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Investitionsoffensive ohne frisches Geld?

Die EU-Kommission wird am Dienstag in Straßburg über ihr Investitionspaket von 300 Milliarden Euro beraten. Präsident Jean-Claude Juncker wolle das Paket dann am Mittwoch offiziell im Europaparlament vorstellen, sagte eine Kommissionssprecherin am Montag in Brüssel. Die Initiative soll die EU aus der Wachstumskrise bringen und dringend benötigte Jobs schaffen.

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Was von manchem Kritiker bisher als Luftschloss abgetan wird, soll sich nach Junckers Vorstellungen letztlich als Jobfabrik erweisen. Bereits am Wochenende war in EU-Kreisen bekanntgeworden, dass auch ein neuer Garantiefonds bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) mit einem Umfang von rund 20 Milliarden Euro eingerichtet werden soll. Der Topf soll dazu dienen, risikoreiche Kredite abzusichern. Auch mit dieser Finanzgarantie will die EU gegen die Wachstumsflaute in Europa vorgehen.

„Generation arbeitslos“ als EU-Problem

„Diese Kommission wird die der letzten Chance sein“, hatte Juncker vor seinem Amtsantritt am 1. November gesagt. „Entweder gelingt es uns, näher an die Bürger Europas zu kommen, die Arbeitslosigkeit zu verringern und den jungen Menschen in Europa eine Perspektive zu geben - oder wir scheitern.“ Tatsächlich birgt die chronische Wachstumskrise vor allem im Süden Europas - und der Unterschied zur guten bis zumindest kontrollierten Lage auf dem Arbeitsmarkt in Mittel- und Nordeuropa - enormen sozialen Sprengstoff.

Die Lage in Ländern wie Griechenland und Spanien ist mit Arbeitslosenquoten von um die 25 Prozent weiterhin katastrophal. Am stärksten leiden junge Menschen unter 25 Jahren: Fünf Millionen von ihnen sind europaweit ohne Job und Perspektive. „Europa braucht Investitionen wie ein vertrocknetes Land Wasser“, sagte zuletzt der deutsche EU-Sozialdemokrat Udo Bullmann. In vielen Ländern wachse „eine Generation heran, die mehr Menschen in Arbeitslosigkeit als in Lohn und Brot kennt.“

Doch nur Garantien statt Investitionen?

Die Investitionspläne haben schon im Vorfeld die Debatte über die Richtung der europäischen Wirtschaftspolitik neu entfacht. Italien und Frankreich auf der einen Seite fordern Spielraum für Investitionen. Deutschland auf der anderen Seite warnt davor, zugunsten von schuldenfinanzierten Ausgaben die Sparpolitik aufzuweichen. Nun soll das Milliardenpaket, das in den kommenden drei bis fünf Jahren Projekte in den Bereichen Infrastruktur, Forschung und Entwicklung fördern soll, offenbar ohne frisches Geld auf die Beine gestellt werden.

Geplant ist nun allem Anschein nach ein Fonds, der von der EIB verwaltet wird. Ein Teil der Einlagen in den Fonds soll durch Umschichtungen aus dem EU-Haushalt kommen. Genannt wurde dabei ein Betrag von 21 Milliarden Euro. Die Zahl sei aber „ein Versuchsballon, um die Reaktionen darauf zu sehen“, sagte ein EU-Diplomat. Laut „Süddeutscher Zeitung“ (Wochenendausgabe) will die Kommission weitere 50 Milliarden Euro von privaten Geldgebern als Grundeinlage für den Fonds mobilisieren.

EU will „Risikofreudigkeit“ fördern

Mit dann insgesamt 70 Milliarden Euro im Fonds könnte ein Vielfaches an Krediten vergeben werden. Neu sind solche „Hebelungen“ nicht. Schon 2012 verabschiedete die EU ein 120 Milliarden schweres Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft. Damals wurde das Kapital der EIB um zehn Milliarden Euro erhöht. Ziel war es, bis 2015 Kredite von 60 Milliarden Euro auszugeben. Doch die Wirkung des Programms blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Heute liegen die Zinsen noch niedriger als damals, und Investitionen des Privatsektors bleiben trotzdem aus.

Die Frage ist deshalb nicht nur, ob Juncker die Finanzierung seiner Pläne hinbekommt, sondern auch, ob es überhaupt möglich ist, die privaten Investoren aus der Reserve zu locken. Juncker plant deshalb offenbar, den Investoren zumindest einen Teil ihres Risikos abzunehmen - auch wenn jedes Projekt vorab gründlich auf Tauglichkeit geprüft werden soll. Es gehe darum, „Risiken für die gefährlichsten Projekte zu übernehmen“, sagte ein EU-Vertreter. Scheitert das Vorhaben, ginge der Verlust zulasten der öffentlichen Hand.

Freitag auch „Tag der Wahrheit“ für nationale Budgets

Die EU-Kommission legt am Freitag außerdem die Bewertung der nationalen Budgetpläne für 2015 vor. Am gleichen Tag präsentieren EU-Vizepräsident Valdis Dombrovskis, EU-Finanz- und Währungskommissar Pierre Moscovici und EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen auch den Wachstumsbericht für das kommende Jahr, teilte die Brüsseler Behörde am Montag mit. Am Freitag werden auch im Rahmen der Budgetbewertungen der Nationalstaaten Frühwarnmechanismen vorgelegt.

Ob sich etwa Frankreich wegen seiner Budgetprobleme einem Defizitverfahren gegenübersehen könnte, ließ die Kommission davor offen. Es werde noch über alle Fragen diskutiert, bevor man vor dem Wochenende eine Einschätzung präsentieren werde. Im Vorfeld hatte die EU-Kommission Österreich, Frankreich, Italien, Slowenien und Malta zu Präzisierungen ihrer Pläne für 2015 aufgefordert. Bei Österreich war kritisiert worden, dass das strukturelle Nulldefizit um 0,55 Prozent verfehlt würde. Österreich hatte in der Folge die Einhaltung des strukturellen Nulldefizits 2016 zugesagt.

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