Nachrichtendienste in Deutschland und Österreich gehen davon aus, dass es sich bei ihnen in Wirklichkeit um gebürtige Russen handelt - eine Prüfung (das „Feststellungsverfahren“, seit Anfang 2013 bei der Wiener MA35 anhängig) seitens der österreichischen Behörden ist noch im Gange.
Fragwürdige Anträge, sowjetische Agenten
Auch nach ihrer Verurteilung durch ein deutsches Gericht, das die Ansicht, wonach die beiden Russen seien, vollinhaltlich bestätigte, gelten die Eheleute und auch ihre mittlerweile volljährige Tochter weiterhin als österreichische Staatsbürger - das bestätigte der APA eine Quelle aus informierten Kreisen. Wie auch immer das Verfahren ausgeht: Dass das Ehepaar auf eigenartige Weise in den Besitz österreichischer Dokumente gekommen ist, steht außer Zweifel.
Auf Basis fragwürdiger Anträge hatten Gemeindeamtsleiter im steirischen Wildalpen und im burgenländischen Hornstein 1984 und 1989 Staatsbürgerschaftsnachweise für sie ausgestellt. In beiden Fällen dürften jeweils sowjetische Agenten ihre Hände im Spiel gehabt haben: In Wildalpen wurde die Ausstellung des Staatsbürgerschaftsnachweises von einem ehemaligen SS-Obersturmführer und mutmaßlichen KGB-Spion initiiert, in Hornstein bemühte sich ein Mitarbeiter der sowjetischen Botschaft um das Dokument für Heidrun Anschlag.
Von Überläufer verraten?
Bekannt wurden diese Fälle jedoch erst mehr als zwei Jahrzehnte später: Laut Insidern in Deutschland dürften die falschen österreichischen Identitäten der beiden Agenten von einem russischen Überläufer in den USA verraten worden sein. Im Gerichtsurteil ist die Rede vom Hinweis eines „befreundeten Nachrichtendienstes“, der zu Ermittlungen des österreichischen Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung geführt habe.
Nach Erhebungen in der Steiermark und im Burgenland hatten österreichische Verfassungsschützer schließlich im Sommer 2011 ihre deutschen Kollegen informiert. Wenige Wochen später wurden die Eheleute in Deutschland verhaftet. Nach Verbüßung der halben Haftzeit und der Bezahlung der Geldstrafe hatten die zuständigen Behörden dieser Tage von einer weiteren Vollstreckung der Haft bei Heidrun Anschlag abgesehen und sie nach Russland abgeschoben. Ihr Gatte Andreas wird die Freiheitsstrafe weiterhin verbüßen müssen, heißt es.
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