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Harte Gegenattacke auf Kritiker

Der wegen der Steuerpolitik seines Heimatlandes unter Druck geratene luxemburgische EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich vor dem EU-Parlament erneut verteidigt. In der Debatte über einen Misstrauensantrag von EU-Skeptikern gegen die EU-Kommission unterstellte Juncker diesen Montagabend in Straßburg Scheinheiligkeit: „Sie müssen erkannt haben, dass ich kein Freund des Großkapitals bin.“

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Juncker sagte, der Misstrauensantrag sei zwar völlig im Einklang mit den parlamentarischen Regeln. Aber er wundere sich über dessen Bedeutung, weil er bereits alles zur „Lux Leaks“-Steueraffäre im EU-Parlament gesagt habe. Auch habe er den Eindruck, dass er als einzige Person befragt werde, obwohl der Misstrauensantrag sich gegen die gesamte EU-Kommission richte: „Wenn Sie wollen, dass ich gehe, dann sagen Sie das, und ich werde gehen“, sagte Juncker in Richtung der Autoren des Antrags von der rechtspopulistischen EU-Fraktion EFDD, die unter der Führung der britischen UKIP steht.

„Es ist eine europäische Frage“

Er habe sich schon in Brüssel freiwillig dem EU-Parlament gestellt und dabei zu der Causa alle „notwendigen Erklärungen abgegeben“, so Juncker. Offenbar könne man aber „parlamentarische Debatten als Vervielfältigung und Wiederholung derselben“ verstehen. Dem Misstrauensantrag haben sich einzelne fraktionslose Abgeordnete angeschlossen, insgesamt wurde er von 76 Parlamentariern eingebracht. Eine Mehrheit ist bei der für Donnerstag vorgesehenen namentlichen Abstimmung nicht in Sicht.

Juncker sagte, es gelte nach wie vor das, was er gegenüber dem Europaparlament am 13. November erklärt habe. Unterschiedliche nationale Bestimmungen hätten zu einer „Unterbesteuerung“ von europäischen und anderen Unternehmen geführt. „Das Problem ist nicht insbesondere Luxemburg. Es ist eine europäische Frage.“ Der EU-Kommissionspräsident bekräftigte, dass er für eine gemeinsame Steuergrundlage für Unternehmen, für die Finanztransaktionssteuer sei, doch brauche es dazu auch die Unterstützung der EU-Staaten.

Kommissionschef hat „Pathos“ satt

Beim jüngsten G-20-Gipfel in Brisbane habe er selbst für seinen Vorschlag für einen automatischen Austausch von Steuerentscheidungen der Behörden („Tax Rulings“) geworben, betonte Juncker. Auch verwies er auf Initiativen mit dem derzeitigen italienischen Ratsvorsitz, um das Thema des EU-internen Steuerwettbewerbs auf die europäische Agenda zu heben. Diesen werde es auf die eine oder andere Art immer geben, solange die EU-Mitglieder nicht selbst geschlossen Maßnahmen zur Vereinheitlichung ergreifen würden, stellte Juncker in den Raum.

Wolle man statt innereuropäischen Steuerdumpings einheitliche Regeln, solle man die Kommissare in Ruhe arbeiten lassen und ihnen „das Werkzeug dazu“ in die Hand geben, so Juncker auch am Ende der Debatte, bei der er fließend zwischen französischen und deutschen Antworten wechselte. Statt „pathetische Appelle“ auf EU-Ebene zu äußern, sollten die Abgeordneten sich in ihren Heimatländern, Parteien und nationalen Parlamenten für das Stopfen von Steuerschlupflöchern im eigenen Land starkmachen. Auch er selbst wünsche sich ein „Ende der Beleidigungen“, damit er seinen Job machen könne.

Große Fraktionen stellen sich hinter Juncker

Die großen Fraktionen stärkten Juncker den Rücken: Für die Europäische Volkspartei (EVP) machte deren Fraktionschef Manfred Weber am Montagabend in der Debatte in Straßburg klar, dass seine Gruppe den Antrag ablehnen werde. Der Chef der Sozialdemokraten Gianni Pitella, sagte der Antrag sei „surreal“ und enthalte lediglich eine Liste von Beleidigungen. Auch Liberalen-Chef Guy Verhofstadt sprach von einem „politischen Spiel“ mit „pervertierter Logik“ und einem „dummen Antrag“, wenn das EU-Parlament schon vor einer Untersuchung über die Steueraffäre entscheiden sollte.

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