Neue Verlängerung bis Ende Juni
Die Atomgespräche zwischen dem Iran und den fünf UNO-Vetomächten USA, Großbritannien, Frankreich, China und Russland sowie Deutschland (5+1-Gruppe) im Wiener Palais Coburg sind Ende November erneut ohne Ergebnis beendet worden.
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Die Gespräche würden daher erneut verlängert, sagte der britische Außenminister Philip Hammond. Die Details sollen bis 1. Juli geklärt werden. Auch iranische Delegationskreise um den iranischen Chefverhandler Mohammed Dschawad Sarif bestätigten Ende Juni als neue Frist. Wegen der Verlängerung bleibt das Übergangsabkommen, das voriges Jahr in Genf geschlossen wurde, in Kraft.
Iran bekommt monatlich 700 Mio. Dollar
Trotz intensiver Verhandlungen gelang es der Gruppe der fünf UNO-Vetomächte und Deutschlands erneut nicht, mit dem Iran ein dauerhaftes Abkommen zum iranischen Atomprogramm zu schließen. Der Iran werde monatlich 700 Millionen Dollar (rund 560 Mio. Euro) aus seinen eingefrorenen Guthaben zur Verfügung gestellt bekommen, ergänzte Hammond. Nach Angaben eines westlichen Diplomaten soll nun bis zum 1. März 2015 ein politisches Abkommen ausgehandelt werden. Der dazugehörige Anhang mit sämtlichen Detailregeln soll demnach voraussichtlich bis zum 1. Juli 2015 stehen.

Reuters/Joe Klamar
Die Gespräche zwischen den Außenministern fanden teils in einem informellen Rahmen statt
Die 5+1-Außenminister waren in Wien mit Sarif zusammengekommen. Angesichts der Blockade bei den vorbereitenden Gesprächen war bereits kurz vor Ablauf der Frist am 24. November über eine Verlängerung für ein endgültiges Abkommen diskutiert worden. Die beiden größten Streitpunkte waren die Urananreicherung und die westlichen Sanktionen gegen Teheran
Treffen der Verhandlungsteams im Dezember
Ein westlicher Diplomat sagte nach Verhandlungsende, es seien weitere Expertengespräche sowie ein neues Treffen der Verhandlungsteams im Dezember an einem noch festzulegenden Ort geplant. Die Verhandlungen basieren auf dem Genfer Interimsabkommen vom 24. November 2013 und sollten ursprünglich bereits am 20. Juli 2014 zum Abschluss geführt werden. Angesichts bleibender Differenzen einigten sich beide Seiten damals aber, die Gespräche um vier Monate bis zum 24. November zu verlängern.
Das nun weiter geltende Interimsabkommen sieht im Gegenzug für eine Lockerung der Handels- und Finanzsanktionen das Einfrieren des iranischen Atomprogramms und verschärfte Kontrollen vor. Ein dauerhaftes Abkommen soll dem Iran die friedliche Nutzung der Atomtechnologie erlauben, zugleich aber verhindern, dass er in kurzer Zeit Atomwaffen entwickelt. Im Gegenzug für Zugeständnisse Teherans sollen die Sanktionen aufgehoben werden, die im Iran eine Wirtschaftskrise ausgelöst haben.
Lawrow und Kerry loben Fortschritte
Nach Angaben des russischen Außenministers Sergej Lawrow wurden mit dem Iran „substanzielle Fortschritte“ erzielt. Allerdings sei es nicht möglich gewesen, bis zum Ablauf der Frist am 24. November eine Einigung über ein endgültiges Abkommen zu erzielen, sagte Lawrow in Wien gegenüber dem russischen Fernsehen. Er erwarte, dass sich der Iran und die 5+1-Gruppe in drei oder vier Monaten auf „grundlegende Prinzipien“ eines endgültigen Abkommens verständigen könnten, sagte der russische Außenminister.
Auch US-Außenminister John Kerry erklärte, die Gespräche hätten „wirkliche und entscheidende Fortschritte“ gebracht, bei denen auch „neue Ideen“ zutage getreten seien. Es gebe umgekehrt „noch immer bedeutende Differenzen“, und es sei auch klar, dass man „nicht ewig“ mit dem Iran verhandeln könne. Nun sei jedoch „nicht der Zeitpunkt gewesen, um aufzustehen und zu gehen“. Im Dezember würden die Verhandlungen fortgesetzt und durch die Verlängerung „nicht leichter werden, sie werden hart bleiben“, so Kerry.
Rouhani beruhigt Bevölkerung in TV-Ansprache
Auch der iransche Präsident Hassan Rouhani wies auf die ausverhandelten Fortschritte hin: Viele Lücken seien geschlossen worden, die Positionen hätten sich angenähert, sagte Rouhani bei einer Ansprache im iranischen Staatsfernsehen. „Die Zukunft ist hell. Ein endgültiger Durchbruch bei den Verhandlungen wird gemeinsam mit der iranischen Bevölkerung erzielt werden. Die Vorgangsweise des Irans war und ist der Weg der Verhandlungen und der Diplomatie.“
Und deswegen würden die Atomverhandlungen bis zu einem endgültigen Deal ernsthaft und gewissenhaft fortgeführt, ergänzte der Präsident. Hinsichtlich der umstrittenen Urananreicherungszentrifugen sagte Rouhani, dass diese niemals gänzlich gestoppt würden. Weiters versprach der als moderat geltende Kleriker, dass das Alltagsleben der Iraner in naher Zukunft besser werde - durch ein Ende der Sanktionen.
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier bedauerte zuvor in Wien, dass trotz des großen „Momentums“ bei den Verhandlungen mit dem Iran und „einiger neuer Ideen“ keine Einigung erzielt werden konnte. Die Gespräche sollen nun höchstens "einige Monate“ fortgesetzt werden, so Steinmeier.
Elefantenrunde brachte kein Ergebnis
Nachdem auch der Außenminister Chinas, Wang Yi, und Lawrow in Wien eingetroffen waren, versammelten sich am letzten Verhandlungstag sämtliche Außenminister der 5+1-Gruppe mit ihrem iranischen Kollegen Sarif zur Elefantenrunde. In den letzten Tagen hatten beide Seiten ihren Willen zur Einigung hervorgehoben, aber zugleich von der jeweils anderen Seite mehr Zugeständnisse gefordert, um einen Kompromiss zu erreichen.
US-Präsident Barack Obama sagte zuvor in einem ABC-Interview, ein Abkommen könnte einen Prozess in Gang setzen, durch den „sich nicht nur die Beziehung zwischen dem Iran und uns zu verändern beginnt, sondern auch die Beziehung zwischen dem Iran und der Welt und der Region“. Insbesondere könnte ein Abkommen eine regionale Kooperation gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) im Irak und Syrien ermöglichen.
Israel: „Keine Einigung besser als schlechte“
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu begrüßte, dass zum jetzigen Verhandlungsstand kein internationales Abkommen über das iranische Atomprogramm vereinbart wurde. „Keine Einigung ist besser als eine schlechte. Das Abkommen, auf das der Iran drängte, war fürchterlich“, sagte Netanjahu in einem in Jerusalem geführten Interview mit dem britischen Sender BBC. „Ich hoffe, dass der Druck aufrechterhalten wird“, so der israelische Regierungschef weiter.
Die Verlängerung biete die Gelegenheit, „den wirtschaftlichen Druck zu erhöhen, der sich als einziges wirksames Mittel erwiesen hat, den Iran an den Verhandlungstisch zu bringen“. Israel werde „die weitere Entwicklung sehr aufmerksam verfolgen und behält sich das Recht vor, sich jederzeit selbst zu verteidigen“, fügte Netanjahu hinzu.
Zentrifugen und Sanktionen
Der Westen geht in dem seit mehr als einem Jahrzehnt schwelenden Atomstreit davon aus, dass der Iran an einer Atombombe arbeitet. Einer der Knackpunkte ist die Zahl der Zentrifugen, die der Iran in Zukunft betreiben darf. Derzeit sind 19.000 installiert und 10.000 in Betrieb. Die USA fordern eine Reduktion auf 4.500 Zentrifugen. Damit soll der Zeitraum verlängert werden, der zur Anreicherung von genügend spaltbarem Material zum Bau einer Atombombe erforderlich ist.
Der Iran fordert im Gegenzug eine rasche Aufhebung der internationalen Sanktionen. Der Westen beharrt hingegen auf einer Aussetzung und schrittweise umgesetzten Aufhebung, um weiterhin ein Druckmittel gegen Teheran in der Hand zu haben. Schließlich ist umstritten, welche Laufzeit der Deal haben soll. Der Westen fordert bis zu 20 Jahre, der Iran will das Abkommen auf einige wenige Jahre befristen.
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