Themenüberblick

Zwangsheirat und Kinderarbeit

Das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF hat vergangene Woche einen stärkeren Einsatz für Kinder weltweit gefordert. Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft müssten „mehr tun, um die Rechte eines jeden Kindes auf Überleben, Entwicklung, Schutz und Beteiligung auch für benachteiligte Kinder zu garantieren“.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Anlass war die Vorstellung des UNICEF-Berichts 2014 zur weltweiten Lage der Kinderrechte. Schwere Kinderrechtsverletzungen wie Kinderarbeit, sexuelle Ausbeutung und Diskriminierung dürften nicht hingenommen werden. „Das Wohlergehen von Kindern muss endlich zum Maßstab für sozialen Fortschritt und die Zukunftsfähigkeit eines Landes gemacht werden“, forderte UNICEF. Mit der Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention hätten sich dazu praktisch alle Staaten verpflichtet.

Nur wenige Länder verbieten Gewalt an Kindern

Zwar ging laut UNICEF die Zahl der Kinder, die an vermeidbaren Krankheiten sterben, von 12,6 Millionen im Jahr 1989 auf zuletzt 6,6 Millionen zurück. Doch werde bis heute ein Fünftel aller Kinder nicht durch Gesundheitsprogramme erreicht. Kindersterblichkeit sei dort am größten, wo Armut oder Konflikte herrschten. Das UNO-Kinderhilfswerk kritisierte zudem, dass nur fünf Prozent der Kinder in Ländern leben, in denen Gewalt gegen Minderjährige verboten ist.

Als weitere Bereiche, in denen Kindern ihre Rechte vorenthalten werden, nannte UNICEF Zwangsheiraten und Kinderarbeit. Mehr als 30 Prozent der Mädchen unter 18 Jahren seien von frühen und erzwungenen Eheschließungen betroffen - jedes Jahr seien es 13,5 Millionen Mädchen, einige seien noch nicht einmal sieben Jahre alt.

168 Millionen Buben und Mädchen arbeiteten darüber hinaus unter ausbeuterischen Bedingungen - fast die Hälfte von ihnen sei im Volksschulalter. Der Anteil der Minderjährigen, die Opfer von Menschenhandel würden, ist laut UNICEF von 2007 bis 2010 um 27 Prozent gestiegen.

Hohes Risiko auch in geschützten Räumen

Die UNO-Sonderbeauftragte zu Gewalt gegen Kinder, Marta Santos Pais, würdigte auch Fortschritte im Bereich Kinderschutz. Diese gingen jedoch zu langsam voran, kritisierte sie. „Das Risiko von Gewalt ist weiter hoch, auch und gerade dort, wo Kinder eigentlich am sichersten aufgehoben sein sollten - in der Schule, zu Hause, in Heimen oder in Jugendstrafanstalten.“ Laut UNICEF zeigen 300 Millionen Kinder unter fünf Jahren ein problematisches Beziehungsverhalten und Aggressivität, weil sie in ihrem Umfeld Gewalt ausgesetzt sind.

Dem Bericht zufolge ereignen sich 90 Prozent der gewaltsamen Todesfälle von Kindern und Jugendlichen in nicht kriegerischen Situationen. Unter den Mordopfern seien besonders häufig Buben, etwa durch Kontakte zu Drogendealern oder Banden und durch Beteiligung an gewalttätigen Aktionen. Die UNO-Sonderbeauftragte forderte, den Schutz von Kindern vor Gewalt als zentralen Bestandteil der internationalen Entwicklungsagenda nach 2015 aufzunehmen.

„Kinderrechte sind Menschenrechte“

„Kinderrechte sind Menschenrechte, und ihre Verwirklichung für alle Kinder muss oberste Priorität haben“, sagte Gudrun Berger, UNICEF-Geschäftsführerin in Österreich. Ein Vierteljahrhundert nach der Verabschiedung müssten der Geschäftsführerin zufolge Politik, Wirtschaft und Gesellschaft „deutlich mehr tun, um das Recht auf Überleben, Entwicklung, Schutz und Beteiligung für jedes Kind zu verwirklichen“. Auch das Engagement der Zivilgesellschaft sei entscheidend, um den Kinderrechten „politisches Gewicht zu geben und sie mit Leben zu füllen“.

Das politische Bekenntnis habe zwar weltweit Investitionen in die soziale und medizinische Grundversorgung, den Schutz und die Beteiligung von Kindern ausgelöst – doch profitiere längst nicht jedes Kind davon. „Soziale und medizinische Fortschritte kommen oft nicht bei den ärmsten Kindern, z. B. in Slums oder in ländlichen Regionen, an. Sie profitieren auch kaum vom Wirtschaftswachstum in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern“, so Berger.

„Es ist keine Frage von Mitleid oder karitativer Einstellung mehr, allen Kindern angemessene Lebensbedingungen zu garantieren. Es ist eine völkerrechtliche Verpflichtung“, unterstrich Berger. „Und in jedem Land der Erde muss Gewalt an Kindern ausdrücklich verboten werden.“ In Österreich sollten sämtliche Kinderrechte explizit in der Verfassung verankert werden.

Links: